Spätsommerliches Stadtgeflüster

seemoz-Madame MeuronNicht erst seit der Amtszeit des früheren Baubürgermeisters Kurt Werner wissen wir, dass Kostenschätzungen auch aus dem Ruder laufen können. Da hat sich bis heute nicht viel geändert. Und: Wer ein Herz für Hunde hat, wird diesmal ausnahmsweise bei uns fündig. Ein seltenes Exemplar sucht ein neues Zuhause. Dazu: Endlich lobt Konstanz einen Preis aus, um den sich alle bemühen werden. Blick gen Westen: Singen rüstet auf und rührt schon mal den Glühwein an

Bei der letzten Gemeinderatssitzung vor der Sommerpause wurde im nichtöffentlichen Teil eine Projektidee vorgestellt, die durchaus die Öffentlichkeit interessieren sollte. Es ging um ein „Konzept für den Europäischen Konzilspreis der Stadt Konstanz“. Was soll diese alberne Heimlichtuerei, fragten sich mehrere RätInnen erstaunt. Die Begründung: „Die Diskussion im Gemeinderat erfolgt nichtöffentlich, um eine öffentlichkeitswirksam inszenierte Vorstellung des Preises im Rahmen des Festaktes am 5.11.2014 zu ermöglichen“, schrieb Konziljubiläums-Chefin Ruth Bader in der Vorlage. Man träumt, und das ist eine Lieblingsbeschäftigung in Baders Abteilung, davon, mit einem Konzilspreis aufzusteigen in eine Kategorie, in der sich sowohl der „Aachener Karlspreis“ als auch der „Friedenspreis des deutschen Buchhandels“ längst wohlig räkeln.

Ein erlauchtes Kuratorium gibt es bereits und darunter tummeln sich überwiegend Personen aus Politik und Wirtschaft, „die sowohl aufgrund ihrer Persönlichkeit oder im Rahmen ihrer Position für dieses Ehrenamt qualifiziert“ sein sollen. Gedacht ist auch an eine Stiftungsgründung zur Vergabe des Konzilspreises. Dafür möchte man in den kommenden Jahren ein Stiftungskapital in Höhe von bis zu einer Million Euro einwerben. Nähere Informationen verbieten sich an dieser Stelle, denn die Angelegenheit ist höchst geheim und der knallige Überraschungseffekt am 5.11. wird den Namen der Stadt in Lichtgeschwindigkeit über den gesamten Erdball tragen.

Weniger geheim allerdings ist – die Stadttauben gurren es längst von allen Dächern – dass es bei mehreren innerstädtischen Baumaßnahmen zu erheblichen Kostensteigerungen kommen wird. Schon vor der Sommerpause herrschte darob in den zuständigen Ämtern schiere Verzweiflung. Es geht wohl um die Sanierungsarbeiten in der Hofhalde und an der Hafenmole. Dabei, zumindest das konnten wir in Erfahrung bringen, soll es sich um Mehrkosten im sechsstelligen Bereich handeln. Auf Nachfrage wurden wir vertröstet, konkrete Auskünfte gäbe es spätestens nach Beendigung der Sommerpause. Also jetzt. Noch halbwegs geduldig warten wir auf die Informationen: Warum verschlingen diese Projekte nun gewaltig mehr Geld und wer oder was ist dafür verantwortlich? Unsere Mailadressen und Telefonnummern sind der Verwaltung bekannt. Danke vorab für die umgehende Aufklärung.

Das Konstanzer Blog See-online, seit Ende 2009 verantwortlich betrieben von der Journalistin Waltraud Kässer, ist wohl endgültig abgenippelt. Sie habe keine Zeit mehr, sich täglich darum zu kümmern, erklärte Kässer kürzlich ihren LeserInnen und verabschiedete sich in Richtung PR und Kommunikation. In Zukunft wolle sie ihren LeserInnen „nur noch wenige Beiträge zu ausgesuchten Themen“ präsentieren. Ihre ursprünglichen Vorstellungen und Wünsche, alleine mit Werbebannern ließe sich ein bescheidenes Journalistenleben finanzieren, seien so nicht aufgegangen. Das hätten wir ihr vorher sagen können. Das Ende von See-online war absehbar, denn immer öfter zierten nur noch Pressemitteilungen und Unfallmeldungen die Startseite. Wer will das noch lesen, wer will da noch werben und unnötig Geld verbraten? Das Bedauern über das Hinscheiden des angeblich „größten kostenlosen Nachrichtenblogs am Bodensee“ hielt sich in engen Grenzen.

Wie ein Hund allerdings leidet Kässers anonymer Kommentator „Fafnir“ unter dem Verlust seiner Lieblingsspielwiese. Ein rechter Demagoge, den Kässer immer gern von der Kette gelassen hat, um, Zitat Fafnir, gegen „linksrotgrünen Schwachsinn und dumpfrote Volkserziehungsartikel“ in anderen Medien zu geifern. Dem Vernehmen nach sucht der drollige Geselle mit viel Tagesfreizeit ein neues Betätigungsfeld. Wer Interesse an einer Übernahme des Kläffers hat (die Ablösesumme liegt bei 200 Reichsmark, ein gebrauchter Beißkorb wird gestellt), melde sich hurtig bei See-online.

Dass man auch in schneefreien Wintern mit Weihnachtsmärkten fette Flocken machen kann, hat sich nun sogar bis nach Singen herumgesprochen. Lange hat man tränenden Auges nach Konstanz geschielt, wo der traditionelle Weihnachtsmarkt boomt und die Kassen klingeln lässt. Und so stellte sich die Singener Verwaltung die Frage: „Ein Weihnachtsmarkt in Singen – ist das überhaupt möglich?“ Den ganzen Sommer über hat man gehirnt und gehirnt, um schließlich am 12. September mittels Presseerklärung laut und glücklich zu verkünden: „Ja, es ist möglich!“ Und zwar mit Konstanzer Unterstützung. Die Firma „Event Promotions“ wird kommenden Freitag im Singener ‚Holiday Inn Express‘ ihr Konzept vorstellen. Die Weihnachtsbuden will man auf den Singener Rathausplatz nageln und auch künstliche Beschneiung scheint ein Thema zu sein. Um den kommenden Kriegswinter 2014/15 für alle Gäste erträglich zu gestalten, soll der Weihnachtsmarkt unterm Hohentwiel vom 28. November bis zum 28. Dezember (!) dauern. Mensch, Singener, damit erobert Ihr Euch hinter den Frontlinien ein europaweites Alleinstellungsmerkmal. Respekt.[modal id=“19250″ style=button color=default size=default][/modal]

Autor: H.Reile