Das Ende des Chérisy-Schandmals

IMG_2652.JPGDie Tage des martialischen Hakenkreuz-Krieger-Denkmals am Haupteingang der Konstanzer Chérisy-Kaserne scheinen gezählt: Am kommenden Sonntag, am Tag vor dem Antikriegstag, wollen Mitglieder der FriedensInitiative Konstanz den steinernen Soldaten verhüllen und damit eine Diskussion über den Umgang mit solchen „Denkmalen“ anstoßen. Mehr noch: Wie man hört, soll der Chérisy-Soldat ohnehin im Zuge der Neubaumaßnahmen in dem Areal abgeräumt werden

„Dieses Nazi-Monument darf so nicht bleiben“ fordert die Konstanzer FriedensInitiative in einem Flugblatt, das schon seit Tagen auf dem Chérisy-Areal kursiert. Auf der Titelseite ist dann auch bereits skizziert, wie man sich eine Umwidmung vorstellen kann (s. Foto): Aus dem Flaggenstab wird eine Krücke, der Arm des Nazi-Soldaten ist verbunden.

Diese Darstellung basiert auf einem Entwurf des Tuttlinger Künstlers Andreas Schönian, der vor fast 30 Jahren schon auf diese Weise das Schandwerk seines Kollegen Paul Diesch umgestalten wollte. Wie es überhaupt schon häufig Versuche gab, dem Stein-Soldaten seine Propaganda-Funktion zu nehmen: Einige wollten Anfang der 1990iger Jahre „den Schandfleck einfach wegsprengen“, andere später durch ein Gegendenkmal ergänzen. Auch der Konstanzer Gemeinderat vertrat Ende der 90iger Jahre mehrheitlich die Meinung, da müsse etwas geschehen. Doch die weiteren Ausschuss-Beratungen verliefen im Sande – geschehen ist bis heute nichts.

Chérisy-Kaserne, 1936 vom nationalsozialistischen Reichsarbeitsdienst errichtet, dienten die Klotzbauten zunächst deutschen, dann französischen Soldaten als Unterkunft. Nach Abzug der französischen Garnison 1979 standen die Gebäude leer, bevor 1981 die Evangelische Studentengemeinde ein alternatives Wohn- und Arbeitsmodell entwickelte, das später von der „Neuen Arbeit“ realisiert wurde. Den Namen erhielt die Kaserne nach einem Ort an der französisch-belgischen Grenze, beim dem am 3. Mai 1917 das in Konstanz stationierte Infanterie-Regiment 114 in Kämpfe gegen britische und kanadische Truppen verwickelt war.

Nun aber soll in einer Aktion am Sonntag ab 14 Uhr eine Plane das ohnehin schon reichlich besprühte „Kunstwerk“ verhüllen und, so Vertreter der FriedensInitiative (FI), zu einem DenkMal machen, das zeigen soll, wie die kriegerische Wirklichkeit verfälscht wurde. Denn, so noch einmal die FI: „Die Vergangenheit lässt sich nicht wegsprengen. Besser ist es, die Propaganda dieser Statue kenntlich zu machen“. Und damit die Diskussion über solche Art der Vergangenheitsbewältigung zu eröffnen. Eine erste Wirkung haben die Friedensapostel bereits erzielt: Sogar das Heimatblatt wurde so auf das Thema gestoßen und beeilte sich noch an diesem Wochenende, mit einer Umfrage bei Prominenten der Stadt offensichtlich Meinung gegen eine Umwidmung zu machen.

Womöglich aber läuft die wackere FI-Aktion ohnehin ins Leere. Wie man hört, gibt es sehr konkrete Pläne, dass der Steinsoldat einem verbreiterten Fußweg weichen soll. Nur auf diese Weise, so das städtische Bauamt, könne man dem nach der Fertigstellung der Neubauten noch stärkerem Fussgängerverkehr begegnen. Noch aber, wie man auch hört, will das Denkmalamt ein Wörtchen mitreden. Aber schon hat, wie man überdies hört, der Reservistenverband sein Interesse bekundet, das Schandmal in seinem Vorgarten aufzubauen. Aber – auch das hört man – noch fehle das Geld für den Transport der immerhin über drei Meter hohen Statue. Doch – sogar das wird gemunkelt – das Technische Hilfswerk THW stehe schon „Gewehr bei Fuß“, um helfend beizuspringen.

Was jahrelanger Protest nicht schaffte, bewirkt heutzutage also ein schnöder Bebauungsplan: Die Tage des Krieger-Denkmals am Haupteingang der Konstanzer Chérisy-Kaserne jedenfalls scheinen endgültig gezählt.[modal id=“19250″ style=button color=default size=default][/modal]

Autor: hpk