Offener Brief an den Vorstand des BUND Konstanz
Es brodelt immer noch bei NABU und BUND. Die Tägermoos-Fällaktion hat mehr Menschen aufgeregt und wohl nachhaltig verunsichert als manchen Funktionären recht sein kann. Das zumindest lässt sich aus einem Offenen Brief eines BUND-Mitgliedes an seine Vereinsoberen herauslesen. Ausdrücklich werden in dem Brief – s. Wortlaut im Anschluss – nicht die Hauptamtlichen, sondern die ehrenamtlichen Vorstandsmitglieder angesprochen
„Mit dem Erscheinen der für die Stadt Konstanz erstellten ›Machbarkeitsstudie zur Entwicklung von Auenwäldern im Gewann Tägermoos‹ durch den AGBU war den Umweltverbänden bekannt, dass in dem Gebiet gravierende Veränderungen geplant sind. Bereits in dieser Studie ist die Allee unter ›Defizite‹ aufgeführt: ›… Jedoch stellen die Hybrid-Pappeln, die als Allee den Uferweg säumen, ein besonderes Problem dar. Die Pappeln sind überaltert und verlieren bei Sturm größere Äste … Es wird davon ausgegangen, dass in den nächsten 5 Jahren alle Hybrid-Pappeln ersetzt werden müssen… Es muss hierbei entschieden werden, ob man die Pappeln großflächig heraus holt (z. B. für Pellets-Herstellung) oder ob man die Bäume durch Beringelung nur absterben lässt …‹.
Diese Studie ist im Nov. 2009 erschienen. Die Maßnahmen waren also seit sechs Jahren bekannt und wurden mit dem Argument ›Ersetzen von ökologisch minderwertigen Hybridpappeln‹ argumentativ der Stadt angetragen. Wie können die Umweltverbände heute behaupten, sie wären von den Fällmaßnahmen zu spät informiert und völlig überrascht worden? Noch in der gemeinsamen Stellungnahme von NABU und BUND Konstanz zur geplanten Pappelfällung im Tägermoos vom 21. Januar 2015 klingt es so: ›Da die vorhandenen Hybridpappeln der Allee ihr Altersstadium erreicht haben und somit der Totholzanteil überproportional ansteigt, ist es nun an der Zeit, ein neues Konzept zu verfolgen und zeitnah mit der Umsetzung zu beginnen‹.
Die Umweltverbände haben also seit 2009 das Konzept verfolgt, eine angeblich ökologisch minderwertige Hybridpappel-Allee (siehe hierzu: http://umverka.de/hefte/heft205/pappeln.html) durch die Wiederherstellung einer Art ›musealen‹ Natur der Nacheiszeit zu ersetzten. Diesen Aspekt hat die Stadt aufgegriffen und neben dem Sicherheitsaspekt als Argument für die Beseitigung der Allee sich zu Eigen gemacht, wie auf der letzten TUA-Sitzung mehrfach betont wurde.
Wären die Umweltverbände auf deutscher Seite also nicht Wegbereiter gewesen der geschaffenen Situation – hätte der Protest gegen eine der größten Umweltzerstörungen der letzten Jahrzehnte im Stadtgebiet nicht primär von ihnen ausgehen müssen? Wäre jetzt nicht der Zeitpunkt, eine offensichtlich falsche Einschätzung über Vitalität, Standsicherheit, Lebenserwartung und ökologischen Wert der Allee einzugestehen?
Beklagenswert ist doch in erster Linie die Zerstörung eines seltenen, völlig intakten Begegnungsraumes von Natur und Mensch! Wenn dann noch ein geschäftsführendes BUND-Vorstandsmitglied öffentlich erklärt (geschehen am 28 02 15 im Tägermoos), es wäre völlig bedeutungslos, ob jetzt wegen ein paar Bäumen 50 Mitglieder aus dem Verein austreten oder nicht, es gäbe dann immer noch genug, muss gefragt werden: Was für eine Grundhaltung hat sich bei manchen Funktionären breitgemacht? Wo sind die ursprünglichen Ziele des Umwelt- und Naturschutzes in der Region geblieben, wo bleibt der Respekt gegenüber den engagierten Mitgliedern? Ganz offensichtlich steht hier die Absicherung des eigenen Postens samt eitler medienwirksamer Aufmerksamkeit im Vordergrund.
Wenn die Verbände mit ihren wichtigen Aufgaben auch in Zukunft Anwalt des Natur- und Umweltschutz in der Region sein möchten, wird dies sicherlich nicht ohne personellen Neuanfang an deren Spitze glaubwürdig möglich sein.“[modal id=“19250″ style=button color=default size=default][/modal]
Es grüßt Euch
Lutz E. Krause
Die Planung war vor allem weitsichtig, denn in einem botanisch überschaubaren Zeitraum sind die Hybridpappeln schlicht und einfach „fällig“
Über das Zeitfenster kann man durchaus streiten, da alle Bäume ungefähr gleich alt sind ist es begrenzt. Und da wir nicht über eine beliebige Rheinaue sondern über eine zu jeder Jahreszeit stark freizeitgenutzte Allee sprechen, kann man nicht warten bis die Bäume von alleine morsch werden.
Dazu gibt es Bannwälder wie jener neben der Uni- betreten erlaubt !
Es ist richtig, eine junge Schwarzpappel ist ökologisch weniger interessant als als eine alte Hybride. Aber das ist nur eine kurze Momentaufnahme in der natürlichen Sukzessionsfolge
Wenn man die Argumentation der deutschen Naturschutzverbände liest, könnte man meinen, die Hybrid-Pappel-Allee sei für die Natur eine Störung im Range einer Autobahn und der Einsatz für sie ein ökologischer Sündenfall.
Noch mal im Klartext: Es sind im Tägermoos wertvolle, gesunde CO2-Vernichter geschlagen worden, die aufgrund ihres Alters ökologisch interessanter sind als eine junge Schwarzpappel. Wie nachhaltig und ökologisch ist das denn?
Und: Warum sind die Schweizer Verbände so viel lockerer in Bezug auf eine Koexistenz von Allee und Naturschutzgebiet?
Hallo Herr Krause,
danke für ihren Link,
http://umverka.de/hefte/heft205/pappeln.html
enthält er doch die für den Naturschutz wichtigen botanischen Randbedingungen:
… das die Hybridpappeln in der Ökologie den 3. Platz hinter den Schwarzpappeln einehmen,
….die Schwarzpappeln eine im Aussterben begriffene einheimische Art sind,
….. dass das natürlich erreichbare Alter der Hybridpappel bis zu 130 Jahren beträgt.
Besser kann man es nicht sagen, lieber Lutz! Die Folgerung aus dem, was Du den Mitgliedern des Konstanzer BUND hier mitteilen möchtest, lautet für mich: Der BUND muss jetzt ganz schnell eine Mitgliederversammlung einberufen und seine Probleme selber klären. Die Zeit, wo er die Schuld bei anderen suchte und die Zeit, wo er gebetsmühlenartig die gleichen Statements abgibt, sollte zu Ende sein. Sollen sich die Mitglieder auf einer Versammlung und in einer offenen Diskussion damit beschäftigen, wie sie zu dieser prächtigen Allee, wie sie zu dem Vorgehen ihrer Führung in dieser wichtigen Frage stehen und wie sie weiter machen wollen. Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende!