Wie ein Arbeitskreis das Asylgesetz ändert
Ein Arbeitskreis der Linksjugend Baden-Württemberg ändert hier und da Asylgesetze und verhilft so Geflüchteten zu einem menschenwürdigeren Leben. Das hilft z.B. Asylbewerbern in Baden-Württemberg bei der Wohnungssuche.
So ändern sich die Gesetze eben nicht nur in Baden-Württemberg: Auch in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen macht sich der Arbeitskreis Asyl der baden-württembergischen Linksjugend[’solid] daran, die Bedingungen für Geflüchtete zu verbessern. Ungewohnt „staatsmännisch“ geht dieser Arbeitskreis für einen linken Jugendarbeitskreis vor. Statt auf Demonstrationen zu mobilisieren und sich mit dem wirren deutschen Versammlungsrecht herumzuschlagen, nimmt man sich hier die Gesetzeslage zu den Lebensumständen von AsylbewerberInnen gezielt zur Brust und versucht herauszufinden, inwiefern Abgeordnete oder Staatssekretäre Einfluss auf welche Gesetze oder die Auslegung dieser haben. Sobald man das weiß, wird mit ihnen verhandelt und es werden Landtags- oder Bundestagsfraktionen durchtelefoniert, um Unterstützung zu bekommen.
Eine Gesetzesänderung dauert etwa 800 Arbeitsstunden
Arne Ruppach (29, Streetworker), der diese Idee hatte: „Auf diese Weise haben wir in der letzten Legislaturperiode im Bundestag beispielsweise eine Veränderung des Organspendegesetzes erwirkt. So, dass ein paar Leute mehr zu lebensrettenden Organen kommen. Etwas ähnliches machen wir jetzt in dem Arbeitskreis Asyl der Linksjugend für Geflüchtete. Es dauert ungefähr 800 Arbeitsstunden, eine Veränderung zu erwirken.“ Wie das genau geht, darüber hat der Arbeitskreis eine Sammlung an Dokumenten, die er regelmäßig in Workshops vorstellt. Ein eigener Internetauftritt ist ebenfalls geplant.
Ausführlich und minutiös hat man aktuelle Gesetzeslagen nahezu aller Bundesländer zusammengetragen, beispielsweise wie die Quadratmeterzahl je Bundesland definiert ist, die pro AsylbewerberIn mindestens zur Verfügung stehen müssen. Für Linksjugend-Ortsgruppen, die mit Gesetzesänderungen nicht viel zu schaffen haben, stellt der Arbeitskreis ganze Reader zur Verfügung, wie kleinere, recht wirkungsvolle Aktionen umgesetzt werden können.
Mehr Wohnraum für Geflüchtete in NRW
„Momentan“, so berichtet Nathalie Schäfer (19, Studentin), Mitgründerin des Landesarbeitskreises, „arbeiten wir daran, dass es eine Veränderung des Flüchtlingsaufnahmegesetz in Nordrhein-Westfalen gibt, die für mindestens ein Fünftel aller AsylbewerberInnen in der Bundesrepublik mehr Wohnfläche bedeutet. Das wäre bislang in der Asylpolitik unser größter Fortschritt! In die Gespräche beziehen wir auch die Refugees selbst ein, sowie den Flüchtlingsrat NRW und die Politiker_innen, die das Gesetz in Baden-Württemberg vorangebracht haben. Nordrhein-Westfalen ist momentan unsere größte Baustelle.“
Erfolg in Baden-Württemberg
In Baden-Württemberg hatte die kleine ehrenamtlich arbeitende Gruppe bisher ihren durchschlagendsten Erfolg. „Hier konnten wir eine Reglung im Gesetz verankern, die es jedem Flüchtling erlaubt, nach zwei Jahren aus den Gemeinschaftsunterkünften auszuziehen und eine Wohnung anzumieten. Dies bedeutet für etwa 20 000 Flüchtlinge das Recht auf etwa den zwei bis dreifachen Wohnraum“, führt Marian Hellmund (23, Erzieher) aus, der bei allen Abgeordnetengesprächen dabei war und fleißig mitverhandelt hat.
Probleme sind da, um gelöst zu werden
Um effizient und intensiv zu arbeiten, benötigt der Arbeitskreis derzeit jedoch vor allem eines: Auslagenerstattungen für Fahrtkosten zu verschiedenen Treffen – also Geld. Das ist an und für sich für politische Arbeit nicht verwunderlich. Nur in der Fülle, in der Fahrten für die zumeist SchülerInnen, Studierenden und Auszubildenden im AK Asyl zur Zeit anfallen, ist für einen kleinen Verband wie die Linksjugend[’solid] kaum alleine zu stemmen – zumal dort auch anderweitig Kosten in Form von Veranstaltungen, Lesekreisen, Landestreffen oder Demonstrationen anfallen. So agiert der Arbeitskreis finanziell am Limit. Notfalls kratzt man noch noch das letzte Privatvermögen zusammen. Beirren lässt sich die Truppe rund um Arne Ruppach dennoch nicht: „Wir wissen, dass es noch viel zu tun gibt, denn es muss sich noch einiges ändern. Ist eine Verbesserung abgeschlossen, arbeiten wir an der nächsten. Und das wird noch eine ganze Weile so gehen.“[modal id=“19250″ style=button color=default size=default][/modal]
Autor: Ryk Fechner