Neuer Zoff um die Sperrstunde?
90 Lokale gibt es in der Konstanzer Altstadt. Und die müssen viel zu früh schließen, findet das Junge Forum Konstanz: Unter der Woche um drei Uhr, am Wochende um fünf Uhr sollte zukünftig erst Schluss sein in Kneipen, Weinstuben und Lokalen, finden die JFKler – heute Thema im Gemeinderat. Doch nicht nur Anwohner, auch Wirte sind da skeptisch: Man fürchtet um die Ruhe im Wohnquartier und um den Frieden mit den Nachbarn
HP Kratzer, stadtbekannter Wirt im Niederburger „Weinteufele“, fände eine Lockerung der Sperrstunde zwar in Ordnung, fürchtet aber um den lieben Frieden mit den Nachbarn. „Die vielen Alteingesessenen würden Sturm laufen – den Streit möchte ich nicht“. So sehen es viele der Altstadt-Wirte: „Sollen die Studies doch bis zum Morgen in die Diskos ziehen – wir kommen gut mit der wöchentlichen Sperrstunde um 1 Uhr aus“, meint ein Münsterplatz-Wirt, der nicht genannt sein will, und weist auf die menschenleeren Gassen an einem Donnerstag Abend.
Ein anderer Wirt hat die Kosten im Blick: „Verlängerte Öffnungszeiten bedeuten auch höhere Kosten, die womöglich auf die Gäste umgelegt werden müssten. Ob die aber bereit sind, noch mehr fürs Viertele oder das Bier zu zahlen, bezweifele ich.“
Tatsächlich sind die Öffnungszeiten in Konstanzer Altstadt-Kneipen eher untypisch, wie ein landesweiter Vergleich zeigt:
So – Do | Fr/Sa | Sa/So | |
Land Baden-Württemberg | 03.00 | 05.00 | 05.00 |
Konstanz – Ortsteile | 02.00 | 03.00 | 03.00 |
Konstanz – rechtsrheinisches Stadtgebiet | 02.00 | 03.00 | 03.00 |
Konstanz – linksrheinisches Stadtgebiet | 01.00 | 02.00 | 03.00 |
Konstanz – linksrheinisches Hafenareal | 03.00 | 03.00 | 03.00 |
Dass in einer Studenten- und Touristenstadt wie Konstanz über Sperrstunden immer und immer kontrovers diskutiert wird, ist sowohl der Stadtverwaltung als auch dem Jungen Forum klar. Die Antragsteller plädieren darum auch für eine einjährige Probezeit, nach der dann endgültig entschieden werden soll. Und die Stadtverwaltung verweist auf die große Zahl von Ausnahmen, die regelmäßig ohnehin genehmigt würden – für Großveranstaltungen wie das Seenachtsfest zum Beispiel, aber auch für private Feiern.
Feierfreunde gegen Frühschläfer – dieser Zwist wird ohne Zoff nie aufzulösen sein. Dennoch täte allen Beteiligten ein wenig Langmut gut: Wer neu an den Fischmarkt zieht, weiß, was ihn erwartet. Und andererseits: Kein Wirt ist gezwungen, bis zum Ende der erlaubten Öffnungszeit zu öffnen. Also bitte keinen populistischen Streit um die Bierkrone – es gibt wahrlich Wichtigeres, um das sich zu streiten lohnt in dieser Stadt.[modal id=“19250″ style=button color=default size=default][/modal]
Autor: hpk
Natürlich gibt es wie immer Pro und Kontra, aber die Aussage(Zitat Studierendenwerk): „Die Studenten erlebten durch die Sperrzeitenregelung eine Verminderung der Lebensqualität der ca. 16000 Studierenden in Konstanz.“ – ist schon sehr dick aufgetragen. Von der „Lebensqualität“ des täglich arbeitenden Teils der hier lebenden Bevölkerung in der inzwischen durch „zu viel von Allem“ überforderten Stadt mal abgesehen: Ist es nicht traurig, dass die „Lebensqualität“ junger Studierenden von einer wöchentlichen Sperrzeitverkürzung um 15 Stunden abhängt? Wer hier studiert, hat sich sicherlich zuvor informiert und weiß, dass ihn hier „finsterstes Mittelalter“ erwartet, es sei denn, er ist auf die vollmundigen Ansagen „weltoffen, tolerant, lebendig“ etc. hereingefallen, diese „Lebendigkeit“ bezieht sich nämlich auf die täglichen Menschenmassen und das steigende Verkehrschaos. Konstanz ist nach wie vor eine provinzielle Kleinstadt, auch wenn die SV und unterstützende Gemeinderäte dies nicht wahrhaben wollen, inzwischen leider komplett aus dem Gleichgewicht. Das Misstrauen ist groß, viele BürgerInnen haben nicht unbedingt gute Erfahrungen mit Nachtschwärmern gesammelt: gegenseitige Toleranz, Verständnis und Rücksichtnahme sind die einzige Möglichkeit, gut neben- oder besser miteinander zu leben. In dieser Situation einen von allen akzeptierten Kompromiss zu finden, ist wahrlich nicht einfach.