Das Kind hat einen Namen

Der Konstanzer Gemeinderat beschloss am Dienstagabend nach erheblichen Diskussionen einen Namen für das Kongresshaus im Centrotherm-Gebäude. Nach heftiger Kritik am Verwaltungsvorschlag vor allem aus SPD und FGL brachte Oberbürgermeister Uli Burchardt nach einer Sitzungspause doch noch eine Mehrheit zustande.

Wie nicht anders zu erwarten, stürzten sich Politikerinnen und Politiker fast aller Schattierungen mit Begeisterung in die Debatte. Nachdem Kongresshaus-Interimsmanager Michel Maugé erläuterte, der vorgeschlagene Name „Bodensee-Forum“ sei internettauglich und international verständlich, und von der Werbeagentur Kieweg und Freiermuth zu hören war, dass dieser Name sich selbst erkläre, erläuterte Oberbürgermeister Uli Burchardt nochmals das Verfahren: Aus der Bevölkerung seien in der Aktion von Südkurier und Radio Seefunk 1452 Vorschläge eingegangen, in denen das Wort „Forum“ in verschiedenen Kombinationen den größten Zuspruch fand. Eine Jury, in der auch der Gemeinderat vertreten war, habe dann vier Favoriten ausgesucht und von der Agentur bewerten lassen, und schließlich habe man sich für „Bodensee-Forum“ entschieden. Andere Favoriten wie „KM1“ für den ersten Rheinkilometer habe man vor allem deshalb aussortiert, weil sie nicht erklären, worum es beim Kongresshaus gehe, und Gefahr liefen, schnell zu veralten. Außerdem habe man mit „Bodensee-Forum“ auch im Internet gute Karten.

Der Papiertiger

Das sahen die Gemeinderätinnen und -räte gar nicht so. „Hier ist ein Tiger losgesprungen und als Bettvorleger gelandet“, kritisierte Charlotte Dreßen (FGL) diesen Vorschlag als nichtssagend und bemängelte das Fehlen jeglichen Bezuges zu Konstanz. Die FGL jedenfalls werde diesen Vorschlag (in seltener! Geschlossenheit, mag sich manch ZuhörerIn gedacht haben) ablehnen. Roger Tscheulin pries „Bodensee-Forum“ im Namen der CDU als international verständlichen Namen mit Gewicht, Bedeutung und einer tiefen Resistenz gegen den Zahn der Zeit, während für die SPD Zahide Sarikas ebenfalls Nichtzustimmung ankündigte: Für einen derart banalen Namen habe es nun wirklich weder Bürgervorschläge noch eine teure Agentur gebraucht. Feinschmecker Heinrich Everke (FDP) hielt dem entgegen, dieser Name sei zwar nicht sehr originell, aber der Köder müsse schließlich dem Fisch und nicht dem Angler schmecken.

Wegweisend wurde dann aber der Debattenbeitrag von Matthias Schäfer (JFK). Er erinnerte daran, dass man ja in der Namensjury beschlossen habe, alle Namen mit dem Bestandteil „Bodensee“ auszusortieren, und jetzt tauche dieser Namensbestandteil auf einmal doch wieder auf. Er sprach sich, hier ganz Vertreter der Partei des permanenten Aufbruchs, für „Eventfabrik Konstanz“ aus und meinte, „Konstanz“ gehöre jedenfalls in den Namen. Notfalls sei damit auch „Bodensee-Forum Konstanz“ möglich (ein Schelm, wer sich dabei an „Junges Forum Konstanz“ erinnert fühlt!). Zu Recht verwies er auch darauf, dass nur diese Domain im Internet noch frei sei. Entgegen den anfänglichen Behauptungen von Verwaltung und Agentur erweist eine kurze Überprüfung in der Tat, dass Bodensee-Forum.de und bodenseeforum.de bereits belegt sind.

Die Lösung

Nach einigem verbalen Hin und Her, bei dem sich die Gemeinderätinnen und -räte als wahre Marketingprofis und tiefgründige Werbepsychologen erwiesen, wurde klar, dass der Verwaltung durchaus eine kräftige Niederlage in der Namensfrage drohte und ihr Antrag, die Jahrhundertchance oder das angehende Millionengrab „Bodensee-Forum“ zu nennen, von einer Mehrheit aus Grünen, SPD, LLK und einigen versprengten Bürgerlichen abgelehnt werden könnte.

Also rief Uli Burchardt, hier ganz dem Abstimmungsergebnis des Rates verpflichteter oberster Ratsdiener, in den Raum „Mit einem Nein können wir hier nicht rausgehen“, erwirkte die Zustimmung zu einer Pause und berief die Fraktionschefs und -chefinnen zu sich. Danach wurde über den Namen „Bodenseeforum Konstanz“ abgestimmt und siehe da: Es gab auf einmal nur neun Neinstimmen, unter anderen von Feingeist Anselm Venedey (FWK), Stefan Kühnle (FGL) sowie Anke Schwede und Holger Reile (LLK). Die beinharten Widerständlerinnen und Widerständler von FGL und SPD hatten sich in der Pause beim Gespräch mit Uli Burchardt eines Anderen besonnen.

O. Pugliese