100 rote Karten für die Arbeitgeber
Sogar aus Singen waren gestern angestellte Lehrer zum dritten Warnstreik dieser Tarifrunde auf die Konstanzer Marktstätte gekommen. Gut 100 Landesbeschäftigte demonstrierten damit gegen die hinhaltende Taktik der öffentlichen Arbeitgeber, die auch in der dritten Verhandlungsrunde kein Angebot vorgelegt hatten.
Nicht nur Beschäftigte der Konstanzer Landesbetriebe aus dem Zentrum für Psychiatrie Reichenau, der Universität Konstanz und der HTWG sowie MitarbeiterInnen des Bibliotheksservicezentrums waren zusammen geströmt, auch angestellte Lehrer waren mit ihrer Gewerkschaft GEW ebenso unter den Streikenden wie Angestellte aus Konstanzer Stadtbetrieben, die aus Solidarität mit den Warnstreikenden ihre Mittagspause opferten.
Kampf für die Altersvorsorge
Der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di geht es nicht allein um eine Lohnerhöhung von 5,5 Prozent, nicht nur um Verbesserungen für Auszubildende (die sich übrigens sehr zahlreich am Warnstreik beteiligten) und nicht allein um eine Reform bei befristeten Arbeitsverträgen – in den Mittelpunkt der Auseinandersetzung rückt immer deutlicher der Kampf um die Altersvorsorge.
Denn die öffentlichen Arbeitgeber wollen Leistungskürzungen bei der betrieblichen Altersversorgung durchdrücken – eine Kürzung von bis zu 20 Prozent schwebt dem Verhandlungsführer der Arbeitgeberseite, dem SPD-Politiker und Finanzminister von Sachsen-Anhalt, Jens Bullerjahn, vor.
„Er degradiert damit diese Tarifrunde zum reinen Machtspiel“, warf ihm Margrit Zepf, ver.di-Geschäftsführerin im Bezirk Schwarzwald-Bodensee, deshalb gestern auf der Marktstätte vor. Es sei nichts anderes als Erpressung, wenn die Arbeitgeber auch nach drei Gesprächsrunden kein Angebot zu überhaupt einer Gewerkschafts-Forderung machten, solange die Beschäftigten nicht zu Einbußen bei der Altersversorgung bereit seien.
„Dann streiken wir dauerhaft“
Auch Klaus Mühlherr, Kreisvorsitzender der Lehrergewerkschaft GEW in Konstanz, kritisierte „die unmögliche Verhandlungsstrategie der öffentlichen Arbeitgeber“. Und Edith Eberhard, Personalratsvorsitzende im ZfP Reichenau und gewerkschaftliche Vertrauensfrau, machte auf die problematischen Beschäftigungsverhältnisse gerade in der Pflege aufmerksam, als sie forderte: „Gute Arbeit verlangt gute Bezahlung – auch im Alter.“ Auch Ivo Garbe vom ver.di-Landesvorstand bezeichnete die Verhandlungsführung der Arbeitgeber als „Provokation“ und drohte unverhohlen mit einem dauerhaften Streik: „Die Beschäftigten sind dazu bereit“ – tosender Pfeifen-Lärm und 100 rote Karten bestätigten diese Aufforderung.
Dazu könnte es bald kommen: Wenn auch die nächste, die dann vierte Verhandlungsrunde am kommenden Wochenende in Potsdam zu keinem Ergebnis führt, ist ein Streik kaum mehr abwendbar. „Ganz klar, dann streiken wir“, diktiert Karin B., Uni-Angestellte aus Konstanz, in den Reporter-Schreibblock.
hpk
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