CDU-Werbehilfe für Peter Lenk
Ist es ein Papstmodell, das neulich unter großem Getöse in die Mobilitätszentrale gehievt wurde oder doch eher nur ein Gaukler? Bevor es zur Klärung kam, will nun Norbert Henneberger, der Chef der Konstanzer Tourist-Information, die Lenk-Skulptur wieder entfernen lassen. Ein erneutes Provinztheater rund um den Bildhauer Peter Lenk und ein langweiliges dazu
Die Pressemitteilung aus dem Hause Henneberger stolperte am vergangenen Freitag in verquasten Worthülsen daher. Irgendwie bemühte man sich zu erklären, warum plötzlich die Lenk-Figur keinen Platz mehr haben soll in der Mobilitätszentrale am Konstanzer Bahnhof. Doch aus dem eckigen Textbrei wurde wohl für´s Erste keiner richtig schlau. Die Figur, so konnte man lesen, „gibt Anlass zu Missinterpretation und Missverständnis“. Gleichzeitig legt die Tourist-Information Wert darauf, dass Obertouristiker Henneberger „ keinen konkreten Zeitbezug, auch nicht zu einer wichtigen Persönlichkeit, herstellen wollte“. (Damit ist offenbar Ratzinger gemeint). Aus diesem Grund habe sich Henneberger dazu durchgerungen, die Figur nicht aufzustellen. Der Aufsichtsrat der Tourist-Information Konstanz (TIK) habe sich dann dieser Entscheidung angeschlossen.
Eine schräge Nummer, denn schon am vergangenen Mittwoch sickerte durch, dass der Aufsichtsrat der TIK eine außerordentliche Sitzung einberufen wollle. Es wird wohl aber eher so gewesen sein: CDU-Politiker aus Stuttgart, allen voran Innenminister Rech und Generalsekretär Strobel, übten Druck auf Konstanz aus und hiesige Ortsmeier schwenkten sofort ein in das Skandalgerumpel. Möglich sogar, dass Unionsfraktionschef Volker Kauder sein Händchen im Spiel hatte, um mit Lenk eine noch offene Rechnung zu begleichen. Denn erst kürzlich hatte der Künstler aus Bodman von dem mächtigen CDU-Mann eine Plastik hergestellt, die einen nackten Kauder zeigt, der nur ein Bananenröckchen trägt, unter dem ein arg winziger Schniedel hervorlugt. Das fand der Kauder gar nicht lustig und sann auf Rache.
Musste am Ende die künstliche Aufregung um den Nackten im Konstanzer Bahnhof dafür herhalten, um über diesen Umweg Kauders Rachegelüste zu befriedigen? Einspannen in die alberne Schmierenkomödie ließen sich auch umgehend derangierte Geistliche, die dagegen protestierten, dass ein (angeblicher) Papst nackend im Bahnhof sitzt. Bei soviel geballter Intelligenzansammlung sackte der TIK-Chef Henneberger kleinlaut in die Knie. Wer nun tatsächlich auf wessen Antrag eine außerordentliche TIK-Aufsichtsratsitzung einberufen hat und wie es zu der Entscheidung kam, Lenks Figur wieder aus dem Bahnhof zu schaffen, wird sich vermutlich die kommenden Tage klären. Die Posse wird dabei dementsprechend aufgeblasen und durch die Medien genudelt. Vermeintlich anrüchige Geschichten verkaufen sich meistens gut und wenn zudem Lenk drauf steht, dann sprießen feuchte Spießerträume immer noch wie auf Bestellung.
Dem Lenk Peter kann man da keinen Vorwurf machen. Zu Recht will er wissen, wer genau seiner Figur an die nicht vorhandene Wäsche will. Solange man ihn darüber nicht aufklärt, denkt Lenk nicht an einen Abtransport. Ansonsten hat er es ohne allzuviel eigenes Zutun mal wieder geschafft, die Schlagzeilen zu besetzen. Seine Situation ist ja auch äußert komfortabel: Die Front seiner Gegner betreibt für ihn seit rund 30 Jahren bundesweite Werbung – eine besser funktionierende PR-Abteilung „für umme“ kann sich Lenk da gar nicht wünschen. Das im Grunde abgestandene und immergleiche Thema bleibt somit aktuell, auch wenn es zunehmend dröger um die Ecke kommt.
Die Stadt Konstanz möge sich ein Beispiel an Ludwigshafen nehmen. Dort ist seit geraumer Zeit ein Lenk-Relief zu bewundern, auf dem eine barbusige Angela Merkel dem Stoiber ans Gemächt greift. Seitdem pilgern Tausende aus ganz Europa in das Städtchen am Bodensee und spülen Geld in die Kassen. Man stelle sich nur vor, im Konstanzer Bahnhof würde eine zumindest halbnackte Papstfigur mit den Gesichtszügen von Ratzinger zu bewundern sein! Das hätte was und der Bahnhof geriete wohl schnell zu einer der gewinnträchtigsten Begegnungszonen der Republik.
Geradezu lächerlich mutet es an, wie die Ortszeitung mit dem künstlich aufgepeppten Skandälchen umgeht. Auf den „Südkurier“ Online-Seiten können die LeserInnen seit Tagen darüber abstimmen, ob die harmlose Lenk-Skulptur nun weg soll oder nicht. Man erhofft sich zusätzliche Clicks, mit denen man bei Anzeigenkunden wuchern kann. Wer bei dieser angeblich repräsentativen Umfrage mitmischt, merkt gleich, dass man endlos oft abstimmen kann. Das Abstimmungsergebnis ist somit völlig irrelevant.