„Ohne Angst über die Jahn- und Petershauser Straße“
Während der Südkurier in einer letzten PR-Veranstaltung vor der Gemeinderats-Sitzung erneut Stimmung gegen eine Verlängerung der Fahrradstraße macht, lassen wir Anwohner zu Wort kommen: Dieser Brief einer Familie an die StadträtInnen kursiert derzeit in der Stadt – nur hier lesen Sie ihn in vollem Wortlaut:
Sehr geehrte Damen und Herren,
nachdem wir in den letzten Tagen das Gefühl bekommen haben, dass sich vor allem die Lautstärke der Gegner der Fahrradstraße und nicht die Sachargumente in der Berichterstattung durchsetzen, möchten wir uns doch auch noch zu Wort melden: als Autofahrer, Radfahrer, Fußgänger, Anwohner und Eltern von kleinen Kindern begrüßen wir die Erprobungsphase mit großer Erleichterung.
Wer die Jahn- und die Petershauser Straße regelmäßig auf unterschiedliche Art und Weise nutzt, weiß von dem großen Gefahrenpotential, das durch die bisherige Verkehrsführung hervorgerufen wird. Durch die Überführung der Fahrradfahrer auf die Straße werden wir wieder gefahrlos auf einem Fußgängerweg die Petershauser- und die Jahnstraße stadtauswärts laufen können, auch und vor allem mit Kindern, wir werden wieder mit dem Auto auf Parkplätze einbiegen können, ohne Angst zu haben, berechtigterweise dort fahrende Radfahrer auf dem schlecht einsehbaren Radweg zwischen parkenden Autos und dem Gehweg anzufahren, wir werden als Radfahrer wieder sicher und zügig fahren, überholen und überholt werden und nicht zuletzt auch ohne Gefährdung durch Autofahrer abbiegen können.
Und das Schöne dabei ist, dass sich für den motorisierten Durchgangsverkehr im Vergleich zu den letzten zwei Jahren nichts verändert.
Wir, und viele andere, verstehen dabei vor allem den Aufschrei vieler Autofahrerinnen und Autofahrer nicht, die eigentlich einen großen Nutzen von der Kanalisierung und Förderung des Radverkehrs haben: Je mehr Menschen vom Auto auf das Rad umsteigen, desto kürzer werden die Staus und desto mehr Parkplätze finden sich vor allem in der Stadt. Gerade diejenigen, die am lautesten schreien, wären mit einer Verschlechterung der Radverkehrssituation gestraft. Gerade eine Stadt wie Konstanz, die auch vom Radtourismus lebt, sollte in diese Mobilitätsart investieren – daran müssten doch gerade die Hoteliers in den innenstadtnahen Bezirken ein großes Interesse haben.
Es klingt immer so, als würden die Läden und Hotels völlig von der Außenwelt abgeschnitten, dabei sind diese doch über kleine Umwege immer noch mit dem Auto gut zu erreichen – von anderen Verkehrsmitteln ganz zu schweigen. Übrigens kann es auch nicht an den Fahrradstraßenplänen liegen, dass eine große Zahl der Ladenfläche am Neubau an der Bahnschranke noch nicht vermietet ist.
Und noch ein Gegenargument: Es wurde auch hysterisch gefordert, genauso wie Autos von Fahrradstraßen auch Fahrräder von sozusagen Autostraßen zu verbannen. Aber das ist doch schon lange der Fall, mit erhöhtem Gefahrenpotential für Fahrradfahrer und Fußgänger, auf der Mainaustraße, auf der Wollmatinger Straße, auf der Reichenaustraße, auf der Theodor-Heuss-Straße, auf der Konzilstraße, auf der Rheinbrücke, auf dem Rheinsteig…
Wer eine bessere Idee hat, wie wir zu einer gleichberechtigten Förderung aller Mobilitätsarten kommen und dabei den Wirtschaftsstandort und den Wohnort Konstanz besser aufstellen, möge sich bitte mit Argumenten zu Wort melden. Wir finden, dieser Herbst ist ein Schritt in die richtige Richtung. Wir würden uns freuen, wenn Sie mit uns Kontakt aufnehmen, falls Sie Fragen haben, da wir das Gefühl haben, dass einzelne Personen aus der Wirtschaft über Gebühr Ihre Kontakte nutzen und vor allem in mancher Presse ihre Meinung äußern können. Wir Anwohner sind aber auch Konstanzer, Steuerzahler, Bürger, Wähler und sollten deshalb nicht einfach übergangen werden.
