Als HR Giger noch ein Geheimtipp war
HR Giger ist tot. In St.Gallen hatte er einst mit einer Ausstellung für Diskussionen gesorgt. Dass er einmal Bestandteil der modernen Massenkultur werden würde, ahnte 1968 in St. Gallen noch niemand. Der Schöpfer des «Alien» und Oscar-Preisträger starb am Montag in Zürich an Sturzverletzungen. Er wurde 74 Jahre alt.
Als er 1968 in St.Gallen ausstellte, war er noch der Hansruedi und nicht «HR». Freunde nannten ihn Schisché. Und er kam mit einem Koffer aus Chur. Darauf hatte er einen Plastikembryo aufgeklebt. Die Vernissage in der Galerie vor der Klostermauer geriet zur Perfomance avant la lettre. Teilnehmer erinnern sich, dass der Künstler einen Film mitgebracht hatte. Er ließ ihn an die gegenüberliegende Wand in der Zeughausgasse projizieren.
Es muss sich um den Streifen «Swissmade 2069» gehandelt haben. Ein Science Fiction-Elaborat, das Giger zusammen mit Fredi Murer gedreht hatte. Es geht um ausserirdische Beobachter und um einen gepanzerten Hund. Ziemlich schräg. Der 28jährige Zeichner war damals im Kunstbetrieb noch kein Begriff. Ausgebildet als Industriedesiger mit einem Job in der Möbelfirma Knoll International GmbH, hatte er erst in Untergrundblättern wie Hotcha! oder Agitation publiziert. Er war noch ein veritabler Geheimtipp.
Doch seine Alptraum-Zeichnungen erregten bald viel Aufmerksamkeit. Auch die Ausstellung in St.Gallen bot Gesprächsstoff. Das St.Galler Tagblatt sprach in seiner Kritik von einer «futurologischen Apokalypse», und die «Appenzeller Zeitung» fand, das sei «kein angenehmer Zimmerschmuck».
Gigers technikkritischer Surrealismus war damals erst in Ausbildung begriffen. 1973 aber wurde er durch ein Plattencover weltberühmt: Die britische Rockgruppe Emerson Lake and Palmer nutzte den Schocker mit der Spritzpistole aus Chur für ihre erste LP.
Von da an war Giger Bestandteil der modernen Massenkultur. Seine Dämonen hingen in WG-Zimmern und prangten auf T-Shirts. Der Erfolg in Hollywood brachte ihm nach einigem Prozessieren auch einen Geldsegen ein. Doch seine im katholischen Elternhaus erworbenen Dämonen wurde er nie los.
Autor: Ralph Hug/www.saiten.ch