Entscheidung über Gesundheitsverbund wieder offen
Am Montag schien noch alles in trockenen Tüchern – jetzt ist die Zukunft des Gesundheitsverbundes im Landkreis Konstanz wieder ungewiss: Nach der Entscheidung des Gemeinderates Singen, die Zustimmung zu einer „Klarstellungsvereinbarung“ aufzuschieben, bis ein neues Rechtsgutachten vorliegt, segeln die Kliniken in Konstanz, Singen (s. Foto), Engen und Radolfzell wieder in unsicherem Fahrwasser. Und auch die heutige Debatte im Konstanzer Gemeinderat dürfte davon betroffen sein
Auf der Kreistagssitzung am vergangenen Montag (seemoz berichtete) hatte man sich nach qualvoller Diskussion noch dazu durchgerungen, mithilfe von Zusatzvereinbarungen einen drohenden „Differenzhaftungsanspruch“ auszuschließen, der nach einer Neubewertung der Betriebsgesellschaften drohte. Nach der Entscheidung des Singener Gemeinderates vom Dienstag ist nun wieder alles anders. Denn wenn nur ein Gemeinderat, eine Fördergesellschaft (Singen) oder eine Stiftung (Konstanz) der „Klarstellungsvereinbarung“ nicht zustimmt, ist der Heilungsversuch gescheitert. Diese Entscheidung ist nun durch den Beschluss in Singen zwar nicht aufgehoben, aber aufgeschoben.
Zwei Abstimmungen – zwei Meinungen
Pikant an dem Votum aus Singen: Die Abstimmung erfolgte nahezu einstimmig. Das heißt: Zahlreiche Stadträte, die am Vortag als Kreisräte – vornehmlich aus Reihen von Grünen, CDU und SPD – dem Vorschlag des Landrats noch zugestimmt und gegen eine Verschiebung votiert hatten, gaben nun grünes Licht für den Aufschub. Pikant obendrein: Oberbürgermeister Bernd Häusler höchstpersönlich, auch er Kreisrat für die CDU, hatte mit einem neuen Beschlussvorschlag den Weg zu diesem Entschluss frei gemacht.
Dadurch sieht sich auch der Konstanzer Gemeinderat, der dieses Thema auf seiner heutigen Tagesordnung hat, vor einer neuen Situation: Egal, wie er abstimmt – die Entscheidung wird ohnehin ausgesetzt. Ein, wie man hört, von der LLK geplanter Antrag auf Verschiebung der Debatte – im Vorfeld, wie man auch hört, von den übrigen Fraktionen nicht mitgetragen – würde dann zum Selbstläufer.
Mehr als übliches Geplänkel
Dabei handelt es sich bei dem aktuellen Streit nicht um übliches Parteien-Geplänkel. Die Kritiker um Dieter Rühland (Kreisrat und Stadtrat für die Neue Linie Singen) fordern mehr Zeit für die parlamentarische Prüfung aus ihrer Sicht noch offener Fragen, wie beispielsweise: Hätten die Geschäftsführer Ott und Fischer nicht selbst den überhöhten Firmenwert infrage stellen müssen? Ist in den Unternehmen der Investitionsstau in die Bewertung eingeflossen? Wurden sämtliche Immobilien in den Unternehmenswert der Krankenhäuser übertragen? Fragen, die nicht nur die Wirtschaftsprüfer angehen, sondern auch Landrat Hämmerle als Aufsichtsratsvorsitzenden des Gesundheitsverbundes.
