Chérisy-Soldat mit neuem Beinkleid

IMG_1119.JPGDie Diskussion ist eröffnet: Am Rande der gestrigen Verhüllungsaktion am Sockel des Chérisy-Soldaten-Denkmals kündigte FGL-Stadtrat Peter Müller-Neff an, das Thema ‚Umgang mit Nazi-Denkmälern‘ auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung des Kulturausschusses zu bringen. Auch LLK-Stadtrat Holger Reile demonstrierte seine Meinung: Er setzte symbolisch zur Sprengung des Denkmals an – allerdings nicht mit Lunte und Dynamit, sondern mit Wasser und Gießkanne.

In strömendem Regen und vor enttäuschender Zuschauer-Kulisse (vor allem Chérisy-Bewohner glänzten durch Abwesenheit) befestigte ein kundiger Handwerker die große Plastik-Plane am Denkmal-Sockel. „Propaganda – Realität“ ist darauf zu lesen, und zu sehen ist ein vekrüppelter Soldat (s. Fotos) als Abbild des kraftstrotzenden Stein-Kriegers. Die FriedensInitiative Konstanz (FI) will damit am Vortag des Antikriegstages auf die immer wieder verheerende Propaganda-Wirkung solcher Denkmäler hinweisen.

Absicht der Friedensapostel ist, die Diskussion um solche Art der Vergangenheitsbewältigung (Kann Vergangenheit überhaupt bewältigt werden?) von neuem anzustoßen. Angedacht ist eine öffentliche Podiumsdiskussion, auf der prominente Politiker und Wissenschaftler aus Konstanz sich dieser Frage anhand aktueller Beispiele aus der Stadtgeschichte stellen. Denn nach FI-Meinung zählt dazu immer noch auch der Umgang mit dem Nazi-Autoren Wilhelm von Scholz oder mit den Altvorderen Helmle und Knapp und sogar das verfehlte Geschichtsverständnis, das sich in vielen Aktionen der Konzil-Feierlichkeiten zeigt.

Deutlich wurde das auch in einem künstlerischen Wortbeitrag des FI-Aktiven Maik Schluroff, der mit Bezug auf die aktuellen Kriege weltweit die Propaganda solcher Denkmäler geißelte (s. Video). Wie nötig solche Kritik ist, zeigte sich am Auftauchen zweier älterer Herren, die wortreich solche „Verunglimpfung deutscher Soldaten“ durch die FI ablehnten.

Womöglich aber wird eine solche Diskussion auch anderswo noch geführt. FGL-Stadtrat Peter Müller-Neff kündigte an, dieses Thema auf der nächsten Sitzung des Kulturausschusses behandeln zu wollen – außer ihm waren nur noch Anke Schwede und Holger Reile (beide LLK) sowie Alt-Stadträtin Vera Hemm als Gemeinderatsvertreter anwesend. Nichts anderes beabsichtigten die FI-Aktiven: Das Problem gehört wieder auf die Tagesordnung auch der Parlamentarier. Zumal sich Pläne, das Chérisy-Denkmal im Zuge der Verkehrs-Neuregelung abzubauen, offensichtlich nicht realisieren lassen.

So hat das „neue Beinkleid“ des Chérisy-Soldaten (mögen der Plastikplane noch viele Tage gegönnt sein) außer der Entlarvung dieses scheußlichen Denkmals noch eine weitere Funktion: Ausgangspunkt zu einer neuen Geschichtsdiskussion in dieser Stadt.

Autor: hpk

link: http://youtu.be/PtGbhp_i348

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