Wie wär’s mit einem Cannabis-Shop?
solid Konstanz, die Jugendorganisation der Partei Die Linke, tritt für die Legalisierung von Cannabis und Cannabisprodukten ein. Sie möchte ein Pilotprojekt starten, in dessen Rahmen legaler Anbau und Veräußerung von THC-haltigen Pflanzen ausprobiert werden soll. Dazu soll ein Cannabis-Shop gegründet werden. Schon bald wird ein Antrag an Kreistag und Gemeinderat formuliert – hier ein erster Entwurf.
Seit Jahren setzen sich führende Juristen, Polizeifunktionäre und Suchtpräventionsforscher für eine Legalisierung von Marihuana ein. Die Strafverfolgung des Umgangs mit der im Vergleich zu Alkohol und Tabak gesundheitlich ungefährlichen Droge hat schwere Folgen für die Konsumenten. Durch den Einstieg in die strafrechtlich verfolgte Drogenszene verlieren Cannabis-Konsumenten die Hemmung vor Beschaffungsdelikten. Es wird Kontakt mit harten Drogen hergestellt, die häufig durch die gleichen Dealer verkauft werden und damit einen Anreiz schaffen, tatsächlich hochgefährliche Substanzen zu konsumieren. Durch die strafrechtlichen Konsequenzen können Biographien zerstört werden und eine Integration in Zivilgesellschaft und Arbeitsmarkt durch Vorstrafen erheblich gehemmt werden.
Auch die Polizei ist dafür
Zugleich entsteht der Zivilgesellschaft eine erhebliche Kostenlast: Die heute schon deutlich unterbesetzte Polizei sieht nach eigenen Angaben andere Delikte als bedeutender an, ist jedoch zum jetzigen Zeitpunkt mit der Verfolgung von Kleindealern und Konsumstraftaten ausgelastet. Im Gegensatz zum Tabakkonsum entgehen dem Staat durch den Schwarzhandel von Marihuana erhebliche Steuereinnahmen.
So soll gezeigt werden, dass ein verantwortungsvoller, rechtmäßiger Umgang mit Cannabis keinen Schaden für die Allgemeinheit, sondern insbesondere eine Entlastung für Bürger und Strafverfolgungsorgane bedeutet. Gleichzeitig bedeutet die Legalisierung von Cannabis-Abgabe die Zerschlagung von kriminell organisierten Strukturen, die sich auf den Transport, Anbau und Verkauf von THC-Produkten spezialisiert haben. Schon heute eröffnet § 3 BtMG (Betäubungsmittelgesetz) Ausnahmen vom strikten Verbot zugunsten wissenschaftlicher Forschung und anderer Nutzung im gesellschaftlichen Interesse.
Canabis-Shop e.V.
Der Cannabis-Shop soll als Verein betrieben werden. Anbau, Ernte und Weiterverarbeitung des Cannabis erfolgt durch die Mitglieder. Die Abgabe des Cannabis erfolgt ausschließlich an Mitglieder gegen einen Unkostenbeitrag. Die Abgabemenge soll auf maximal ein Gramm pro Tag beschränkt werden, um einen handelsweisen Vertrieb von Cannabinoiden zu verhindern. Ein Handel mit Cannabis oder eine Abgabe an Dritte, insbesondere Minderjährige, bleibt illegal und führt zum Ausschluss aus dem Cannabis-Shop e.V. Für Menschen, die Cannabis auf ärztliche Verschreibung hin konsumieren, können die Regeln bedarfsgerecht modifiziert werden.
Dem Landkreis oder Trägergemeinden soll eine Überwachungsfunktion zukommen. Die Trägergemeinden bzw. der Landkreis sorgen für einen ordnungsgemäßen Betrieb, kontrollieren die Sicherheit, Qualität, den Wirkstoffgehalt und Verbleib des Cannabis. Zudem sorgen die Trägergemeinden bzw. der Landkreis für bedarfsgerechte Präventions-, Informations-, Hilfs- und Schadensminderungsangebote u. a. durch die Förderung von Konsumformen ohne Verbrennung wie Vaporizer. Damit kann ein bewusster, risikogerechter Konsum gewährleistet werden. Gleichzeitig ist eine wissenschaftliche Betreuung und Begleitung des Projekts wünschenswert.
