Volkshochschule: „Die Gegenseite wirft mit Dreck“

Foto: Frank Jakobi

Seitdem die langgedienten vhs-Mitarbeiter Gabi und Reiner Schmid fristlos entlassen wurden, brodelt es im Umfeld der Volkshochschule. Kaum jemand kann verstehen, warum die von ihren Kollegen und der Bevölkerung hochgeschätzten vhs-Mitarbeiter plötzlich mit Anschuldigungen konfrontiert werden, die offenbar an den Haaren herbei gezogen sind. Haben sich die Verantwortlichen dieser Kampagne verrannt? seemoz hat bei Clemens Schwinkowski, dem Anwalt der Gekündigten, nachgefragt.

Herr Schwinkowski, gibt es denn Neues in dieser verworrenen Geschichte?

Auf eine detaillierte Begründung für die fristlosen Entlassungen warte ich immer noch. Die Gegenseite beantragt ständig Fristverlängerung bei Gericht, offenbar gibt es Schwierigkeiten mit der Begründung. Für den 12.Oktober ist ein außergerichtliches Treffen mit Landrat Hämmerle und anderen geplant. Das habe ich schon Anfang August vorgeschlagen, um eine frühzeitige Klärung herbei zu führen. Wir werden sehen, wie das ausgeht.

Was ist nun dran an den Vorwürfen gegen die Schmids? Wie schätzen Sie die Sache ein?

Mir zeigt sich, dass viele Vorwürfe gemacht werden, die sich bei näherer Prüfung in Rauch auflösen. Unter anderem hat man den Schmids vorgeworfen, sie hätten einen Spendenscheck in die eigene Tasche gesteckt. Das stimmt aber keinesfalls, denn der Scheck wurde ordentlich verbucht, die Prüfer haben später nur an der falschen Stelle nachgesehen. Wenn man den Schmids die Gelegenheit gegeben hätte sich zu äußern, hätten die das in wenigen Minuten auch klären können. Aber sie bekamen ja sofort Hausverbot. Auch andere Vorwürfe sind sehr vage und unpräzise. Nach meiner Prüfung sind die meisten Vorwürfe gar nicht den Schmids zu machen……

Wem dann?

….wenn diese Vorwürfe überhaupt Substanz haben, dann haben sich die vhs-Direktorin und der Vorstand damit zu beschäftigen. Zum Beispiel gab es über Monate mehrere krankheitsbedingte Engpässe und bei der eh schon dünnen Personaldecke ist in der Tat auch mal was schief gelaufen.. Den Schmids kann man das aber nicht anlasten. Die vhs Konstanz/Singen hat sehr wenig Geld, arbeitet aber äußerst effektiv und hat einen hervorragenden Ruf. Sie ist, soweit ich informiert bin, die vhs, die bundesweit betrachtet am wenigsten Zuschüsse braucht.

Bleiben wir bei den Verantwortlichen…

Natürlich ist juristisch gesehen der Vorstand um Landrat Frank Hämmerle verantwortlich, dazu die Direktion. Die haften dafür, wenn was nicht in Ordnung ist. Gewisse Strukturen haben die Schmids ja schon vorgefunden, als sie vor rund 20 Jahren hier angefangen haben. Jedenfalls kann die Gegenseite keine einzige Anweisung benennen, gegen die die Schmids verstossen haben sollen, nie hat ihnen jemand gesagt, dass sie irgendwas ändern sollten. Mein Fazit: Man versucht hier, einen Buhmann zu finden. Es gibt auch Mutmaßungen, dass die Mannschaft um den erfolgreichen Dr. Stetz, den Vorgänger von Frau Mühlstädt, „ausgewechselt“ werden soll. Die jetzige Direktorin verhält sich unverständlich. Seit Wochen versucht beispielsweise der vhs-Verbandsvorsitzende Huber, Frau Mühlstädt telefonisch zu erreichen, aber die reagiert nicht.

Es gab gleich drei fristlose Kündigungen hintereinander. Was ist davon zu halten?

