„Des Fracking wänd mir idd“
seemoz meldete es bereits vor Monaten: Parkyn Energy hat ihre Aufsuchungslizenz am Bodensee zurückgegeben. Die Fracking-Gegner vom Bodensee können sich diesen Erfolg auf die Fahnen schreiben. Aber sie jubeln nicht: Neue Lizenzen werden derzeit vergeben. Und in Berlin bereitet die Bundesregierung ein laxes Verbot mit vielen Hintertürchen vor
Es ist viel passiert, seit Anne Waibel mit ihren Mitstreiterinnen mit Treckern und Tretbooten für ein Verbot von Fracking getrommelt hat. Kulisse war der Bodensee und die Umweltministerkonferenz, die sich in Konstanz zusammensetzte. Das war im Mai 2014 (seemoz berichtete), und seitdem hat die Aktivistin vom BUND Pfullendorf einen Global frackdown mit Traktoren organisiert oder eine Tour de Frackle, um auf das entschiedene Nein zur Risikitechnologie in der Bodenseeregion aufmerksam zu machen. „Wir wollen ein striktes Verbot“, sagt Anne Waibel, „und kein windelweiches Gesetz, das viele Hintertürchen offen lässt.“ Und genau das tut in ihren Augen der Gesetzentwurf der Bundesumweltministerin, der seit Ende November in Berlin diskutiert wird.
Unterstützung bekommen die Fracking-Kritiker vom Verband Deutscher Mineralbrunnen, dessen Geschäftsführer Stefan Seip den Gesetzentwurf für untragbar hält. Der sehe lediglich ein Verbot in ausgewiesenen Wasser- und Heilquellenschutzgebieten vor. „Doch über 90 Prozent der deutschen Mineral- und Heilquellen liegen außerhalb dieser Gebiete“, so Seip in einer Pressemitteilung vom Dezember, und er fordert ein striktes Verbot.
Auch das Stuttgarter Umweltministerium ist unzufrieden
Auch im baden-württembergische Umweltministerium ist man mit dem Vorstoß der Bundesregierung unzufrieden. Umweltminister Franz Untersteller bezeichnete den Entwurf der Berliner Kollegin Barbara Hendricks als „reine Symbolgesetzgebung“. Ein wirkliches Verbot hätte im Bundesbergrecht verankert werden müssen. Dafür hatte sich die Konferenz der Landesumweltminister im Mai in Konstanz ausgesprochen. Doch da wage sich die Bundesregierung offensichtlich nicht ran.
Die Unzufriedenheit in Politik, Wirtschaft und in der Bevölkerung wächst. Und der Fracking-Boom erhält Dämpfer. Am 18. Dezember hat der Gouverneur Andrew Cuomo verkündet, dass er die unkonventionelle Gasförderung im US-Bundesstaat New York verbieten will. Es wäre damit der erste US-Bundesstaat mit größerem Vorkommen, der diesen Schritt wagt. Cuomo begründet die Entscheidung mit den gesundheitlichen Risiken für die Bevölkerung.
Neue Fracking-Anträge sind eingegangen
Und auch am Bodensee scheint der Widerstand erste Auswirkungen zu haben. Die Firma Parkyn Energy hat ihre Aufsuchungserlaubnis für die Felder Konstanz und Biberach Anfang November zurückgegeben. Grund sei die „unklare“ politische Lage für Fracking in Deutschland, heißt es in einer Pressemitteilung. Doch schon klopfen andere Interessenten an. Anne Waibel weiß von zwei neuen Anträgen, die beim Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau in Freiburg eingegangen sind. Und deshalb wollen sie am Bodensee erst Ruhe geben, wenn ganz Deutschland frackingfrei ist.
Und so haben die Kämpfer vom Bodensee Anfang Dezember alle Bundestagsabgeordneten angeschrieben. Sie fordern die Volksvertreter auf, im Februar nächsten Jahres den Gesetzentwurf der Bundesregierung abzulehnen. „Wir wollen die Energiewende“, sagt Anne Waibel. Und die, davon ist sie überzeugt, werde nur erfolgreich sein ohne die risikoreiche, umweltzerstörerische Technologie. Die BUND-Frau aus Pfullendorf bekräftigt ihre Unbeugsamkeit mit einem Demospruch der oberschwäbischen Aktivisten: „Des Fracking wänd mir idd, hier beissed ihr auf Granit.“ Und sie meint damit nicht nur die Bodenseeregion.[modal id=“19250″ style=button color=default size=default][/modal]
Autorin: Susanne Stiefel ( www.kontextwochenzeitung.de)
Weitere Texte zum Thema:
04.11.2014: Fracking-Firma zieht sich vom Bodensee zurück
27.06.2014: Anti-Fracking-Initiative aus Konstanz und Singen
09.05.2014: 500 Menschen gegen TTIP und Fracking
Seemoz sieht die Anti-Fracking-Bewegung positiv und aus der Sicht der Basis – das ist o.k – obwohl wir mittlerweile alle wissen, dass die Politik zu keiner Zeit die Absicht hatte Fracking zu verbieten. Der Gesetzesentwurf der Regierung entspricht ungefähr den Vorgaben die der grüne Umweltminister aus Niedersachsen schon vor einem Jahr vorgegeben hat. Darin wird bereits das Märchen vom bösen US-fracking und vom guten deutschen fracking verbreitet. Jetzt wird geheuchelt und schöngeredet. Wenn sich wenigstens einer hinstellen würde und sagen: wir wollen uns die fracking-Option aus Gründen der Energiepolitik nicht verschließen. Nein – da wird lieber taktiert. Aber das nennt man wohl Regierungsfähigkeit.