Kein Bachmann-Effekt bei SBH-Gida
Zum siebten Mal hatte der Ableger der fremdenfeindlichen Pegida-Bewegung am Sonntag in Villingen-Schwenningen dazu aufgerufen, die an nicht wenigen Stammtischen gepflegten rassistischen Resentiments auch öffentlich zu bekunden. Dafür hatte sich SBH-Gida, wie sich die regionalen VertreterInnen des gesunden Volksempfindens nennen, was Besonderes einfallen lassen. Mit Lutz Bachmann schickte man keinen Geringeren als den Gründer der Bewegung aufs Rednerpult.
Der hatte Anfang des Jahres seine Funktionen aufgeben müssen, unter anderem wegen Äußerungen im sozialen Netz, in denen er sich selber als Hitler inszenierte, den Ku-Klux-Klan verherrlichte und AsylbewerberInnen („Viehzeug“, „Dreckspack“) rassistisch beschimpfte, kehrte aber nach nur kurzer Schamfrist zurück. Der erhoffte Effekt, mit Bachmann der zuletzt arg schwächelnden Bewegung neues Leben einzuhauchen, hielt sich jedoch in Grenzen. Lediglich um die 150 „Patrioten“ versammelten sich auf dem Villinger Münsterplatz, nur unwesentlich mehr als bei den vorherigen Aufmärschen. Sie sahen sich lautstarken Protesten von mehr als 200 GegendemonstrantInnnen gegenüber.
Fließende Übergänge
Die örtlichen Pegida-Organisatoren bemühen sich kaum noch um jene Fassade der Wohlanständigkeit, mit der sich fremdenfeindliche Hetze als Hilferuf besorgter Bürger vor einer vermeintlichen „Islamisierung“ tarnt. Von Beginn an hatte man keinerlei Probleme damit, dass sich der Bodensatz faschistischer Gruppierungen aus der Region in ihrem Umfeld tummelt. Bekannte Neonazis übernehmen regelmäßig Koordinierungsaufgaben und verrichten beispielsweise Ordnerdienste. Redner wie Michael Stürzenberger, bekannter Islamhasser und Vorsitzender der rechten Splitterpartei „Die Freiheit“, aber auch Rechtsextreme aus der Schweiz und Österreich sind gern gesehene Gäste.
Die Personalie Bachmann, den wegen seiner Nazinähe selbst ehemalige Mitstreiter fallen ließen, passt da nur zu gut ins Bild. Tief blicken lässt auch eine Stellungnahme der AfD Schwarzwald-Baar, in der moniert wird, die Pegida-Ziele seien zwar „nachvollziebar“ und „diskussionswürdig“, der örtliche Ableger aber „offenbar von Anhängern des rechtsradikalen Spektrums dominiert“. Bezeichnendes Detail vom Sonntag: SBH-Gida-Sprecherin Grellmann gibt die Zahl der Teilnehmer mit 188 an – ein versteckter Hinweis für Eingeweihte: In der Nazi-Szene steht die Zahl 1 für den Buchstaben A, die 8 für H …
Antifaschistische Gegenwehr
Dass die Teilnehmerzahlen der fremdenfeindlichen Kundgebungen nach den auch über die Stadtgrenzen hinaus beachteten Anfangserfolgen zuletzt rückläufig waren, ist vor allem auch den AntifaschistInnen zu verdanken, die von Beginn an gegen die Aufmärsche der deutschnationalen Islamhasser protestiert hatten. Neben dem Bündnis „No Pegida Villingen-Schwenningen“, in dem sich hauptsächlich Kräfte aus dem bürgerlichen und kirchlichen Spektrum zusammengetan haben, war es vor allem das „Offene Antifaschistische Treffen Villingen-Schwenningen“ (OATVS), das jeweils zu Gegenprotesten aufrief. Am vergangenen Sonntag folgten wieder bis zu 250 Menschen dem Aufruf des antifaschistischen Bündnisses, den Rassisten entgegenzutreten. Nur durch eine Polizeiabsperrung von den rechten Kundgebungsteilnehmern getrennt, gaben sie lautstark zu verstehen, was sie von dem nationalistischen Spektakel halten. Immer wieder formierten sich zudem an den Zugangswegen zum Münsterplatz Blockaden, die die Anreise vieler Pegida-Anhänger verzögerten. Bachmann selbst schaffte es nur unter massivem Polizeischutz zum Kundgebungsort.
Das OATVS zieht denn auch ein positives Fazit: „Die Proteste gegen SBH-Gida entwickelten dieses Mal eine neue Dynamik. Nicht nur, dass die Teilnehmerzahl auf antifaschistischer Seite wieder höher als die letzten Male war. Es gelang auch schon im Vorfeld durch mehrere Gruppen, die Anreise der Rassisten und Faschisten zu stören und den Beginn des Pegida-Aufmarschs so zu verzögern.“
Ohne Wirkung scheinen die hartnäckigen Proteste nicht geblieben zu sein. SBH-Gida kündigte zwar schon den nächsten Auftritt an – stattfinden soll der dann aber in Bregenz.[modal id=“19250″ style=button color=default size=default][/modal]
jüg / Fotos: linksunten.indymedia.org