Frank Hämmerle bekundet gegenüber seemoz „Respekt für die Singener Entscheidung“ und hofft, dass „sehr bald, aber mindestens bis Weihnachten eine endgültige Entscheidung vorliegt.“ Denn „jeder Tag, den das Vertragswerk den Stempel ‚Entwurf‘ trägt, ist ein verlorener Tag für die sichere Zukunft unseres Verbundes.“
Der Landrat verstärkt damit den Druck auf die GemeinderätInnen in Konstanz. Und er fühlt sich bestätigt, weil die Gemeinderäte von Engen und Radolfzell zeitgleich mit Singen, aber anders als Singen, abstimmten: Sie votierten am Dienstag für die Zusatzvereinbarung zum Gründungsvertrag des Gesundheitsverbundes.[modal id=“19250″ style=button color=default size=default][/modal]
Autor: hpk
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18.11.2014: Giftiges Gezerre um Gesundheitsverbund
Ich streite als linker Journalist gegen jegliche Privatisierung in unserem Gesundheitswesen und werde das, lieber Michael, auch als Kreisrat der LINKEN tun. Nur geht es im aktuellen Streit um etwas anderes: Wer hat uns diese nun nur schwer heilbare Misere eingebrockt? Wer zieht die Konsequenzen? Und wie kann so eine Panne (?) zukünftig verhindert werden? Das abzuklären, braucht mehr als die zehn Tage, die man den örtlichen Parlamentariern zugestehen wollte
Da kann man Herrn MWirz nur zustimmen. Denen geht es nur um Rechthaberei. Um die wirklichen Probleme ihrer Klinik haben sie sich nie gekümmert; jedenfalls nicht im Sinne einer Problemlösung.
– es wird nie erwähnt, dass das Krankenhaus in Stühlingen – inklusive Immobilie, Grundstück und Inventar – ebenfalls zum Verbund gehört.
– Klar ist, dass es bei einer GmbH immer in die Verantwortung der Geschäftsführer fällt, den Wirtschaftsprüfern die richtigen Zahlen zu liefern: dies wird bei jedem (Jahres)Abschluss ausdrücklich festgestellt.
– Unklar ist, inwieweit die damalige Entscheidung, die jeweiligen Grundstücke und Gebäude nicht in die Bilanz der beiden Betriebsgesellschaften und damit in die Konzernbilanz hineinzunehmen, die jeweiligen Schulden allerdings schon, zwischenzeitlich geändert wurde. Das dürfte von den Wirtschaftsprüfern von vornherein als ein Ding der Unmöglichkeit angesprochen worden sein, weil damit von Anfang an eine Überschuldung damit Insolvenz vorgelegen hätte.
– Selbst wenn zwischenzeitlich die entsprechenden Anpassungen vorgenommen wurden, sieht es so aus, als würden die Schulden weit höher sein, als die Vermögenswerte (Nach meiner Erinnerung betrugen die Schulden HBH und Konstanz beim Zusammenschluss zirka 80 Millionen Euro) und, falls die Gesellschafter zusammen nicht um die 35 – 40 Millionen Euro aufbringen, dürfte, ähnlich wie bei einem anderen Fall in Singen, die Insolvenz drohen bzw. unabänderlich sein.
– Einmal mehr scheint sich zu beweisen, dass Politiker aller Couleur der Ansicht sind, dass ihr Durchsetzungswille gesellschaftsrechtlichen und betriebswirtschaftlichen Bedingungen überzuordnen ist.
Der Gesundheitsverbund stellt mE. eine wirkungsvolle Rückversicherung gegen eine sonst sicherlich drohende Privatisierungswelle der Krankenhäuser im Landkreis KN mit all seinen Folgen für die Arbeitnehmer und Patienten dar.
Daher ist es für mich erstaunlich, dass HPK für eine Vertagung stimmte, sich also nicht schützend vor den Gesundheitsverbund stellte, und damit den alten (und wieder neu erstandenen Gegnern), die Hand reichte. Netzhammer, Rüland und Konsorten war damals jedes Mittel recht, den aufkommenden Verbund zu sabotieren. Und eines ihrer Argumente war doch das ach so finanziell gesunde Krankenhaus Singen, das keine Partner braucht: So gesund war das Haus nicht, wie sich nun herausstellt und dennoch sind die Saboteure wieder am Werk: Eigentlich ein sehr durchschaubare Manöver ……