Fröhliches Bauen auf der Konstanzer Flugplatz-Wiese
Die Katze ist aus dem Sack: Der Konstanzer Flugplatz soll als Gewerbegebiet ausgewiesen werden. Das zumindest präsentiert die Stadtverwaltung am kommenden Dienstag dem Gemeinderat auf Basis eines externen Gutachtens. Noch wird nichts entschieden, eine ‚Öffentlichkeitsbeteiligung‘ wird angeregt, die Marschroute aber ist unverkennbar: Der Flugplatz soll zubetoniert und „Bonbons“ gratis zugeliefert werden.
Wieder einmal externe Berater mussten her, um diesen Deal anzuleiern. Wobei die Verpflichtung des Lörracher Büros Dr. Acocella dieses Mal aus Sicht der Stadtverwaltung durchaus Sinn macht: Der OB und seine Gefolgsleute verschanzen sich nämlich hinter auswärtigen „Experten“, um den Eindruck unzweifelhafter Kompetenz vorzutäuschen. Und dann überrascht dieses Gutachten, das eigentlich nur das „Einzelhandelskonzept“ fortschreiben sollte, mit bahnbrechenden Erkenntnissen wie diesen: „Ich kenne keine vergleichbare Stadt, die geographisch derart eingegrenzt ist. Konstanz hat im Umfeld nur sehr wenige Flächen, die für neue Gewerbeflächen in Frage kommen“, bilanziert Dr. Rainer Kahnert vom Büro Acocella. Auch für die Allerweltsweisheit „…die Einkaufsstadt Konstanz profitiert einerseits von seiner attraktiven Innenstadt und andererseits von den Schweizer Kunden und den Touristen“ kann man den auswärtigen, wahrscheinlich nicht preiswerten Fachleuten nur dankbar sein.
Die Botschaft hinter den Worthülsen
Doch solche Worthülsen sollen wohl nur die wahre Absicht, die versteckte Botschaft verhüllen. Denn tatsächlich geht es den Stadtplanern mithilfe der angeheuerten Experten vornehmlich darum, neue Flächen für neues Gewerbe freizuschaufeln. Und nicht nur die Naturschutzverbände BUND und Nabu kritisieren, dass solchem Wachstumswahn auch noch der letzte Baum, die letzte Grünfläche in Konstanz geopfert werden soll.
Denn ganz versteckt, dann aber wieder unverhüllt plädieren die Lörracher Stadtentwickler für eine Vereinnahmung des Landeplatzes an der Reichenaustraße, wenn sie neben verwirrenden Vergleichen von verfügbaren Flächen und vermuteten Platzansprüchen noch gar nicht präsenter Interessenten auf den Flugplatz stoßen. Die städtische Pressestelle formuliert das in ihrer letzten Medienmitteilung so: „Das beauftragte Büro Acocella empfiehlt in seiner Expertise deshalb, den Landeplatz als Gewerbestandort zu entwickeln. Aber auch Restflächen im Bestand sollen aktiviert werden.“
Ein Bonbon für die Protestler
Dieser schon mehrfach gescheiterte Versuch einer Bebauung des Landeplatzes (s. Foto: Grünfläche in der Bildmitte) wird, das ahnt auch die Verwaltung, vielstimmigen Protest hervorrufen. Nicht nur die wenigen, aber einflussreichen Lobbyisten um Ultraleichtflug-Chef Berndt Stadelhofer werden Sturm laufen, auch Natur- und Umweltschützer bis weit in die Reihen der Freien Grünen Liste (FGL) hinein könnten sich urplötzlich in der Rolle von Flug-Verkehrs-Verteidigern wieder finden.
Solche Protestler wollen befriedet werden. Und wenn man dem neuesten Gerücht, das durch die Altstadt-Gassen wabert, glauben mag, sollen die Kritiker unter den GemeinderätInnen mit dem Angebot geködert werden, neben Gewerbebauten würde auch eine neue Unterkunft für AsylbewerberInnen auf der Flugplatzwiese gebaut – dagegen könnten nicht einmal die Linken sein, mutmaßt man im Rathaus.
So oder so – für neuen Zündstoff nicht nur in der nächsten Sitzung des Gemeinderates am kommenden Dienstag (ab 16 Uhr im Ratssaal, unter dem Punkt 3.9 an 13. Stelle der Tagesordnung – noch hinter dem Dauerbrenner „Synagogenbau“- versteckt) ist gesorgt. Und seemoz zumindest wird diese strittige Diskussion mit geziemender, gleichwohl unparteiischer Aufmerksamkeit verfolgen.[modal id=“19250″ style=button color=default size=default][/modal]
hpk
Eigentlich ist ja die prognostizierte Erfolgsgeschichte des Herrn Fecker genial! Blühende Landschaften am Konstanzer Landeplatz schaffen, indem man die jetzigen Gewerbetreibenden vom Flugplatz in den Ruin treibt. Kleine und mittlere Betriebe, einschließlich aller Zulieferer, die bis heute sich und ihre Mitarbeiter samt Familien hier in Konstanz ernähren, Steuern zahlen, die vorhandene Infrastruktur nutzen und aufrecht erhalten.
Immerhin ist er ein empathischer Zeitgenosse, der nicht minder lakonische Phrasen parat hat:
„Bei der gestalterischen Planung muss natürlich wegen des Baugrundes ein Fachbüro einbezogen werden.“
Nur damit die geballte Kompetenz der hiesigen „Fachbüros“ zukünftige Nachfolger vor dem Absaufen bewahren soll, immerhin gut gestaltet, ist dann ein auch komplett planloser Herr Fecker gefragt?
An gutgemeinten Auswegen (neben Hartz IV, hier leider nicht erwähnt) mangelt es seiner Phantasie dennoch nicht:
„Freizeitflieger können dann über eine ausgebaute B 33 schnell z.B. nach Donaueschingen fahren und dort fliegen.“
Das allerdings legt für mich den eventuell ebenfalls genialen Umkehrschluss nahe, Herrn Wirtschaftsförderer Schaal schadlos nach Donaueschingen zu entsorgen, den dortigen, ebenfalls profitablen Flugbetrieb einzustampfen und mit gleichermaßen Hundehaufen-ähnlichen Gewerbebauten zu versauen, und aktuell dort ansässige Flieger nach Konstanz zu übersiedeln. Der guten Verkehrs-Infrastruktur sei Dank.
Ist sich Herr Fecker, immerhin ehemals langjähriges Mitglied des Konstanzer Gemeinderates, bewusst, in welcher Höhe Steuern und Einnahmen aus dem jetzigen Betrieb des Konstanzer Flugplatzes in die Stadtkasse fließen?
Ist ihm bewusst, wann überhaupt Einnahmen aus Gewerbeansiedlungen fließen, die ihre, in diesem speziellen Fall weit überhöhten Investitionen über Jahre erst einmal abschreiben können?
Weiß er übrigens, wer die Erschließung finanzieren muss? Hat er sich mal Gedanken über diese Kosten und den zu erzielenden Preis der Grundstücke gemacht?
Möchte Herr Fecker einfach nur davon profitieren, dass überhaupt irgendwelche Opfer hier bauen und ausgerechnet ihn bzw. sein Büro damit beauftragen, dass ausgerechnet sie nicht im Morast versinken?
Und wer, liebe Leser, soll denn überhaupt freiwillig dieses Wagnis eingehen, an diesem Standort nachhaltig Rendite erwirtschaften zu wollen? Für mich bleiben da nur so Sympathieträger wie z.B. Monsanto, Ikea, VW, beliebige Vergnügungsstätten, Bordelle oder sonst irgendwelche Arschlöcher, die ihre Steuern in Holland, Luxemburg, der Schweiz oder ähnlich kriminellen Oasen versenken.
Konstanz hat sich mit dieser Idee schon jetzt komplett disqualifiziert. Leider habe auch ich geglaubt, dass es nach Horst Frank nicht schlimmer hätte kommen können. Das wirklich ganz üble Gegenteil ist der Fall.
Hallo Herr Koch, Hallo Herr Reile,
danke für Ihren wertvollen Artikel.
Eine kleine Anmerkung: Sie verwenden den Begriff des „Lobbyisten“ in diesem Zusammenhang m. E. falsch. Siehe z.B.:
http://de.wikipedia.org/wiki/Lobbyismus
„Ein Lobbyist ist die Person, die das Lobbying im Auftrag eines Dritten durchführt, zum Beispiel im Rahmen eines Dienstvertrages.“
Das dürfte hier wohl kaum zutreffend sein. Diejenigen, die Sie hier als Lobbyisten bezeichnen, sind wohl eher direkt von einem Sachverhalt betroffene Menschen (so wie z.B. ich). Ich nehme an, Sie werden vermutlich die sich derzeit über die Sperrung in Wollmatingen beschwerenden Anwohner auch nicht als Lobbyisten bezeichnen? Ein vielleicht neutralerer Ausdruck wäre in beiden Fällen eher „Interessensgruppe“. Falls es im Zusammenhang mit dem Flugplatz in Konstanz tatsächlich „echte“ Lobbyisten geben sollte, würde mich dies sehr überraschen.
