Neue Runde im Hick-Hack um das Herzzentrum

Das Herzzentrum Bodensee kommt nicht zur Ruhe: Nachdem zuletzt allerlei Beschwichtigendes vor allem aus der Schweiz zu den Vorwürfen gegen die Schwesterkliniken in Konstanz und Kreuzlingen zu hören und lesen war, hat ein ehemaliger Chefarzt nun Klage gegen seinen einstigen Arbeitgeber vor dem Arbeitsgericht Radolfzell erhoben. Es geht um einen Schadensersatz-Anspruch von rund 500 000 Euro für eine Steuerschuld

Während nämlich die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen in Kreuzlingen und Konstanz nach nun 16 Monaten immer noch nicht abgeschlossen sind, rücken jetzt die Auseinandersetzungen auf eine privatrechtliche Ebene: Ein ehemaliger Chafarzt verklagt – so meldet es am Wochenende die „Stuttgarter Zeitung“ – die Leitung der beiden Schwesterkliniken auf Schadensersatz für eine Steuerschuld in Höhe von von rund einer halben Million Euro.

Wer zahlt wo welche Steuern?

Den Hintergrund bilden Vorwürfe, die schon früher erhoben wurden und über die seemoz mehrfach berichtete: In Kreuzlingen mit Schweizer Arbeitsvertrag beschäftigte Pfleger und Ärzte wurden zu einem nicht geringen Anteil in Deutschland eingesetzt: Wo fallen nun Steuern, Sozialbeiträge und weitere Abgaben an? Der Verdacht wurde geäußert, dass sich die Lohnbuchhaltung der Schwesterkliniken jeweils die preiswertere Variante aussuchte, die womöglich aber nicht immer rechtens war. Problematisch könnte überdies werden, dass auch betroffene Arbeitnehmer an den falschen Fiskus bezahlt haben – dem Vernehmen nach haben etliche Ärzte ihre private Steuerschuld bereits nachbezahlt. Und genau um diesen Sachverhalt könnte es jetzt gehen: Wer zahlt die Steuerschuld im jeweils anderen Staat? Eine Frage, die etliche Arbeitnehmer der Herzkliniken betrifft und womöglich einen ganzen Rattenschwanz neuer gerichtlicher Auseinandersetzungen nach sich ziehen wird.

Die Geschäftsführung weist einmal mehr alle Vorwürfe weit von sich: Zum einen seien diese Ansprüche längst verjährt, zum anderen lägen solche Steuerschulden in der Verantwortung eines jeden einzelnen Arbeitnehmers, lässt man sich in der „Stuttgarter Zeitung“ zitieren.

Ist Radolfzell die richtige Adresse?

Ob allerdings die Arbeitsgerichtskammer in Radolfzell für solche steuerrechtlichen Streitfälle die richtige Adresse ist, könnte bezweifelt werden. Und das gilt auch für weitere Vorwürfe, die immer noch im Raum stehen und für deren Aufklärung sich die Staatsanwaltschaft Konstanz erstaunlich viel Zeit nimmt (seemoz berichtete jeweils): Wurden Sozialabgaben immer richtig abgerechnet? Waren die Geschäfte mit einer Spezialfirma für Medizinartikel im schweizerischen Zug, die auch den Geschäftsführern in Kreuzlingen gehört, immer in Ordnung? Und wie war das mit den in Deutschland nicht zugelassenen Herzklappen?

Zwar stellte die Staatsanwaltschaft ihre Untersuchungen wegen fehlender Approbationen ein und auch eine Administrativuntersuchung des Kantons Thurgau verlief ebenso im Sande wie die Recherche des Medizinischen Dienstes deutscher Krankenkassen – das aber vollmundig als Freispruch in allen Punkten für das Herz-Neuro-Zentrum Bodensee zu werten, wie es einige Journalisten beiderseits der Grenze voreilig versuchen, wird der Problematik nicht gerecht. Noch sind schwerwiegende Vorwürfe weder bestätigt noch ausgeräumt – und jetzt kommen sogar neue hinzu.

Autor: hpk

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