Wird Bürgerbeteiligung ausgetrickst?

IMG_2809.JPGseemoz hatte schon im Juli gewarnt: Die einstmals beschlossene Bürgerbeteiligung für die Bebauung des Vincentius-Geländes soll ausgehebelt werden. Diese Kritik kam an, denn in der Sommerpause hat man sich in der Stadtverwaltung einen neuen Trick ausgedacht, lästige Bürger auszuschließen: Jetzt sollen Vereinigungen als „Gäste“ beteiligt werden: Bürgerbeteiligung aber sieht anders aus

Irgendjemand in der Verwaltung muss einen wahren Horror vor dem Bürger und seiner Meinung haben. Zwar war der Verwaltung in der letzten Sitzung des Technischen- und Umweltausschusses (TUA) aufgegeben worden, entgegen des eigenen Vorschlags für eine Bürgerbeteiligung zu sorgen, doch in der Vorlage zur nächsten TUA-Sitzung am kommenden Donnerstag liest sich das anders:

Vereinsvertreter als Gäste

„Aus Sicht der Verwaltung geschieht dies (die Bürgerbeteiligung, Anm. d. Red.) im Idealfall, in dem Vertreter der Bürgergemeinschaft Paradies e.V. sowie des Fördervereins Niederburg Vital e.V. als Repräsentanten der organisierten Bürgergemeinschaften der angrenzenden Stadtviertel als Gäste in das Wettbewerbsverfahren eingebunden werden. Auf diese Weise finden die Belange der Bürger direkten Einfluss in die Diskussion und können im Entscheidungsprozess berücksichtigt werden…Damit ist die angestrebte Bürgerbeteiligung sichergestellt.“

Wie bitte? Dann könnten zukünftig Fastnachts-Vereinigungen oder Sportvereine ebenso und stellvertretend für den Bürgerwillen herangezogen werden – die sind genauso wenig demokratisch legitimiert. Nichts gegen die jetzt von der Stadtverwaltung auserkorenen Vereine – doch der Förderverein Niederburg hat sich bislang auf die Organisation der Gassenfreitage und das Aufhängen von Kriegsbannern (feudalistischer Mummenschanz) konzentriert. Was prädestiniert nun diesen Einzelhändler-Bund, bar jeder demokratischen Legitimation, für alle Bürger zu sprechen? Bei der Bürgergemeinschaft Paradies e.V. liegen die Dinge etwas anders: Dieser aufmüpfige Verein, zuletzt durch den Rechtsstreit mit der Stadtverwaltung um die Kinderaufbewahrungs-Container beim Palmenhaus aufgefallen, könnte – so wohl die Absicht der städtischen Planer – rechtzeitig eingebunden und somit ruhig gestellt werden.

„Vergiftetes Angebot“

In beiden Fällen wohl ein „vergiftetes Angebot“, das zudem ein eigentümliches Verständnis von repräsentativer Demokratie offenbart. Und selbst ein massenhafter Eintritt interessierter BürgerInnen in die beiden Vereine könnte Mitsprache nicht garantieren. Denn zum einen sollen nur ausgesuchte Vertreter der Vereine eingeladen werden (wer sucht die aus?), zum anderen sollen die bloß als Gäste (wohl ohne Stimmrecht) gehört werden. Nein: Echte Bürgerbeteiligung sieht wirklich anders aus.

Es ist wohl noch ein weiter Weg für manche Stadtvertreter zur ehrlichen Bürgerbeteiligung und zu wahrer Transparenz. Da verbieten sich nämlich Tricksereien und Taschenspielerkniffe. Stattdessen ist Offenheit und Fairness gefordert. Und damit tun sich manche Politiker, wie man nicht erst seit diesem Fall weiß, noch reichlich schwer.[modal id=“19250″ style=button color=default size=default][/modal]

Autor: hpk

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