„Sklaverei ist überall“
Wolfram Mehring freut sich riesig auf die Premiere von „El Cimarron“ am kommenden Samstag in der Werkstatt des Konstanzer Theaters. Der international erfahrene Regisseur, Schauspieler und Autor, zuletzt für „Dantons Tod“ am Stadttheater verantwortlich, sieht in dem cubanischen Roman von Barnet Lanza, den er selbst dramatisiert hat, ein „Stück gegen die Versklavung, denn jedes Leben ist Versklavung“. Da trifft es sich gut, dass Ramses Alfa die einzige Rolle übernommen hat
Der Regisseur und Schauspieler aus Togo ist in Konstanz kein Unbekannter – schon 2013 wirkte er in „Pinocchio“ mit und in seiner Heimat brachte er „Warten auf Godot“ mit einem togolesisch-deutschen Ensemble auf die Bühne. Nun spielt er den entlaufenen Sklaven „Cimarron“ auf der Werkstatt-Bühne.
Die Geschichte ist schnell erzählt: Wie Hunderte andere flieht Esteban Montejo in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts von der Zuckerrohrplantage, wo er zeitlebens als Sklave vegetierte, in die Sierra Madre – im Urwald lebt er endlich als freier Mensch. Hier findet er in zahlreichen Rückblenden zu sich selbst. Seine Einkehr wird derart lebensbestimmend, dass er selbst nach Aufhebung der Sklaverei auf Cuba nicht in die Zivilisation zurückkehrt, denn nur die Umstände haben sich geändert, nicht die Verhaltensweisen der ehemaligen Herren, die auch die neuen Herren sind.
Der Roman, auf dem das Ein-Personen-Stück fußt, erschien 1966, sechs Jahre nach dem Sieg der Castro-Revolution auf Cuba. Und Adrian Herrmann, der die Dramaturgie übernommen hat, ist beim Pressegespräch das Unbehagen anzumerken, wenn er vor allzu großem revolutionären Elan des Stückes warnt und den einen oder anderen kommunistischen Gedanken zwischen den Zeilen wittert. Doch für Mehring ist das kein Problem: „Es geht um die Selbstbefreiung, es geht um die Abschaffung der Sklaverei, die unser aller Leben bestimmt“.
Das Ein-Stunden-Stück feiert am Samstag, 24. Januar, um 20 Uhr Premiere. Und man darf gespannt sein, wie dieses neue Kapitel der internationalen Kooperation am Stadttheater Konstanz funktioniert. Immerhin werden uns elektronische Übersetzungshilfen erspart bleiben: Nach seinen langen Erfahrungen mit deutschen Theatern spricht Hauptdarsteller Alfa hervorragend deutsch.[modal id=“19250″ style=button color=default size=default][/modal]
Autor: hpk
Weitere Aufführungen, jeweils um 20 Uhr: 27.1./30.1./4.2./7.2./11.2./14.2./ 18.2./20.2./23.2./26.2.
Sehr geehrter Herr Koch,
natürlich weiß man, wenn man vom Theater kommt, dass Eigen- und Fremdwahrnehmung immer differiert, mitunter auch konträr sein kann. Erstaunt bin ich dennoch nicht wenig über das „Unbehagen“, das Sie mir hier attestieren. Nun haben Sie mich durchaus richtig verstanden: Wer die Inszenierung als theatrales kommunistisches Manifest erwartet, wird wohl enttäuscht werden – es geht um mehr als das, als die Inszenierung in erster Linie individuelle Freiheit verhandelt und diese in den Mittelpunkt stellt. Ein Thema, das übrigens für Wolfram Mehring seit Jahrzehnten als treibende Kraft hinter allen seinen Regiearbeiten steht.
Hier unterscheidet sich die Inszenierung, und eben das war mir wichtig zu betonen, auch von der Vorlage Miguel Barnets, die tatsächlich eine permanente, subkutane bis offen liegende politische Färbung aufweist. Dazu muss man sie aber nur lesen – wittern muss man da nichts, es sei denn, man ist ein Jagdhund.
Und, bitte vertrauen Sie mir da, mir bereitet durchaus so manches Unbehagen, ein Buch dieser Güte oder politischen Ausrichtung aber gehört definitiv nicht dazu.
Ihr Adrian Herrmann