Nichtsdestotrotz nochmals danke für Ihren Artikel, es ist sehr gut, dass es in Konstanz wenigstens ein Medium gibt, das Verwaltungsvorgänge kritisch hinterfragt und versucht hinter die Kulissen zu blicken.
Viele Grüße,
Peter Magulski
Leider basiert die Eskalation der jetzigen Entwicklung auf Einzelinteressen, sprich von Personen wie (z.B.) Frieda Schaal, die befürchten müssen, da sie ansonsten nichts auf dem Zettel haben, überflüssig zu werden, aber den Freibrief inne haben, in blindem Aktionismus „Experten“ von Gott weiß wo rekrutieren und beauftragen zu dürfen. Schaut man sich deren Vernetzung, besser noch deren Vita an, weiß man, was die Stunde geschlagen hat. Da darf so ein „Wirtschaftsförderer“ schon mal, so ganz nebenbei, Existenzen vernichten, ohne dass der Gemeinderat ihm eine Locke abschneidet. Traurig, aber wahr. Und die Expertisen der übrigen Checker, wie ebenhier nachzulesen, beweisen ja ein gleichfalls trauriges Zeugnis.
Sehr geehrter Herr Koch ,
danke für Ihren Bericht. Wenn die Stadt weiter so plant, trägt das sicherlich zur Gewerbeentwicklung anderer Kommunen bei.
Es werden noch mehr Konstanzer und auch Konstanzer Firmen die Stadt verlassen!
Aber es kommt ja immer etwas besseres nach!
An dem Flugplatz und dessen Umfeld hängen bereits jetzt Existenzen. Auch Konstanzer Bürger, die Ihre Familien damit ernähren, heute und hoffentlich auch weiterhin.
Eine Entwicklung des Verkehrslandeplatzes durch Schaffung von Investitionssicherheit und der Möglichkeit das Umfeld am Flugplatz aufzuwerten schafft Arbeitsplätze und bringt Steuereinnahmen. Dazu muss die Stadtverwaltung aber auch einmal in eine andere Richtung denken. Die Stadt gibt ja immer gern Geld für Gutachten aus. Wie wäre es denn mal mit einem Gutachten mit einer anderen Fragestellung? Welche sinnvolle Entwicklungen für den Verkehrslandeplatzes gibt es? Eine Randbebauung wäre möglich, ein Bebauungsplan realisierbar. Es könnte eine vernünftige Infrastruktur mit Gastronomie, Tourismusschalter, Café, öffentlicher Grillstätte und vieles mehr geschaffen werden. Es gibt mehrerer namhafte
Konstanzer Firmen die in den Flugzeugbau (Luftsportgeräte, Prallluftschiffe etc.) investieren würden und dadurch weitere Arbeitsplätze schaffen.
Auch im Bereich Bildung ist der Flugplatzgelände nicht nur für die HTWG eine interessante Fläche.
Was wird aus Konstanz als Oberzentrum ohne den Verkehrslandeplatz? Wie lange bleibt es noch Oberzentrum, wenn langsam alle Einrichtungen und Angebote, die ein Oberzentrum ausmachen zugunsten einer kurzfristigen vermeintlichen Verbesserung aufgelöst werden?
Mit freundlichen Grüssen
Gerry Mayr
Sehr geehrter Herr Fecker,
mit großer Verwunderung (wie auch ebensolcher Belastung meines Zwerchfells) habe ich Ihren Kommentar gelesen, sollten doch gerade Sie es besser wissen.
Ein B-Plan dieser Güteklasse ist innerhalb von ein bis zwei Jahren durch. Alles andere wäre Versäumnissen der entsprechenden Behörden geschuldet. Wenn er also durch ist, kann gebaut werden. Merkwürdig, dass gerade Sie das nicht wissen.
Apropos „Fachbüros“: Die Gestaltungssatzung für das Gewerbegebiet Stromeyersdorf , damals teuer bezahlt, ist ja wohl aus fachlicher Sicht ein Furz mit Rückstoß.
Aber wenn Sie meinen, dass nach dem B33-Ausbau gut gestaltete Gewerbebauten zu bewundern wären, bleibt ja noch etwas Hoffnung. Denn das dürfte wohl in frühestens 30 Jahren der Fall sein.
Allein, mir schwant, Sie haben überhaupt keine Ahnung.
