Theaterlust für Theaterfreunde und die, die es werden sollen

Aus Freude am Theater wurde Lust aufs Theater. Rund um zwei ungemein erfolgreiche Premieren („Die Geierwally“ und Woyzeck“) spielten die Stadttheater-Schauspieler auf dem Konstanzer Münsterplatz, was sie am besten können: Richtig gutes Theater. Und das ist mehr als Schauspielerei – das ist Gesang und Tanz, ist Charme und Klamauk, Spiel und Spaß. Wohl keine/r der mehreren hundert Zuschauer, der nach dem Theaterfest nicht noch mehr Lust aufs Konstanzer Theater bekommen hätte.

Und mittendrin immer Intendant Christoph Nix, der nicht Nix wäre, wenn er nicht zu jeder Darbietung einen aktuellen, lokalpolitischen Schlenker wüßte. Die Posse um die Karpfen während der Woyzeck-Aufführung bereicherte er um die amüsante Anekdote, dass schon Woyzeck-Dichter Büchner seine Doktorarbeit über die Nervenstränge der Fische geschrieben hatte; das Loblied auf die Bodensee-Landschaft kam nicht aus ohne einen Seitenhieb auf die Schulkooperation der Rüstungsindustrie und die örtliche Leidzeitung, deren einzigen Artikel zum EADS-Ellenrieder-Eklat er charmant zurecht rückte; und die launige Versteigerung von Theater-Requisiten (Höchstgebot 20 Euro) verband er mit dem nicht so ernst gemeinten Hinweis, auch das Stadttheater wolle zur Bekämpfung der Haushaltskrise beitragen.

Ansonsten: Theaterchor und Stock-Kampf-Tanz, Lesungen und Führungen durch die Theaterwelt für Kinder und Erwachsene, Kaffee und Kuchen, Würstchen und kein Bier und als Sternstunde die „Sternstunde des Joseph Bieder“, ein Ein-Personenstück mit Hans Helmut Straub, dem pensionierter Stadttheater-Star, der lange noch aktiv bleiben will.

Das samstägliche, insgesamt zehnstündige Theaterfest für Theaterfreunde und solche, die es werden sollen, lockte Konstanzer und Auswärtige an. „Ich wusste gar nicht, wie vielseitig Theater sein kann. Zumindest am Wochenende werde ich nun häufiger den weiten Weg nach Konstanz wagen“, meinte Christa Albrecht aus Salem. Auch Vera Hemm, LLK-Gemeinderätin, erklärter Nix-Fan und regelmäßige Theaterbesucherin, war wieder einmal begeistert: „Was die jungen Leute und der ewig junge Nix auf die Bühne bringen, ist Jahr für Jahr das Eintrittsgeld wert. Ich bin dabei, wenn es darum geht, Kürzungen am Stadttheater-Budget zu verhindern“. Und der zehnjährige Daniel aus Kreuzlingen war sich sicher: „Das ist besser als das beste Kinderfest.“

Das Fest zum Start der neuen Spielzeit auf dem Münsterplatz zumindest erfüllte seinen Zweck: Wo sich sonst italienische und andere Marktstände breit machen, die Freiwillige Feuerwehr das Spritzen übt oder Fahnenschwinger heimisches Brauchtum vorführen, wurde Kultur pur geboten – Theaterluft wehte über den Münsterplatz. Das machte Spaß, trotz mancher Längen im Programm, und warb dem Stadttheater neue Freunde, obwohl der Absatz verbilligter Abonnements nicht den Erwartungen der Theaterleute entsprach. Am wichtigsten jedoch: Dieses Theater ist Teil der Stadt und wird von ihren Bürgern angenommen. Was zu demonstrieren war…

Autor und Foto: H.-P. Koch