Heute eckig, morgen rund – weiß dabei und ja nicht bunt
Na und? Zum besseren Verständnis für Auswärtige: Die Konstanzer Stadtverwaltung plant ernsthaft, eckige Sonnenschirme vor Gastwirtschaften zu untersagen. Auch Kleiderständer vor Textilgeschäften und Hinweistafeln auf Bürgersteigen sollen verschwinden. Damit das Straßenbild der Konzilstadt einheitlicher werden möge. Unser Satiriker malt sich die Folgen solcher Schildbürgerstreiche aus:
Die Stadtverwaltung hat beschlossen, dass vor Gaststätten künftig weder Zentralheizungen noch ganze Bierzelte aufgebaut werden dürfen. Das klingt, so formuliert, doch erstmal ganz vernünftig. Denn wie formulierte schon unser Stadtoberhaupt: „Plötzlich begriff ich in einem erschütternd ehrlichen Anfall von Bescheidenheit, dass das Leben zu kurz war für zweitklassige Beschlüsse. Also beschloss ich fortan allein.“
Und wer hatte schließlich nicht unerhebliche Mitschuld am Scheitern des KKH? Richtig, die Wirte. Haben sie es doch nicht vermocht, die Bürger am Tag des Entscheides über das goldige Bierzelt besoffen genug zu machen. Und zur Strafe sollen sie auch ebensolche Versammlungsstätten der Trinkkultur nicht mehr vor ihren eigenen Häusern aufbauen dürfen.
Kaum war diese im Kern doch vernünftige und verständliche Retourkutsche ausgesprochen, regte sich erster, erbitterter Widerstand. Dehoga, Wirtekreis und empörte Bürger, denen praktisch ihre zweite Heimat unter dem Heizpilz genommen werden soll, begehrten auf.
Soeben vermeldet das Konstanzer Zentralorgan des gepflegten Opportunismus, dass die Wir-wollen-auch-morgen-noch-draußen-warm-und-trocken-sitzen-Fraktion, also die Raucher, zurück schießen. Sie werfen der Stadt in ungewohnter Schärfe eine Verletzung der Reinigungspflicht öffentlicher Straßen und Plätze vor. Nicht nur, dass am Bahnhof Prospekte verrutschen. Nein, auch einzelne Wandfliesen in Unterführungen sollen beschädigt sein.
Noch beschränkt sich der Protest auf Worte. Doch wie lange noch? Steht Konstanz ein heißer Herbst bevor? Böse Zungen behaupten, dass das Stadtmarketing bereits geheime Versuche mit zu Wasserwerfern umgebauten Hüpfburgen absolviert. Und besonders böse Zungen scherzen schon, dass die Gattin eines stadtbekannten wie –bezahlten Hobbypastabäckers neuerdings mit Schirmen handelt.
Wir glauben das aber alles nicht. Wir glauben, dass das alles Gerüchte sind, gestreut von Linken und anderen Sozialneidern. Wir glauben vielmehr, dass die Strategie lautet: Wer die Stadtverwaltung ärgert, wird zurück geärgert. So funktioniert Demokratie. Schließlich ist die Verwaltung vom Volk legitimiert, kann also entweder gar nichts machen oder wenigstens dämliche Beschlüsse fassen. Punkt.
Soviel sei noch verraten: Sollte sich der Protest gegen die rechtmäßig runden, vertraglich nicht mehr rückgängig zu machenden Sonnenschirme weiter verschärfen, kann sich der Bürger mit Blick nach Stuttgart auf etwas gefasst machen. Wo kämen wir dahin? – Nach Konstanz. Sind schon mittendrin.
Autor: Carlo Minotti