Zebra ganz politisch

seemoz-2001Mit seinem aktuellen Programm mischt sich das Konstanzer Zebra-Kino in die Lokalpolitik ein: Der dänische Dokumentarfilm „The Human Scale“ nimmt sich die Verstädterung zum Thema, berichtet von der Macht des Individualverkehrs über den Menschen, beschreibt aber auch Gegenbeispiele wie Siena, Melbourne oder Kopenhagen, wo der Autoverkehr zurück gedrängt wurde. Und als Schmankerl obendrauf gibt’s „2001 – Odyssee im Weltraum“, Urvater aller Science-Fiction-Filme als Start einer Retrospektive

2001 – Odyssee im Weltraum

GBR/USA 1968; 160 min; Regie: Stanley Kubrick, FSK 12, digital restauriert in 4K, OmU

Alle, die diesen Meilenstein der Science-Fiction kennen, werden sich vermutlich noch an ihn erinnern. Alle, die ihn noch nicht gesehen hat, sollten dies dringend ändern.

Manche mögen sich in der heutigen Zeit der Turbo-Erzähl-Geschwindigkeit und der Pyro-Technik-Orgien am langsamen Tempo des Films oder den sparsamen Spezialeffekten stören. Damals brachte „2001“ in technischer Hinsicht allerdings revolutionäre Neuerungen, die auch heute beeindrucken. Die Reduzierung auf klar strukturierte Bilder und der betont langsame Stil von Kamera und Begleitmusik machen die phantastisch dichte Atmosphäre von „2001“zum guten Teil aus.

Aus den auf unaufgeregte Weise spannenden Bildern lassen sich die unterschiedlichsten Parabeln und Fragestellungen entnehmen. Die Emanzipation der Hominiden über ihre Umwelt steht eingangs ebenso wie die Endsequenz, in welcher der Astronaut sich durch wechselnde Perspektiven in unterschiedlichen Lebensphasen selbst betrachtet, unter der Einwirkung des mysteriösen Monolithen. Dem zunehmend neurotischen Verhalten des Bordcomputers HAL bei seiner Abschaltung steht die wachsende Emotionslosigkeit des Astronauten gegenüber.

Überdies zeigt das Zebra-Kino im Juni eine Kurick-Retrospektive mit drei seiner bekanntesten Filme: Vom 06.06. bis 09.06.2014: 2001- A Space Odyssey (http://zebra-kino.de/2014/2001-a-space-odyssey/). Vom 13.06 bis 16.06.2014: A Clockwork Orange (http://zebra-kino.de/2014/a-clockwork-orange/). Vom 27.06. bis 30.06.2014: The Shining (http://zebra-kino.de/2014/the-shining/)

Die Frage nach der Entstehung von Bewusstsein und Empfindung, und inwiefern bei moderner künstlicher Intelligenz noch unterschieden werden kann zwischen Ding und Wesen, schwebt ebenso im Raum wie die Frage, ob der Mensch tatsächlich die sich selbst zugeschriebene Vormachtstellung als Krone der Schöpfung in diesem Universum innehat.

Spieltermine: 6./.7./.8./9.6. jeweils 21 Uhr

The Human Scale

Dänemark 2012, 83 min, Doku, Regie: Andreas Daalsgard, FSK 6

„Die Megacity existiert und sie ähnelt sehr stark der dystopischen Vision diverser Science-Fiction Filme.“ so der Trailer von The Human Scale. Als Grund wird im Film die anhaltende Verstädterung genannt. 2050, so prophezeit der Architekt Jan Gehl, werden über 80% der Weltbevölkerung in (Größt-)Städten wohnen. Wo sind Raum zur individuellen Entfaltung durch Erschwinglichkeit und Angebot, wo „form follows function“ heute?

Nun, der Funktion wird immer noch gefolgt. Allerdings ist der bestimmende Parameter der Planung in vielerlei Fällen – und insbesondere in stark wachsenden Großstädten – nicht mehr der Mensch, sondern vielmehr der Individualverkehr, da wichtig für Wirtschaft, Bequemlichkeit und Statusbewusstsein des (egoistischen) Homo œconomicus. Die Probleme, welche dies hervorruft, werden anhand ausdrucksstarker Beispiele wie Bangladeschs Hauptstadt Dhaka und Chongqing, China, illustriert, dabei der Konflikt jedoch nicht als reines Dritte-Welt-Problem charakterisiert. In Dhaka beispielsweise orientiert sich die Führung der Hauptverkehrswege und ihr folgend der gesamte restliche Städtebau an den Interessen der Weltbank, obwohl lediglich fünf Prozent der Bevölkerung der Stadt überhaupt PKW nutzen und von diesen wiederum nur ein Bruchteil für die Weltbank arbeitet. Andererseits geben Dalsgaard und Gehl in The Human Scale auch Beispiele für menschenorientierten Städtebau, dessen Konzept sich bereits in vorindustriellen Städten wie Siena begreifen lässt.

Das heutige Kopenhagen kann mit großen autofreien Bereichen und dem Fahrrad als Haupttransportmittel ebenso überzeugen wie beispielsweise Melbourne, das mehrfach zur lebenswertesten Stadt gewählt wurde. Anhand von Christchurchs Innenstadt, welche bei einem Erdbeben stark zerstört wurde, wird gezeigt, was die Mitbestimmung der Bürger bei der Stadtplanung positiv bewirken kann.

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Spieltermin: 5.6. 20 Uhr