Herzklinik: Rätsel um den Notfalldienst
Wie fast alle Informationen, die wir zum Thema: Herzklinik Konstanz/Kreuzlingen (HNZB) veröffentlichen, beruht auch dieser Artikel auf Informationen aus dem Beschäftigten-Kreis. Mitarbeiter informieren uns, wir verifizieren deren Angaben und veröffentlichen sie erst nach gewissenhafter Prüfung. So auch diese: Die Antwort des Regierungsrates des Kantons Thurgau auf die Anfrage von SP-Kantonsrätin Barbara Kern nimmt es mit der Wahrheit wohl nicht so genau
Zunächst konzentrieren wir uns nur auf ein Beispiel, das uns zugetragen wurde, weitere werden folgen: Die Darstellung des Notfalldienstes sei schlicht falsch – es bestehe eben nicht „jeweils ein Notfallteam im Pikettdienst“, das „…sowohl das HNZB als auch das Herz-Zentrum Bodensee-Konstanz“ bedient. In Wahrheit gibt es nur ein Notfallteam, das entweder in Konstanz oder in Kreuzlingen tätig werden kann. Wenn, was mehrfach schon geschehen ist, gleichzeitig Notfälle beiderseits der Grenze auftreten, kann nur einer versorgt werden, der andere muss warten.
Konkret: Ein OP-Team besteht aus zwei Mitarbeitern (OP-Schwester bzw. OP-Pfleger), das zusammen mit dem herz- bzw. neurochirurgischen Facharzt und dem zusätzlich notwendigen Anästhesisten eine Operation durchführen kann – entweder in Konstanz oder in Kreuzlingen. Parallele Operationen sind nicht möglich – also z.B. auch nicht gleichzeitig eine Notfall-OP in der Herzchirurgie und Neurochirurgie in Kreuzlingen im Nacht – oder Wochenenddienst.
HNZB-Chef Costa als Ghostwriter?
Schon erstaunlich, dass weder der Regierungsrat des Kantons Thurgau noch die Revision der Krankenkassen auf beiden Seiten der Grenze auf diese Diskrepanz aufmerksam wurden. Jeder Dienstplan (verschiedene liegen seemoz vor) offenbart solche Unzulänglichkeit. Haben die Prüfer das etwa nicht überprüft und sich allein auf Aussagen des HNZB (Herz-Neuro-Zentrum Bodensee) verlassen? Warum haben die Prüfer nie die Ärzte und Pfleger in den Kliniken befragt? Und hat gar – das wird in Mitarbeiter-Kreisen vermutet – HNZB-Chef Costa selbst die Antwort des Thurgauer Regierungsrats formuliert? Manche Phrasen lassen darauf schließen, so das Beschäftigten-Team.
Auch bei der Antwort auf die Barbara-Kern-Frage nach der Verlegung von Patienten vom Katheder-Labor Kreuzlingen ins Katheder-Labor Konstanz (oder umgekehrt) sei nicht die Wahrheit gesagt worden. Solche Verlegungen erfolgen immer dann, wenn eines der beiden Labore belegt ist. Nur, so unsere Informanten, fehle dann im jeweils anderen Labor der Facharzt, eine ordnungsgemäße Behandlung sei gar nicht möglich. Auch hier zur Konkretisierung für uns Laien: In der Kardiologie gibt es auch nur ein Team im Pikettdienst, das für beide Kliniken zuständig ist: Ein Kardiologe und die entsprechenden Pfleger/Schwestern, die für den Herzkatheter und damit für die Behandlung von Herzinfarktpatienten benötigt werden. Selbst wenn ein Patient wegen Belegung eines Katheterlabors in die andere Klinik geschickt wird – der Herzinfarkt kann erst versorgt werden, wenn der Kardiologe mit seinen Leuten den ersten Patienten behandelt hat.
Kein Wort über die Anzeigen
Bleibt die Frage: Wie kommt angesichts solcher Ungereimtheiten der Regierungsrat des Kantons Thurgau in seiner Antwort vom 12. August zu der Einschätzung: „Das HNZB verfügt über einen Leistungsauftrag….. und erfüllt diesen vollumfänglich“. Und überhaupt, so der Regierungsrat weiter, beruhten die Angriffe gegen die Herzkliniken auf .„hauptsächlich medial vorgetragenen Vorwürfen“. Kein Wort zu den mittlerweile zahlreichen Anzeigen bei den Staatsanwaltschaften in Frauenfeld und Konstanz – dort wird allerdings, so scheint es, arg säumig mit diesen Anschuldigungen umgegangen.
Doch das ist ein anderes, weites Feld, das seemoz weiter beackern wird: Wo bleiben die Ergebnisse der staatsanwaltschaftlichen Untersuchungen? Und wer kennt wen aus dem Golfclub? Wo bleiben die Belege der kassenärztlichen Recherchen? Wohin sind die Privatdetektive abgetaucht, die doch vermeintlich so vernichtendes Beweismaterial beschafften? Und was wurde am Stammtisch in Berlingen geschwätzt?
Autor: hpk
Weiterer Text zum Thema:
20.06.2014: „Wie weiter mit dem Herz-Neuro-Zentrum?“
Pikettdienst:
Zur Erläuterung für mit dem Schweizer Sprachgebrauch nicht so Vertraute: Pikettdienst = Bereitschaftsdienst.