Frühsommerliches Stadtgeflüster
Wer wissen möchte, wem wir diesen Monat die seemoz-Gurke in die Hand drücken, dem sei vorab verraten: Ein ehemaliger CDU-Rat drängt sich geradezu auf. Ein anderer sucht händeringend nach einer sinnvollen Altersbeschäftigung und ein Dritter hat mit Ehrungen rein gar nichts im Sinn. Dazu: Das Kreolenfest findet nun doch statt – allerdings in neuer Form. Das Mitbringen von Getränken und wohlgefüllten Picknick-Körben scheint angebracht
Kommenden Montag ab 18 Uhr werden im Ratssaal die StadträtInnen verabschiedet, die entweder nicht wieder angetreten sind oder von den WählerInnen kein Mandat mehr bekommen haben. Vor allem Alexander Fecker, langjähriger CDU-Rat und von seiner Partei böse in den Senkel gestellt, sehnt den Tag herbei. Denn nach rund dreißigjähriger Mitgliedschaft im städtischen Parlament bekommt er immerhin den Ehrenring der Stadt Konstanz ans Händchen. Verliehen wird diese Auszeichnung an RätInnen, die mindestens zwanzig Jahre im Amt waren und die sich „hervorragende Verdienste durch schöpferisches Wirken auf staatsbürgerlichem, wissenschaftlichem, kulturellem, wirtschaftlichem oder sozialem Gebiet“ erworben haben. Nun darf sich Fecker aussuchen, in welchem Bereich er sich seiner Meinung nach für alle Zeiten ins historische Gedächtnis der Stadt eingegraben hat. Ganz lassen von der Kommunalpolitik möchte Fecker allerdings nicht. Sein großzügiges Angebot: Ratgeber sein für orientierungslose oder neugewählte VolksvertreterInnen. Ob das eine gute Idee ist?
Ein anderer, ebenfalls langgedienter Stadtrat, verzichtet auf diese Ehrung, die ihm aufgrund seiner insgesamt 34 Amtsjahre ebenfalls zugestanden hätte. Werner Allweiss, seit 1980 für die Freie Grüne Liste (FGL) im Gemeinderat vertreten, kann mit Auszeichnungen dieser Art partout nichts anfangen. „Ich habe mich immer und konsequent gegen Orden und Ehrenzeichen ausgesprochen und dabei bleibt es auch“, erklärte er. Der aufrechte Grüne der ersten Stunde, der sich als einziger während seines Amtes mit Erfolg gegen die Duz-Attacken vieler KollegInnen gewehrt hat und jedweder Kumpanei völlig unverdächtig war, wird seiner Fraktion fehlen. Die FGL gefiel sich in den zurückliegenden Jahren in unsäglichen Grabenkämpfen und stand mehrmals vor einer Spaltung. Geschadet hat es den Grünen nicht. Die FGL-WählerInnen zeigten sich bei der vergangenen Kommunalwahl als treue und krisenresistente Kreuzchenmaler. Aber auch Allweiss bleibt zumindest in zweiter Reihe als engagierter Bürger der Kommunalpolitik erhalten und wird weiterhin bei der FGL mitarbeiten. Das wiederum ist fraglos eine gute Idee.
Schlecht oder gar nicht gut beraten war hingegen Klaus-Peter Kossmehl. Ende Mai hatte er für die CDU wieder einen Ratssitz errungen und nun, knapp drei Wochen später, wechselt der Fliesenlegermeister zu den Freien Wählern (FWK). Die wiederum waren diesbezüglich noch nie zimperlich und freuen sich, dass sie nach ihrer Schlappe bei den Kommunalwahlen im Mai nun doch wieder mit sechs Sitzen im Rat vertreten sind. Angeblich klopfte Kossmehl auch bei der FDP an, die aber wollten ihn nicht haben und so blieb dem Konservativen nur noch die FWK. Kossmehls Erklärungen für seinen spontanen Wechsel, man könnte dieses Vorgehen auch einen klassischen Wählerbetrug nennen, sind dürftig. Von Spannungen und Zerwürfnissen innerhalb der CDU ist die Rede, Konkretes ist bislang nicht zu erfahren. Gestunken hat Kossmehl wohl auch, dass ihm die CDU seinen Aufsichtsratssitz bei der Sparkasse genommen und ihn auf seinen „Parteifreund“ Roger Tscheulin übertragen hat. Ein Posten, der als lukrativ gilt, über dessen Honorierung aber Stillschweigen bewahrt wird. „Das Sparkassengesetz verpflichtet dazu, da darf nichts nach außen dringen“, so ein Insider. Allgemein wird vermutet, dass dieser Sitz im Aufsichtsrat der Sparkasse monatlich etwa 800 Euro extra bringt und somit das gemeinderätliche Grundsalär von 370 Euro für alle RätInnen zumindest bei einigen eine wundersame Vermehrung erfährt. Wie wäre es mit etwas mehr Transparenz? seemoz wird nachfragen, was verschiedene Pöstchen so manchen MandatsträgerInnen zusätzlich in die Taschen spült. Auf jeden Fall ist Klaus-Peter Kossmehl der heißeste Kandidat für die seemoz-Gurke im Monat Juni.
Museumsdirektor Tobias Engelsing ist zufrieden, denn seine Ausstellung über den Alltag der KonstanzerInnen zu Zeiten des Konzils (1414-1418) boomt. Bis Ende Juni werden wohl 10 000 BesucherInnen den Weg ins Rosgartenmuseum gefunden haben. Auch das Begleitbuch zur Ausstellung zum Preis von 9,90 Euro ist empfehlenswert: Viersprachig aufgemacht, gut bebildert und versehen mit knappen, aber anschaulichen Texten. Weniger glücklich ist man hingegen über den eher schleppenden Besuch im Konzilgebäude. Für die Große Landesausstellung, die sich auch mit dem Konstanzer Konzil beschäftigt, haben sich die Veranstalter etwas mehr Zuspruch erhofft. Ob das hochgesteckte Ziel, bis Ende September mindestens 100 000 Besucher gezählt zu haben, erreicht wird, ist eher fraglich. Freuen können sich hingegen all jene, die schon lange auf eine Übersetzung der Konstanzer Richentalchronik warten. Wer in neuhochdeutscher Sprache nachlesen will, was der Chronist Ulrich Richenthal vor 600 Jahren über das Konzil zu berichten hatte, bemühe sich in den Buchhandel. Das Werk unter dem Titel „Augenzeuge des Konstanzer Konzils“, erschienen beim Theiss-Verlag, ist ab sofort erhältlich.
Weiter unklar ist, warum das Kreolenfest zumindest nicht offiziell und mit klassischer Bewirtung im Stadtgarten stattfinden kann. Das Bürgeramt argumentiert mit „Sicherheitsbedenken“ aufgrund des zu erwartenden Ansturms auf die traditionelle und beliebte Veranstaltung, die bislang im Paradies beheimatet war, dort aber keinen Platz mehr hat. Also bleibt es dabei: Karl-Heinz Martin, Bandleader der Jazzgruppe „Blue Birds of Paradise“ wird im Stadtgarten ein Kreolenfest-Gedächtniskonzert ohne Bewirtung organisieren. Diese musikalische Erbauung kann man ihm nicht verbieten. Unser Tipp: Leute, bringt doch Eure Getränke und Euer Essen selber mit. Auch das kann Euch niemand verwehren.
Autor: H.Reile