Das Denkmal der grauen Busse
Zwischen Januar 1940 und August 1941 wurden in Deutschland im Rahmen der sogenannten „Euthanasie-Aktion“ über 70 000 psychisch kranke und geistig behinderte Menschen umgebracht, weitere starben durch Hunger und schlechte Versorgung. An diese NS-Verbrechen erinnert das ZfP- Reichenau, denn auch von dort wurden 508 PatientInnen abtransportiert und anschließend ermordet
Insgesamt fielen mehr als 300 000 psychisch kranke und geistig behinderte Menschen dem nationalsozialistischen Terror zum Opfer. Obwohl die Aktion „Gnadentod“ zunächst unter Vorgabe strengster Geheimhaltung durchgeführt wurde, wussten schon bald alle an der Psychiatrie Tätigen und viele BürgerInnen Bescheid über den Massenmord.
Auch 508 PatientInnen aus der damaligen „Heil- und Pflegeanstalt bei Konstanz“, dem heutigen ZfP-Reichenau, wurden umgebracht. In grauen Omnibussen der „gemeinnützigen Krankentransportgesellschaft (GEKRAT) mit verblendeten Fenstern wurden die Kranken in die Vernichtungsanstalten Grafeneck bei Münsingen und Hadamar bei Heidelberg deportiert und noch am selben Tag in den Gaskammern ermordet. Ihre Leichname wurden verbrannt. Nach aktuellem Forschungsstand starben alleine in Grafeneck insgesamt 10 564 Menschen mit geistigen Behinderungen und psychischen Erkrankungen. Die meisten kamen aus dem heutigen Baden-Württemberg.
Der steinerne graue Bus vor Haus 1 auf dem Gelände des ZfP-Reichenau erinnert an diese Verbrechen. Er wurde bereits an vielen Standorten in Deutschland und Poznan in Polen aufgestellt. Damit trägt das mobile Denkmal die Erinnerung auch in andere Regionen, in denen ebenfalls Todestransporte stattfanden. Ein zweiter Bus steht an der ehemaligen Pforte des heutigen Zentrums für Psychiatrie Südwürttemberg in Weissenau bei Ravensburg. Das ZfP-Reichenau bietet zu diesem Thema in den kommenden Wochen und Monaten mehrere Veranstaltungen an.
Donnerstag, 18.12.2014 ab 16.30 Uhr, Vorlesungsraum 113, Haus 20: „Die Psychiatrie Reichenau in der Nachkriegszeit – Rückkehr in den psychiatrischen Alltag“. Ein Vortrag von Ralf Rosbach
Dienstag, 27.1.2015 ab 10.30 Uhr, Vorlesungsraum 113, Haus 20: Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus. „Die Euthanasie aus der Sicht eines Betroffenen“. Ein Vortrag von Dr.med. Gabriel Richter.
Mittwoch, 4.3.2015 ab 16.15 Uhr, Vorlesungsraum 113, Haus 20: „Erinnern und Gedenken- Wie begegnet man der nationalsozialistischen Psychiatrie?“ Ein Vortrag von Dr. med. Thomas Müller.
Ab März bis Mai 2015: „Was bleibt – Theaterprojekt zum Denkmal der grauen Busse“. Patienten, BewohnerInnen, Mitarbeiter und interessierte BürgerInnen sind eingeladen, sich mit dem Denkmal, seinem geschichtlichen Hintergrund und seiner Wirkung auseinanderzusetzen und Szenen zu entwickeln, die Ende Mai zum Ausstellungsabschluss der Öffentlichkeit präsentiert werden. Weitere Informationen und Anmeldungen: Caroline Renz – c.renz@zfp-reichenau.de oder telefonisch: 07531-977-580
Neben dem grauen Bus vor Haus 1 finden Besucher weitere Informationen zu historischen Zusammenhängen und bisherigen Ausstellungsorten des grauen Busses im Verwaltungsflur in Haus 1.[modal id=“19250″ style=button color=default size=default][/modal]
Autor: PM/hr/WP