70 Jahre Befreiung von Faschismus und 2. Weltkrieg
Ein breites Bündnis von attac und der Bunten Liste bis zur Linken ruft für den 8. Mai in Lindau zu einer Kundgebung auf. Ort: Lindau-Insel, Bismarckplatz, Zeit: 18.00 Uhr, Hauptredner: Tobias Pflüger vom Informationsbüro Militarismus Tübingen IMI. Unterstützer: Club Vaudeville Lindau, attac Regionalgruppe Lindau, Friedensräume Lindau, Keine Waffen vom Bodensee (KWvB) e.V., Die LINKE im Landkreis Lindau. Im Anschluss der Aufruf zur Kundgebung im Wortlaut:
In einer Zeit, 70 Jahre nach der Befreiung von Weltkrieg Zwei und NS-Faschismus, in der in Deutschland wieder Flüchtlingswohnheime brennen und Asylbewerberinnen und sie schützende Bürgermeister beleidigt werden,
► in der die Bundeswehr aktuell weitere 100 Kampfpanzer in Betrieb nehmen will,
► in der rund um den Bodensee immer mehr Arbeitsplätze an die Produktion von Militärgütern gekettet werden,
► in der die EU einen Wirtschaftskrieg gegen Griechenland führt,
► in einer Zeit, in der die Berliner Regierung die deutsche Kriegsschuld aus der Zeit der NS-Besatzung in Griechenland frech leugnet,
► in einer Zeit, in der NATO-Kampfeinheiten in Richtung russische Grenze verlegt werden und Nato-U-Boote mit Atomraketen vor Russlands Küsten auf Patrouille geschickt werden sollen,
► in einer Zeit, in der EU und IWF diejenigen Milliarden Euro an Krediten der ukrainischen Regierung für Rüstung gewähren, die sie der Athener Regierung zur Bekämpfung von Armut verwehren.
In diesen Zeiten des bedrohten Friedens weltweit und der längst neu geführten Kriege wollen wir am 70. Jahrestag des Endes von Zweitem Weltkrieg und „Drittem Reich“ in Lindau ein öffentliches Zeichen für Frieden und Völkerverständigung setzen.
Krude Wortwahl folgt oft krudem Gedankengang…..
„….Befreiung von Weltkrieg Zwei und NS-Faschismus…“
Wer hat denn da wen vom Krieg „befreit“, als sei dieser ein vom Himmel gefallenes Unglück gewesen?
Am 8. Mai `45 hatten alliierte Soldaten ein Deutschland niedergerungen, wo eine fanatisierte Volksgemeinschaft, wenn auch zum Ende hin mit nicht mehr ganz ungebrochener Begeisterung, bis zum Schluss für ihre „Sache“ focht.
Im Gegensatz zum Ende des Ersten Weltkriegs, wo es ja durchaus die Deutschen selber waren, die nach dem Kieler Matrosenaufstand angesichts der offensichtlichen Unsinnigkeit, diesen Krieg weiterzuführen, wenige Tage später am 9. November, ihre neue Republik als Vision einer anderen Zukunft auf den Weg brachten.
Und das ist nicht der einzige Unterschied zum „Weltkrieg Zwei“:
Dieser stand für ein bis dato und bis heute einzigartiges Menschheitsverbrechen, gekennzeichnet von fabrikmässigem Judenmord in fast ganz Europa und Vernichtungsstrategie im Osten, was den Mord an Aber-Millionen bedeutet.
Diese Ideologie ist mit „Faschismus“ unzutreffend beschrieben:
Diesen gab es in Spanien und Italien ebenso.
Aber ohne die für das deutsche Projekt von nationalsozialistischer Volksgemeinschaft prägenden Mordprogramme.
Welche mit „Rassismus und Intoleranz“ eben auch nur unzureichend „erklärt“ sind.
Und diese Volksgemeinschaft hat den 8. Mai nicht als Befreiung empfunden.
Auch wenn das in Deutschland heute gottlob die Allermeisten anders sehen (und dieses Ereignis aus heutiger Sicht als Befreiung deuten), so birgt das inflationäre „Tag der Befreiung“ auch den (zu) flotten Schwenk hin auf die Seite der Sieger.
Nur zu leicht überdeckt er, dass die Volksgemeinschaft am 8. Mai keineswegs an ihr endgültiges Ende gekommen war.
Wie wäre es, wenn man an diesem Tag nicht wortreiche Analogien zur aktuellen Geopolitik aufhängt oder ihn als willkommenen Beweis zum Ausdruck korrekter Gesinnung nutzt , sondern sich auf etwas Einfaches, Bescheidenes, aber um so Ehrlicheres beschränkte:
„Spasibo“, „Thank You“, „Merci“?
Wenn man dazu eine Vorlage braucht, dann bietet sich das hier an:
„Wir danken den verbündeten Armeen der Amerikaner, Engländer, Sowjets und allen Freiheitsarmeen, die uns und der ganzen Welt Frieden und das Leben erkämpfen.“
(Schwur von Buchenwald)
PS: Nochmal zu „kruder Wortwahl“:
„Weltkrieg Zwei“, „Weltkrieg Zwo“ oder „WK II“ sind, zumindest bisher, eher gängig im Sprachgebrauch von „Kameradenkreisen“ oder Militaria – Enthusiasten.