620 000 Euro für eine Oper?

Im Betriebsausschuss Konzilstadt Konstanz wird morgen über die Aufführung einer Oper diskutiert, die  620 000 Euro kosten soll. Ein gewagtes, für manche auch ein „ unverhältnismäßiges“ oder gar „irres“ Vorhaben, das die Wertigkeitsdebatte im Bereich Kultur befeuern wird

Schon vor Monaten wurde eine Aufführung der Oper La Juive von Jacques Fromental Halevy im kleinen Kreis erörtert. Klar war damals schon, dass hier Kosten anfallen würden, die den üblichen Rahmen sprengen. Nun steht die Inszenierung, geplant für 2017, auf der Tagesordnung des Betriebsauschusses. Die Verwaltung schlägt dem Ausschuss vor, die Südwestdeutsche Philharmonie und die Konzilstadt Konstanz zu beauftragen, an dem Projekt weiter zu arbeiten und es „im Rahmen des Konziljubiläums zur Aufführung“ zu bringen.

Die Altstadt soll als Kulisse dienen, „die ganze Stadt werde zum „Klang- und Erlebnisraum“ und zudem erhofft man sich „international Aufmerksamkeit“. Die Gesamtkosten (künstlerische Honorare, zusätzliche Personalkosten, Technik und Marketing) sind mit 620 000 Euro beziffert. Finanzieren will man das Spektakel überwiegend mit Mitteln aus der Baden-Württemberg Stiftung (200 000 Euro) und aus dem Budget der Konzilstadt (ebenfalls 200 000 Euro). Der Rest soll über Sponsoring und Eintrittsgelder erwirtschaftet werden.

Die Handlung der Oper La Juive („Die Jüdin“) spielt in Konstanz zur Zeit des Konzils 1414. Die  darin erzählte Geschichte thematisiert den Konflikt zwischen jüdischer und christlicher Religion. Uraufgeführt wurde das Werk 1835 in Paris und hielt sich dort rund 60 Jahre lang auf dem Spielplan. Von dort verschwand es ab 1933, als die Nationalsozialisten die Macht übernahmen, denn der Komponist Fromental Halevy war Jude. Erst ab 1999 wurde La Juive wieder aufgeführt, unter anderem in New York, Tel Aviv, Zürich und Stuttgart.

Konstanz würde sich nun allzu gerne dazugesellen in die Reihe dieser illustren Spielstätten. Sollte der Ausschuss tatsächlich der Meinung sein, das Projekt voranzutreiben, wird er sich warm anziehen müssen. Gerade im kulturellen Bereich wird oft heftig über kleine Beträge gestritten, die im Vergleich zu den Kosten für die gewünschte Oper wie Peanuts daherkommen. Viele kulturelle Initiativen in unserer Stadt sind finanziell auf Kante genäht und kämpfen Jahr für Jahr um ihre Existenz. Kann und darf man es sich da erlauben, für die sogenannte Hochkultur erneut Summen in die Hand zu nehmen, von denen andere nicht mal im Ansatz träumen können? Ist es nicht eher unsere vorrangige Aufgabe, das zu erhalten und zu pflegen, was bereits existiert? Die Debatte darüber kauert längst in den Startlöchern. Und sie muss jetzt endlich auch geführt werden.[modal id=“19250″ style=button color=default size=default][/modal]

Autor: H. Reile