Wir haben unseren Preis

Mit dem „Konstanzer Konzilspreis. Preis für Europäische Begegnungen und Dialog“ will Konstanz auf lange Sicht unter die international beachteten Preisverleiher aufsteigen und seinen Namen alle zwei Jahre wieder in alle Welt tragen. Aber nicht allen Volksvertreterinnen und -vertretern im Konstanzer Gemeinderat schien dieses Vorhaben schlüssig

Ein bisschen Größenwahn wabert gelegentlich durch den Konstanzer Gemeinderat, insbesondere, wenn es um die weltgeschichtliche Bedeutung des Konzils geht („wichtigstes Ereignis des Mittelalters“). Ein wenig davon war auch bei der Debatte über den Konzilspreis zu spüren. Oberbürgermeister Uli Burchardt ist die Angelegenheit sichtlich ein Herzensanliegen, für ihn knüpft der Preis an die Bedeutung der Stadt für das Konzil an, das die Spaltung des Abendlandes beendete und für ihn „das wichtigste Ereignis in Baden-Württemberg seit 2000 Jahren“ ist. Der Preis soll von einem Kuratorium aus 40 Mitgliedern vergeben werden, Preisträger oder Preisträgerin soll ein berühmter Pate an die Seite gestellt werden, der auch die Laudatio hält.

Eine Preisverleihung als Marketingidee?

Ziel der Preisverleihung sind Eigenlob und Stadtmarketing: „Der Preis hält die Erinnerung an das Konstanzer Konzil über 2018 hinaus lebendig und führt die europäische Schwerpunktsetzung des Jubiläums fort. So wie das Konziljubiläum der Stadt Konstanz der Vielfalt der historischen Themen gerecht werden möchte, so will auch der Konzilspreis nicht nur einem Teilaspekt des Konzilsgeschehens verpflichtet sein. Indem er positive ebenso wie negative Momente des historischen Ereignisses aufgreift, vertritt er glaubwürdig sein eigenes Programm, nämlich solche Initiativen zu fördern, die der europäischen Idee als Begegnung und Austausch unterschiedlicher Kulturen, Perspektiven und Meinungen dienen.“

Der Preis soll mit 10.000 € dotiert werden und an Personen, Institutionen oder Initiativen verliehen werden, „die sich in besonderer Weise für ein Europa der Begegnung einsetzen, in besonderer Weise den interkulturellen Austausch in Europa fördern und einen substantiellen Beitrag zur Diskussion der Zukunftsfragen von Europa leisten. Im Fokus stehen vornehmlich Leistungen aus den Bereichen zivilgesellschaftliches Engagement, Wissenschaft, Kunst und Kultur, Politik und Wirtschaft.“

Auch vor offener Geschichtsklitterung schrecken die Väter und Mütter des Preises nicht zurück: „Das Konstanzer Konzil war geprägt vom kollektiven Willen zur Diskussion und Einigung über eine Verständigung über Sprach- und Glaubensgrenzen hinweg. Es dient daher als Symbol für die Lösung von Konflikten im Dialog.“ Der Oberbürgermeister will durch die Preisverleihung etwas von den Konzilfeierlichkeiten nachhaltig in die Zukunft hinüberretten und verspricht sich für diesen Preis über die Jahre europäisches Renommee.

Heftige Kritik am Konzilspreis

Diese rührselige Geschichte wollte Holger Reile (LLK) so nicht durchgehen lassen. „Aus Ihrer Vorlage tropft Pathos ohne Ende und auch die historische Einordnung ruft nicht nur bei Fachleuten heftiges Kopfschütteln hervor. Angeblich sei das damalige Konzil geprägt gewesen von – Zitat: „europäischer Gemeinsamkeit“ und man habe damals den „konziliaren Weg des Dialogs und der Begegnung“ beschritten – so der Text der beauftragten Werbeagentur. Mit Verlaub, das ist nichts anderes als eine teilweise Verdrehung der historischen Tatsachen und taugt kaum als Begründung für den Preis, der ja sogar nach internationaler Anerkennung giert. Vorrangig ging es damals um Machterhalt, um Geschäfte und um die Sicherung von Pfründen für einige wenige. Der große Rest, sprich die Normalbevölkerung, hatte nachweislich wenig davon. Und wer es wagte, die Dinge beim Namen zu nennen, landete bekanntlich auf dem Scheiterhaufen. So gesehen ist die angegebene Leitidee, Zitat: „Durch Begegnung und Verständigung Grenzen zu überwinden“ – ein ziemlich durchsichtiger Versuch, sich das Ganze im Nachhinein schönzureden.“

Bisher ist geplant, den Konzilspreis alle zwei Jahre zu vergeben und in den Zwischenjahren eine Auszeichnung, die an Jan Hus erinnert, zu verleihen. Reile schlug vor, den Konzilspreis komplett zu streichen und es bei der Hus-Auszeichnung zu belassen zur „Erinnerung an den Mut eines Einzelnen gegen staatliche und kirchliche Repression“. Anselm Venedey (FWK) liegt Jan Hus ebenfalls am Herzen, er sieht einen Hus-Preis für Gewissensfreiheit als ein deutliches Zeichen der Verständigung auch mit Osteuropa, will aber zusätzlich am Konzilspreis festhalten.

Die Verwaltung hat den Rat übergangen

Gisela Kusche (FGL) erboste mit Recht ein anderer Aspekt des Vorgehens der Verwaltung: Ruth Bader, die Geschäftsführerin des städtischen Eigenbetriebes Konzilstadt Konstanz, hat bereits Einladungen für die Präsentation des Preises und die erste Kuratoriumssitzung am 5. November verschickt (zu der angeblich auch der Bundespräsident erwartet wird), und dies, bevor der Gemeinderat überhaupt die Einrichtung des Preises beschlossen hat. Das ist in der Tat eine ausgemachte Dreistigkeit in einer Demokratie, in der bekanntlich das gewählte Stadtparlament und nicht die Verwaltung das Sagen hat.

Jürgen Ruff formulierte die Bedenken der SPD, der Preis werde ganz einfach angesichts der Vielzahl an Preisverleihungen untergehen. Er forderte, den Preis durch das Einwerben von Drittmitteln kostenneutral zu gestalten und kein städtisches Geld dafür auszugeben. Geplant ist, im Jahre 2018 eine Stiftung zu gründen, in die dann eine Million Euro fließen sollen, woher diese Summe erwartet wird, wurde allerdings nicht ganz klar, offenkundig hofft man auf großzügige Geber, wie sie eigentlich immer ausbleiben, wenn man sie braucht.

Hanna Binder (SPD) kritisierte, dass man sich über Inhalte des Preises bisher zu wenig Gedanken gemacht habe, und forderte, man müsse einen wirklich bekannten ersten Preisträger gewinnen. Am Ende stimmte die SPD in einer ihrer typischen Kippvolten, nachdem sie den Preis zuerst ausführlich kritisiert hatte, ihm dann aber doch zu. Es gab insgesamt 8 Gegenstimmen – von der Linken Liste, dem JFK und einigen Versprengten. Eine Mehrheit von 21 Stimmen beschloss allerdings, dass für die Preisverleihung keine städtischen Mittel ausgegeben werden dürfen, und immerhin rechnet man mit jährlichen Kosten zwischen 12 000 und 58 000 Euro.

Damit ist die Welt um einen Preis reicher, den nun wirklich niemand braucht.[modal id=“19250″ style=button color=default size=default][/modal]

Autor: O. Pugliese