Die etwas andere Erinnerung an Hans Robert Jauß

didiAm 19. November wird Gerd Zahners neues Stück über die SS-Vergangenheit des weltweit bekannten Konstanzer Literaturwissenschaftlers und Romanisten Hans Robert Jauß (1921-1997) im Audimax der Universität aufgeführt. Der renommierte und vielfach ausgezeichnete Regisseur, Drehbuchautor und Filmproduzent Didi Danquart (Teaserbild), ein gebürtiger Singener, führt Regie, der Schauspieler Luc Feit schlüpft in die Rolle von Jauß. seemoz hat sich mit Danquart unterhalten

Herr Danquart, Sie haben bei Gerd Zahners neuem Stück über Hans Robert Jauß, das am 19. November im Audimax der Universität präsentiert wird, die Regie übernommen. Was hat Sie dazu bewogen?

Der Mann, um den es in der Lesung geht, zählt ja zu den bekanntesten Vertretern der neuen Literaturgeschichte – und er war tief in den Nationalsozialismus verstrickt. Ich bin diesem Thema sehr aufgeschlossen, weil in meinen bisherigen Arbeiten das Schweigen über den Holocaust oft eine zentrale Rolle gespielt hat. Ich gehöre noch einer Generation an, die gegen dieses Vergessen aufgetreten ist. Heute noch leben Menschen, die für ihre Taten während dieser Zeit nicht büßen mussten und solche, die das Grauen mit Glück überlebt haben. Gerade habe ich in der Süddeutschen Zeitung gelesen, dass beispielsweise die SS-Wachmannschaft in Auschwitz über die Jahre hinweg mehrere Tausend Mitglieder hatte. Und nach dem Krieg wurden gerade mal 30 von denen verurteilt.

Wie man hört, regte sich schon im Vorfeld Widerstand gegen das Stück…..

Was mich wiederum ziemlich aufgeregt hat. Mehrere Bekannte von Gerd Zahner haben sich ja fast von ihm distanziert, darunter auch einige, die sich der 68-er Bewegung zugehörig fühlen, aber auch mit Jauß zu tun hatten. Von denen musste sich Zahner teilweise fragen lassen, warum er denn jetzt, nach so langer Zeit, in der Geschichte rumwühlt. Da wird’s für mich dann ganz heikel, wenn diese Leute von Jauß´ Nazivergangenheit nur deshalb nichts wissen wollen, weil er ihr Professor war. Also das war mit ein Grund, dass ich zugesagt habe, die Lesung zu machen. Für mich ist das auch eine Art solidarischer Beistand für den Autor, der in der Region wirklich einer ist, der unverzagt und auf seine Weise unbequeme Wahrheiten an die Öffentlichkeit bringt.

Wer ist bei der Lesung noch mit dabei?

Der Schauspieler Luc Feit übernimmt die Rolle von Jauß. Wir sind miteinander befreundet und er hat gleich zugesagt. Die Hintergrundmusik kommt von dem Freiburger Komponisten Cornelius Schwehr, der schon öfter für mich Filmmusiken geschrieben hat. Vielleicht illustriere ich das Stück noch mit einigen Bildern. Aber wenn überhaupt, dann karg, denn im Vordergrund steht natürlich der Text, der so etwas wie ein kurzes Innehalten ist, sozusagen ein Gedenken an den Holocaust. Das ist ja auch Zahners Intention. Ich denke, das wird ein sehr interessanter Abend.

Didi Danquart (geb. 1955 in Singen am Hohentwiel) ist ein deutscher Regisseur, Drehbuchautor und Filmproduzent. 1978 war er Mitbegründer der Freiburger Medienwerkstatt. Danquarts Kinofilm Viehjud Levi nach dem gleichnamigen Theaterstück von Thomas Strittmatter erhielt 1999 den Caligari-Filmpreis und den Preis des Bürgermeisters von Jerusalem. 2001 gründete Danquart in Karlsruhe gemeinsam mit Boris Michalski die eigene Produktionsfirma noir film. Sein Zwillingsbruder Pepe Danquart ist ebenfalls Regisseur.
Luc Feit (geb. 1962 in Luxemburg) ist ein bekannter Schauspieler. Nach seiner Ausbildung an der Staatlichen Schauspielschule in Stuttgart gab er sein Bühnendebüt an der Berliner Volksbühne. Feit spielte in Kinofilmen unter der Regie von Niklaus Schilling, Pol Cruchten und Andy Bausch. Er wirkte auch in mehr als 30 Fernsehfilmen mit, darunter „Der Tanz mit dem Teufel – Die Entführung des Richard Oetker“, aber auch in Krimiserien (Tatort/ Ein Fall für zwei, SK Kölsch oder Wolffs Revier).

Autor: H. Reile