Gratwanderung der „Ohnemichels“

Händeringend werden im Kreis Konstanz neue Unterkünfte für Flüchtlinge gesucht – 1054 stehen derzeit zur Verfügung. Viel zu wenig, wenn man weiß, dass dem Landkreis monatlich rund 100 zusätzliche Flüchtlinge zugewiesen werden, Tendenz steigend. Aktuell sind weitere Unterkünfte in Singen und Engen im Gespräch. Doch da gibt es Schwierigkeiten.

Durch die Anmietung des ehemaligen Internats in Gaienhofen wird sich die Zahl der Unterkünfte noch 2015 zwar um maximal 100 erhöhen (seemoz berichtete), doch die Nachfrage bleibt weiter hoch. In Singen könnte, so ist zu hören, ein weiteres Grundstück zum Bau einer Unterkunft für Flüchtlinge erworben werden. Nur – über den Kaufpreis ist man sich wohl noch nicht einig, und eine Genehmigung für den Umbau liegt auch noch nicht vor.

Die Verantwortlichen im Landratsamt klagen, wenn auch nur hinter vorgehaltener Hand, schon seit längerem über erhöhte Kauf- und Mietpreise, wenn es um Flüchtlingsunterkünfte geht. Private wie  institutionelle Anbieter wittern hier offenkundig ein gutes Geschäft – und das gilt nicht nur, aber auch für die evangelische Kirche beim Grundstücksdeal in Gaienhofen. Dort könnte allerdings durch eine anderweitige Vermietung nicht benötigter Gebäude eine Refinanzierung zugunsten des Steuerzahlers erreicht werden.

Andere Probleme tauchen in Engen auf. Dort regt sich offensichtlich Widerspruch gegen eine zu starke Konzentration von Unterkünften für Asylbewerber im Innenstadtbereich, da dort bereits seit März die Unterkunft „Badischer Hof“ in Betrieb ist. Über eine Verlegung neuer Unterkünfte an den Stadtrand wird spekuliert und überhaupt müsse über einen gerechteren Verteilungsschlüssel der Flüchtlinge auf die einzelnen Gemeinden nachgedacht werden, meinen örtliche Politiker.

Noch spielen sich solche Diskussionen hinter vorgehaltener Hand und hinter verschlossenen Türen ab. Dennoch scheint hier – wie z. B. auch in der Windkraft-Diskussion – das „Ohnemichel-Prinzip“ zu greifen nach dem Motto: Wir sind zwar im Prinzip dafür, aber lieber wäre uns, wenn das beim Nachbarn passiert. Nicht umsonst steht im Landkreis Konstanz noch kein einziges Windrad.

In seiner heutigen Sitzung wird der Kreistag über beide Themen diskutieren – über Windkraftanlagen in öffentlicher, über die Flüchtlingsproblematik in nicht öffentlicher Sitzung. Und in gewohnter Zurückhaltung wird seemoz über beide Themen weiterhin berichten.

hpk

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