Erzbischof, Erzantisemit, Ehrenbürger

seemoz-Erzbischof_Conrad_GröberIm Juni 2014 wurden in der Konstanzer Conrad-Gröber-Straße drei „Stolpersteine“ für Mitglieder der jüdischen Familie Picard verlegt. Sie überlebten Judenverfolgung und Naziterror durch ihre Flucht in die USA. Es ist eine makabre Ironie der Geschichte, dass die Straße ihres letzten selbst gewählten Wohnorts in Konstanz noch immer nach einem Erzantisemiten benannt ist

Im „Hirtenbrief“ zum Karfreitag 1939 schrieb Erzbischof Gröber über Juden: „Sie lechzten nach schauerlichem Nervenkitzel und Blut. … Er [Christus] wird verraten mit dem Zeichen der überschäumenden Liebe, mit einem schmatzenden Kuß der schmutzigen Judaslippen. … alles Mitgefühl der Juden ist in barbarischer Rohheit erstickt. Die Bestie hat Menschenblut gerochen und will ihren wildbrennenden Durst daran löschen. . . über Jerusalem gellt indessen der wahnsinnige, aber wahrsagende Selbstfluch der Juden: ,Sein Blut komme über uns und unsere Kinder!‘ Der Fluch hat sich furchtbar erfüllt. Bis auf den heute laufenden Tag.“

Der im Volksmund als „Brauner Conrad“ bekannte Erzbischof Gröber (s. Aufmacherfoto: Gröber als Pfarrer in Konstanz) begrüßte am 25. April 1933 die Machtergreifung der Nazis: „Wir dürfen und wir können den neuen Staat nicht ablehnen, sondern müssen ihn positiv bejahen.“

Am 10. Oktober 1933 dankte Gröber, der gerne zackig mit Hitlergruß salutierte (so der langjährige Freiburger OB Rolf Böhme) bei einer katholischen Großveranstaltung in Karlsruhe ausdrücklich den erschienenen „Männern der Regierung“ und erklärte: „Ich verrate kein Geheimnis, wenn ich sage, dass ich mich restlos hinter die neue Regierung und das neue Reich stelle.“

1937 erschien das „Handbuch der religiösen Gegenwartsfragen“, die autoritative Stellungnahme der deutschen katholischen Kirche zu allen politischen und religiösen Fragen der NS-Zeit, herausgegeben von Conrad Gröber. Darin heißt es: „Der Bolschewismus ist ein asiatischer Despotismus im Dienste einer Gruppe von Terroristen, angeführt von Juden.“ Und weiter heißt es dort, „der Führer des Dritten Reichs“  habe „den deutschen Menschen aus  seiner äußersten Erniedrigung und seiner durch den Marxismus verschuldeten inneren Ohnmacht erweckt und zu den angestammten germanischen Werten der Ehre, Treue und Tapferkeit zurückgeführt.“

Die Sympathien Conrad Gröbers für den Faschismus (Grüber war zahlendes Fördermitglied der Waffen-SS) –  beschränkten sich nicht auf Deutschland: In seiner Silvesterpredigt 1939 begrüßte er den erfolgreichen Putsch der Franco-Diktatur gegen die demokratisch gewählte spanische Regierung: „Spanien hat gesiegt, das christliche Spanien lebt, Franco, dessen Name gleich frei bedeutet, hat Spanien und  seiner  Bevölkerung die Freiheit gegeben.“

In derselben Predigt verpflichtete er Katholiken zur bedingungslosen Unterstützung der Hitler-Armee: „Wenn der Krieg ausgebrochen ist, wenn es sich darum handelt, Volk und Vaterland zu verteidigen, dann wissen wir Katholiken, daß es unsere Pflicht ist, mit Gut und Blut bis zum letzten Tropfen uns für das Volk und Vaterland einzusetzen.“

Erst als die Nazis im Rahmen des Kirchenkampfs eine Verleumdungskampagne gegen ihn eröffneten und ihn aus der Mitgliederliste der SS strichen, wandte er sich enttäuscht ab. Kirchliche Kreise haben recht erfolgreich versucht, ihn als Nazigegner und Menschenfreund hinzustellen, der sich nur aus taktischen Gründen und um Schlimmeres zu verhindern, den Nazis anbiederte. So zum Beispiel, als Gröber an den Präsidenten des berüchtigten „Volksgerichtshofs“, Roland Freisler, anlässlich des Todesurteils gegen den Priester Dr. Franz Josef Metzger schrieb: „Hochverehrter Herr Präsident des Volksgerichtshofes! … Ich bedauere aufs allertiefste das Verbrechen dessen er sich schuldig gemacht hat.“

Gröbers angebliche (späte) Gegnerschaft zum Nationalsozialismus bezog sich jedoch nie auf die menschenverachtende, rassistische und mörderische Politik der Nazis, sondern auf den Machterhalt der katholischen Kirche. Dies benannte er 1944 in einem Schreiben an Papst XII. präzise: „Der Kampf gegen das Christentum und die Kirche war […] der Anlaß unserer Kritik und ablehnenden Haltung.“

Gröber ließ nie von seinem Antisemitismus ab. Noch im April 1945 warnte er nur vor einem „übertriebenen“ Judenhass. Niemals hat Gröber sich in klaren Worten gegen die Ausgrenzung der Juden und den millionenfachen Mord ausgesprochen.

Der nachdenkliche Christ weiß, daß in Auschwitz nicht das jüdische Volk gestorben ist, sondern das Christentum.“ (Eli Wiesel, Friedensnobelpreisträger und Auschwitz-Überlebender)

Conrad Gröber wird noch immer als Ehrenbürger der Stadt Konstanz geführt.[modal id=“19250″ style=button color=default size=default][/modal]

Autor: Glaubnix

seemoz-Gröber-straße

 

QUELLEN:

  1. „Motivation Gröber“: Akten deutscher Bischöfe über die Lage der Kirche 1933-1945, 6 Bde, bearb. von Bernhard Stasiewski (Bd.I-III) und Ludwig Volk (Bd.IV-VI), Mainz 1968-1985. Hier: Bd. VI, Nr. 910
  2. „Brauner Conrad“: :
    — http://de.wikipedia.org/wiki/Conrad_Gröber
    — oder googeln: „der braune conrad“
  3. „Hirtenbrief“, Amtsblatt der Erzdiözese Freiburg, 1940, S. 381 ff.
  4. Franco: Freiburger Diözesan-Archiv, Band  94, 1974, S. 609
  5. Silvesterpredigt 1939: Freiburger Diözesan-Archiv, Band  94, 1974, S. 612
  6. Gröber, Conrad (Hrsg.): Handbuch der religiösen Gegenwartsfragen. Mit Empfehlung des deutschen Gesamtepiskopats. Freiburg im Breisgau, Herder & Co. Verlagsbuchhandlung,, 1937. Hier zit. nach: Freiburger Diözesanarchiv Bd. 102, 1983, S. 295