„Das Berchengebiet muss weiter gefördert werden“
Droht das Aus für das Projekt „Soziale Stadt“ im Konstanzer Berchengebiet? Der Bundestag hat vor wenigen Tagen beschlossen, die Fördermittel empfindlich zu kürzen. Wie weit ist davon die Sozialarbeit in dem Problem-Stadtteil betroffen? seemoz sprach mit Luigi Pantisano, dem Quartiersmanager im Berchengebiet. Seine Botschaft: „Das Berchengebiet muss weiter gefördert werden“.
Durch die Beschlüsse des Bundestags wird nicht nur das Fördervolumen des Sanierungsprogramms um annähernd drei Viertel auf 28 Millionen Euro bundesweit gekürzt. Die verfügbaren Gelder sollen künftig auch nur noch für Baumaßnahmen verwendet werden. Dabei ist die “Soziale Stadt” vor allem deshalb so erfolgreich, weil das Programm bauliche und sozial-integrative Projekte miteinander verbindet und die Bewohner und Bewohnerinnen an der direkten Gestaltung ihres Lebensumfelds beteiligt (s. Seemoz v. 26.11.). Die Schnittstelle zwischen baulicher Planung und sozialer Hilfe stellt der Quartiersmanager dar – im Konstanzer Berchengebiet ist das Luigi Pantisano, 31 Jahre alt, Stadtplaner, Architekt und Lehrbauftragter an der Konstanzer HTWG, der selbstbewusst zu seinem Migrationshintergund steht.
Sind Sie schon arbeitslos?
Nein. Ich habe einen Zeitvertrag mit einem Stuttgarter Planungsbüro, das im Berchengebiet das Projekt „Soziale Stadt“ betreut. Mein Vertrag läuft im Februar 2012 aus – bis dahin mindestens bleibe ich Konstanz und meiner Aufgabe, die ich seit fast zwei Jahren mit einigem Erfolg erfülle, verbunden. Dennoch: Die Kürzungsabsichten der Bundesregierung sind natürlich fatal für Problemzonen wie das Berchengebiet.
Allerdings ist das Berchengebiet kein sozialer Brennpunkt, wie es sie in Berlin, Hamburg oder Bremen zuhauf gibt. Trotzdem würde die Sozialarbeit in dem Konstanzer Stadtteil empfindlich unter den Sparbeschlüssen leiden.
Die acht bis zehn SozialarbeiterInnen, die neben mir im Berchengebiet arbeiten, machen eine ganz tolle Arbeit. Schauen Sie sich nur einmal die Projekte an, die in jüngster Zeit angeschoben wurden: Da gibt es Sprachkurse und Gesprächskreise für MigrantInnen, das „Rucksack- Projekt“ bietet Lernhilfen für Kinder an, es hat sich ein Verein ‚Nachbarschaftsgärtner Bodensee‘ gegründet, wir organisieren Flohmärkte und Quartiersfeste, wir arbeiten an der Erweiterung des Bolzplatzes und an einem neuen Fußweg im ‚Grünen Bogen‘. Vom Jugendtreff oder dem neuen Info-Kalender, den wir herausgeben, ganz zu schweigen. Alles Projekte, an denen die Menschen im Stadtteil intensiv mitarbeiten, die aber auch ihrer Integration nützen. Alles Projekte, deren Finanzierung in Zukunft womöglich gefährdet ist. Weil die Zuschüsse des Bundes wegfallen und die Anschubfinanzierung von Kirchengemeinden oder der Stadt dann nicht mehr ausreichen.
Zahlt sich Ihre Arbeit denn aus? Oder sind solche Projekte nur Augenwischerei, die von den wahren Problemen ablenken?
Es gibt wissenschaftliche Untersuchungen, die belegen, dass sich jeder finanzierte Euro achtfach auszahlt. Das heißt: Pro Euro staatlicher Unterstützung werden nochmals acht Euro von privater Seite investiert – in Konstanz ist das zum Beispiel die Wohnungsbaugesellschaft Wobak. In einem gesunden Stadtteil lohnen solche Investitionen. Und das Berchengebiet ist nach Jahren intensiver Arbeit wieder ein gesunder Stadtteil. Wie ja auch die Neubauten des Einzelhandels belegen. Offensichtlich lohnen solche Investitionen.
Ihr Büro in der Allensteiner Straße 1b ist so etwas wie eine Institution im Stadtteil…
…und auch so etwas wie ein Kummerkasten. Zwei aktuelle Beispiele: Über Halloween gab es einen Nachbarschaftsstreit, weil Kinder mit Farbbeuteln geworfen hatten – die Betroffenen kommen zu mir und ich versuche zu schlichten. Oder: Mit dem neuen Einkaufsmarkt an der Riedstraße gibt es Probleme – es fehlt ein Zebrastreifen, der gerade älteren Mitbürgern den Straßenübergang erleichtern würde, und es gibt eine Mauer, die Rechtsabbiegern die Sicht versperrt und womöglich spielende Kinder gefährdet. Mit dem Stadtplanungsamt suchen wir nach Lösungen, die den Bewohnern des Stadtteils schnell und unmittelbar helfen.
Das alles zeigt: Das Berchengebiet braucht weiter solche Förderung?
Unbedingt. Eine Eingrenzung der Bundesmittel nur auf Baumaßnahmen wäre, und das sage ich als Stadtplaner, höchst fatal. Wir brauchen weiterhin solche Hilfe von Sozialarbeitern für städtische Problemzonen. Sonst wäre die gute Arbeit der vergangenen Jahre vergebens. Schauen Sie sich doch nur einmal an, was aus dem Berchengebiet im Vergleich von vor nur zehn Jahren geworden ist. Es gibt keine Randale mehr, kaum noch Ausschreitungen von Jugendlichen. Das muss bewahrt werden. Das muss leider auch bezahlt werden.
Autor: Hans-Peter Koch
Mich würde schon sehr interessieren, was denn so schlecht ist am Quartier Berchen-Öhmdwiesen? Vielleicht würde es uns hier vor Ort mehr helfen, wenn wir eine konstruktive Kritik bekommen und man uns nicht einfach nur Gegröle entgegenbringt.
Leider ist es in den letzten Jahren dazu gekommen, dass dieses Quartier einen schlechten Ruf hat, vor allem weil irgendwelche negativen Dinge behauptet werden, die nicht stimmen – oder es wird wie im Vorgängerbeitrag pauschal alles schlechtgeredet, obwohl „man“ meist selber noch nie im Quartier war.
Ich haße diese Gegend und will nur RRRAAAAUUUUSSSS!!!!!