Trotzdem (der Fluch guter Erziehung) freundliche Grüße,
Heinz Stunk
Hallo Herr Rügert,
was Sie hier beschreiben ist doch nichts anderes, als die Vorbereitung der Bebauung des Flugplatzes durch die Verwaltung, naturgemäß unter Berücksichtigung der gesetzlichen Vorgaben, letztendlich zum Zwecke der Erstellung eines Bebauungsplans und anschließendem wie wohl schon beschlossenen Durchwinken desselben im Gemeinderat. Warum schreiben Sie das so angestrengt verklausuliert? Halten Sie z.B. mich für dumm oder können Sie sich derartige Formulierungen deshalb erlauben, weil Sie die traurige Mehrheit der leider weniger reflektierenden Gesellschaft, die für objektive Argumente grundsätzlich erst mal nicht empfänglich ist, hinter sich wissen (ob die nun verstehen, was Sie da schreiben, oder auch nicht)?
Ohne Hoffnung auf eine klare Antwort, dank einwandfreier Kinderstube jedoch mit freundlichen Grüßen,
Heinz Stunk
Hallo Herr Koch, nein, keiner „verschanzt“ sich hier hinter jemandem und „versteckt“ wird auch nichts. Es handelt sich hier um ein absolut transparentes Verfahren. Die Konzeptentwürfe wurden bereits in der öffentlichen Sitzung des Wirtschaftsausschusses und des Technischen- und Umweltausschusses am 05.05.15 vorgestellt.
Nun geht es um die Öffentlichkeitsbeteiligung. Es handelt sich um eine frühzeitige Information über die Ziele der Planung, ohne alle Belange schon heute gewichtet zu haben. In diesem Rahmen werden die Konzeptentwürfe der Öffentlichkeit, den Verbänden sowie den Trägern öffentlicher Belange vorgelegt und die Stellungnahmen zu Belangen, Betroffenheiten und Informationen eingeholt.
Danach erfolgt die fachliche Prüfung und Einarbeitung der Stellungnahmen in die Konzeptentwürfe und die Klärung aller offenen Fragestellungen.
Anschließend wird das Ganze nochmals den politischen Gremien vorgelegt (vermutlich im 4. Quartal 2015).
Und selbstverständlich sind die Konzeptentwürfe auch im Technischen Rathaus und in unserem ALLRIS öffentlich einzusehen: http://www.konstanz.sitzung-online.de/bi/allris.net.asp
Und noch ein Hinweis zu der Bemerkung, dass „die letzte Grünfläche in Konstanz geopfert werden soll“: in Konstanz stehen rund 3.200 Hektar unter gesetzlichem Schutz, das sind über 50 % der Stadtgemarkung!
Walter Rügert (Stadt Konstanz, Pressereferent)
Sehr geehrter Herr Koch,
mit Interesse habe ich heute Ihren Bericht gelesen. Ich bin schon lange für eine Schließung des Flugplatzes und hatte mich dazu auch als Stadtrat schon oft geäußert.
2 / 3 der Flugplatzfläche ist Naturschutz (westlicher Bereich). Eine Stadt wie Konstanz muss ansiedlungswilligen Firmen mit B – Plan festgelegte Flächen anbieten können. Der Flugplatz mit der möglichen Gewerbefläche ist die letzte Möglichkeit, in dieser Richtung zu handeln. Bis der Flugplatz im Verfahren geschlossen werden kann, dauert es sicher mind. 5 Jahre. Wahrscheinlich ist dann ein rechtskräftiger B – Plan für Gewerbe noch nicht wirksam. Es dauert also sehr lange.
Zu ALTANA -Zeiten wurde bereits die kurze Bahn-Verbindung nach Zürch-Flughafen als gute Situation dem Flughafen Konstanz vorgezogen. Freizeitflieger können dann über eine ausgebaute B 33 schnell z.B. nach Donaueschingen fahren und dort fliegen.
Wenn der Ausbau der B 33 mit Einfahrt nach Konstanz geschafft ist, tut es unserer Stadt Konstanz gut, wenn nach der Naturschutzfläche gut gestaltete Gewerbe-Neubauten Konstanz ankündigen. Bei der gestalterischen Planung muss natürlich wegen des Baugrundes ein Fachbüro einbezogen werden.
Wenn alles in die dargestellte Richtung läuft, kann Konstanz ein tolles Gewerbegebiet anpreisen und um Ansiedlung von Firmen werben.
Mit freundlichen Grüßen
Alexander Fecker