Reif für die Rente

seemoz-SchäubleWolfgang Schäuble gilt als schwäbischer Prototyp deutscher Tugenden: pflichtbewußt, pünktlich, penibel. Seit 1984 in öffentlichen Ämtern, war er stets stur, nie kreativ und immer folgsam. Doch seit er auf der europäischen Bühne agiert, sind solche Sekundärtugenden bloß hinderlich – er gefährdet mit seiner Besserwisserei das Europa-Projekt. Er sollte pensioniert werden, bevor er noch mehr Schaden anrichtet

Ob als Bundesminister für besondere Aufgaben und Chef des Bundeskanzleramtes (1984 bis 1989) oder als Bundesminister des Innern (1989 bis 1991 und von 2005 bis 2009), ob als Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion (1991 bis 2000) und von 1998 bis 2000 als Bundesvorsitzender der CDU oder letztlich seit 2009 als Bundesfinanzminister – der 72jährige CDU-Parteisoldat fiel nirgends durch besonderen Ideenreichtum auf. Das gilt auch für seine über 42 Jahre Parlamentszugehörigkeit; Wolfgang Schäuble ist der dienstälteste Abgeordnete in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland; seine Rolle im Parteispendenskandal nebenbei wurde nie gänzlich aufgeklärt.

Da ist einer endlich reif für die Rente. Vor allem jetzt, wenn diplomatisches Geschick gefragt ist, um das Projekt Europa zu retten. Doch Zuchtmeister Schäuble fordert die bedingungslose Unterwerfung eines europäischen Partners unter das deutsche Spardiktat: Griechenland ist für ihn Befehlsempfänger und der deutsche Europa-Kurs aus Kürzungen und Lohnsenkungen für Schäuble nicht verhandelbar. So kann man vielleicht auf dem Biberacher Pferdemarkt feilschen, aber nicht mit Partnern in einer europäischen Union.

Das Problem: Der deutsche Finanzminister und seine Chefin berufen sich auf die Glaubenslehre eines ufo-Instituts (Vorsicht: Scherz. Professor Sinns ifo-Institut beherrscht immer noch die ökonomische Diskussion in Deutschland, obwohl sich nachweislich kaum eine seiner Prognosen oder Rezepte je bewahrheitet hat), wenngleich Jurist Schäuble weder Ökonomie noch englisch kann. Ganz im Gegensatz zu seinem Widerpart Varoufakis übrigens.

Nein, der schwäbische Besserwisser gehört aufs Altenteil. Es ist schon genug Porzellan zerschlagen, schon genug deutsches Wesen neuerdings wieder über Europa ausgeleert worden. Ohne Kehrtwende scheint Deutschlands Isolation in Europa ausgemacht – mit podemos wächst in Spanien eine neue Opposition, in Portugal und Irland entstehen neue, euopakritische Bewegungen, Island hat sich jüngst einen EU-Beitritt verbeten und in Italien und Frankreich wanken die bislang noch Berlin treu ergebenen Kabinette.

Schäuble sollte entlassen werden (wenn er nicht freiwillig geht), bevor er noch mehr Schaden anrichtet. Denn die Idee eines vereinten Europas ohne Kriege und ohne nationale Egoismen ist viel zu zukunftsweisend als dass sie auf dem Küchentisch schwäbischer Sparpolitik geopfert werden dürfte.[modal id=“19250″ style=button color=default size=default][/modal]

Autor: hpk