Mit freundlichen Grüßen,
Dr. Margit und Wolfgang Schnee mit Johanna und Charlotte
Der Brief von Familie Schnee jubelt das Radfahren wieder einmal als Heilslösung in den Himmel. Leider ist das Radfahren nicht die Lösung für alle Verkehrsprobleme, sonst würden ja nicht so viele Mitmenschen immer noch mit dem Auto fahren. Und wenn es keine Benzin-Autos mehr sind, dann sind es Elektro-Autos, denn die Vorteile des motorisierten Individualverkehrs sind nicht wegzudiskutieren. — Was mich ärgert, ist die Tatsache, dass wegen einer historisch gewachsenen, zugegeben nicht optimalen Radwegkonstruktion nun die Strasse GESPERRT werden soll am Bahnübergang für die Autos. Das verstehe ich nicht. Das hat miteinander sehr wenig zu tun. UND: Da werden entlang der Bahnlinie die Wohnblöcke noch und nöcher hochgezogen – und überall stehen in der Bruder-Klaus-Strasse und den Tiefgaragen immer mehr Autos. Die bringen die Anwohner zum Arbeitsplatz usw., da wäre die Schliessung des Bahnübergangs purer Zwang zu mehr Umweg – für immer mehr Menschen. Wie da unsere Auto-Verbieten-Fraktion FGL wieder diesen Leuten das Autofahren vermiesen will – für mich unglaublich. Und dann wäre das Ganze beinahe noch klammheimlich als Verwaltungsakt über die Bühne gegangen, da wird es mir unheimlich, was diese Stadtverwaltung allmählich produziert.
Ich finde die Idee großartig, die Petershauser-/Jahnstraße in eine Fahrradstraße umzuwidmen: Endlich keine langen Autoschlangen an der geschlossenen Bahnschranke mehr! Kein Gestank mehr durch laufende Motoren (eine Zumutung für die wartenden Radfahrer und Fußgänger)! Natürlich haben Sie recht, Frau Bernecker, viele Radfahrer gefährden durch ihr Verhalten im Straßenverkehr sich und andere. Dennoch geht von den Autos für Radler nach wie vor die größte Gefahr aus. Die geplante Fahrradstraße würde mit Sicherheit die gefährlichen Situationen für Radfahrer reduzieren, vor allem für die vielen Schüler, die morgens diese Achse nutzen.
Kommentar 2: Sorry, ich war noch nicht fertig. Aud der gegemüberleigenden Seite besteht ganz klar Verbesserungsbedarf, zu enge Fuß- und Radwege, zudem direkt daneben parkende Autos machen diese Strecke unübersichtlich. Aber ist es ökologisch sinnvoll in diesem eben erst massiv nachverdichteten Gebiet die direkte kurze Zufahrt zum Verkehrsknotenpunkt Zähringerplatz zu sperren und die Anwohner auf den Umweg über Spanierstraße, Sternenplatz, Theodor-Heuss-Straße zu leiten, ein Weg der zudem von ca. 6 Ampelanlagen gekrönt ist? Nicht zu vergessen: Die größte Gefahr für Radfahrer sind die Radfahrer selbst. Ich besitze kein Auto, fahre seit Jahrzehnten regelmäßig Rad und beobachte, dass mit steigender Anzahl an Radfahrern( was ich sehr begrüße), ebenso die Undiszipliniertheit und Gedankenlosigkeit steigt: „Knöpfe“ in den Ohren, wildes Überholen rechts und links, Straßensperren durch nebeneinander fahrende Radler, Abbiegen ohne Handzeichen, Vorfahrt missachten, auf falscher Seite fahren, kein Licht etc. Wahrscheinlich bedarf es noch einiger hoffentlich netter und sachlicher Gespräche, um eine Lösung zu erreichen, die Viele(sicher nicht Alle)zufrieden stellt.
Schade, schon wird wieder in 2 Lager gespalten, anstatt nach Kompromissen zu suchen: Die „Gegner“ der Fahrradstraße sind Lobbyisten der Autofahrer und Einzelhändler, die „Befürworter“ „Grüne“/Alternative. Erst einmal: es gibt weitaus gefährlichere Straßen als die Petershauser/Jahnstraße, z. Bsp. die als Radstraße ausgewiesene Schotten-Schützenstraße samt den Zugängen zur Fahrradbrücke sowohl rechts-als auch linksrheinisch, ebenso die Bodanstraße Döbele Richtung Bahnhof. Vor nicht allzu langer Zeit wurde in der Petershauserstraße der Rad- u. Fußgängerweg rechts(von der Spanierstraße kommend) verbreitert, im ersten Teil der Jahnstraße ist ebenfalls großzügig Platz für Radfahrer und Fußgänger.
Frau Schnee hat sich auch bei der Südkurier Veranstaltung zu Wort gemeldet, wie viele andere Befürworter der Fahrradstraße auch. In diesem Fall ist es also nicht gerechtfertigt, dem Südkurier Stimmung gegen eine Verlängerung der Fahrradstraße vorzuwerfen. Es ist leider in diesem Fall eine sehr selektive Berichterstattung des seemoz, denn zu einer vernünftigen Diskussion gehört es, pro und contra Argumenten Gehör zu verschaffen bzw. diese zu veröffentlichen.
Viele Grüße,
Matthias Schäfer (übrigens auch ein Befürworter der Fahrradstraße)