Na ja, auch so ein Ding. Juristisch gesehen sind nach meiner Meinung die ersten zwei Kündigungen schon deshalb Makulatur, weil der vhs-Vereinsvorsitzende Landrat Hämmerle seit über drei Jahren gar nicht mehr im Amt ist. Denn laut Satzung hätte 2007 eine Neuwahl stattfinden müssen.

Die ja nun kürzlich nachgeholt wurde…

Wohl nachdem wir auf die entsprechende Regelung in der Satzung hingewiesen haben. Ich finde es schon bemerkenswert, wenn der Vereinsvorsitzende weder die Satzung noch seine Amtszeit kennt. Dann kam eben diese dritte Kündigung, die bisher trotz Verlangen überhaupt nicht begründet wurde. Wieder so eine nebulöse Angelegenheit. Die ersten Kündigungen sind möglicherweise Makulatur, weil es zu diesem Zeitpunkt keinen Vereinsvorsitzenden gegeben hat, der eine Kündigung hätte aussprechen dürfen. Kurz vor der dritten Kündigung hat man angeblich schnell eine Mitgliederversammlung einberufen. Das ist schon ein Unikum, dass die Mitglieder eines Vereins gleichzeitig der Vorstand sind, sich selber wählen und auch kontrollieren. Das finde ich, ist mit geltendem Vereinsrecht unvereinbar. Aber die dritte Kündigung ist auch deswegen rechtlich kaum haltbar, weil das Gesetz eine Ausschlussfrist von 14 Tagen vorsieht, wenn man fristlos kündigen will. Diese Frist war bei der letzten Kündigung längst abgelaufen. Die darin erhobenen Vorwürfe wurden Anfang August formuliert, die Kündigung kam deutlich außerhalb der Frist.

Die Frage bleibt: Was soll das ganze Theater nun bewirken?

Das ist mir auch nicht ganz klar. Auffallend ist: Die neue Direktorin kam im Juli an ihr Amt, nachdem sie zuvor die kommissarische Leitung inne hatte und kurz darauf mussten die Schmids gehen. Für mich ein völlig verantwortungsloser Schritt, denn die Schmids haben wesentlich zum Erfolg der vhs beigetragen. Gerade Gabi Schmid hat pro Semester über vierhundert Veranstaltungen organisiert und konnte in jeder Beziehung absolute Rekordwerte verzeichnen. Zur Zeit erfahren wir sehr viel Solidarität und Unterstützung aus dem Kreis der Dozenten, die bestätigen, dass sie die Schmids als sehr korrekt erlebt haben und mit wie viel Engagement sie bei der Sache waren.

Hätte man nicht früher gegensteuern können, um eine Eskalation zu vermeiden?

Das Vorgehen der Gegenseite schadet der vhs erheblich. Die fehlende Gesprächsbereitschaft der Gegenseite ist da auch nicht dienlich. Ich habe schon Ende Juli Hämmerle vorgeschlagen, da lag der Fall gerade auf meinem Tisch, einen sofortigen Gesprächstermin wegen einer außergerichtlichen Klärung anzuberaumen. Aber da´gingen rasch alle Schotten runter. Wenn wir jetzt, am 12.Oktober, also zweieinhalb Monate nach den Kündigungen, erstmals ein Gespräch führen, das auf zwei Stunden anberaumt ist, dann finde ich das seltsam, denn mittlerweile schlagen die Wellen ja hoch.

Sehen Sie denn eine Chance, diese vertrackte Situation noch halbwegs vernünftig zu beeenden?

Für mich ist klar: Ich hoffe das, aber wenn nichts dabei rauskommt, werden wir uns wohl erneut vor dem Arbeitsgericht treffen. Und wenn sich bis dahin nichts bewegt, gehe ich mit Details an die Öffentlichkeit, die belegen, wer für das Dilemma an der vhs tatsächlich verantwortlich ist. Denn ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren: Die Gegenseite wirft mit Dreck und hofft, dass irgendwas hängen bleibt.

Das Gespräch führte Holger Reile