Simon Pschorr[modal id=“19250″ style=button color=default size=default][/modal]
Der OB von Memmingen ist „not amused“:
http://www.all-in.de/nachrichten/rundschau/Legales-Kiffen-im-Verein-Memminger-plaediert-fuer-erlaubten-Anbau-von-Cannabis-und-kontrollierte-Abgabe-an-Konsumenten;art2757,1972345
@Stefan Frommherz: Wenn die heutige Jugend angeblich „nicht mehr wirklich aufmüpfig“ ist und ihr deshalb „Verpeiltheit“ und deshlab das Kiffen zugestanden wird, dann fordere ich hier Einkaufsgutscheine für über 65-Jährige. Herrschaften: Es waren die 68er und die ihr nachfolgenden Jahrgänge, die Haschisch und verwandte Produkte gerne konsumierten und sozusagen gesellschaftsfähig machten. Die sind jetzt im Rentenalter oder kurz davor. „Verpeilt“ mag davon der eine oder die andere sein – aber waren sie in ihrer Jugend „nicht wirklich aufmüpfig“? Oder gehörte der Haschkonsum als Ausdruck der Verweigerung nicht zur Aufmüpfigkeit dazu? Gleichgültigkeit in ihrer Jugend hat ihnen jedenfalls bisher niemand vorgeworfen (auch wenn sie gerne für alles andere, was einem heute nicht in den Kram passt, verantwortlich gemacht werden). Heutzutage werden den einen oder die andere Schmerzen plagen, gegen die ein Joint manchmal besser hilft als ein Schmerzmittel aus der Apotheke.
Na, dann sollte vielleicht mal überlegt werden, warum die Jugend „nicht mehr wirklich aufmüpfig ist“, warum eine Politisierung immer mehr abnimmt. Rauschmittel pauschal mit Gleichgültigkeit und Verpeiltheit gleichzusetzen, erscheint mir wenig hilfreich – und alles andere als emanzipatorisch. Dass ein Antrag systemkonform ist, heißt außerdem ja nicht, dass er schlecht sein muss. Im Übrigen beschäftigt sich der Jugendverband auch mit anderen Dingen als mit Drogen(politik).
Am meisten tut mir der arme gebeutelte Staat leid, der aufgrund der Illegalisierung des Cannabis-Konsums auf „erhebliche Steuereinnahmen“ verzichten muss und überdies seit Jahrzehnten Steuergelder dafür verschwendet harmlose Kiffer zu verfolgen.
Ein derart systemkonformer Antrag sollte doch mittlerweile gute Chancen auf mehrheitliche Zustimmung in den entsprechenden Gremien erhalten können.
Von den Marktgesetzen und -interessen einmal ganz abgesehen erscheint es doch in unserer so vorbildlichen Demokratie absolut in den Zeitgeist zu passen, dass man nicht nur um der alternden Gesellschaft ihren Tribut zu zollen Sanitätsgeschäfte wie Pilze aus dem Boden schießen lässt, sondern auch in ähnlicher Weise Cannabis-Shops ermöglicht, um der nicht mehr wirklich aufmüpfigen Jugend ihr Recht auf Gleichgültigkeit und ein wenig Verpeiltheit zuzugestehen.
Kontrolle statt Subversion ist doch eigentlich ein guter Deal!
Und wenn dabei auch noch verdient werden kann …
Ok, ich unterstütze den Antrag des linken Jugendverbandes „solid“.
Ich möchte aber darauf hinweisen, dass es noch viele wichtige soziale und weltpolitische Themen gibt, die es ebenfalls wert wären sich damit zu befassen!