Südkurier Online: Ein Tummelplatz für Rassisten
Noch nicht lange ist es her, da zogen über 2000 KonstanzerInnen durch die Straßen und demonstrierten für eine bunte, offene und tolerante Stadt. Auch der Gemeinderat hat sich mehrmals eindeutig gegen braune Umtriebe und Fremdenfeindlichkeit positioniert. Und was macht die örtliche Tageszeitung? Auf ihren Online-Seiten bietet sie anonymen Hetzern die Möglichkeit, menschenfeindliche Propaganda abzusondern.
Sie nennen sich „HansMaier“, „holgi62“, „chrgue“, „captain52“, „Graf.Stauffenberg“, „Klardenker“, „billi“, „Zimtschnitte“ oder „Seeliebhaber“. Alles Pseudonyme, unter denen sie ungezügelt und hemmungslos auf den Online-Seiten der hiesigen Tageszeitung ihre rassistischen Kommentare absetzen. Man kann darauf wetten: Wird beispielsweise über die Situation der Flüchtlinge und deren Notlagen berichtet, schießen die rechten Hasskappen aus dem Unterholz und üben sich in purer Menschenverachtung. Ihr geistiger Müll ist meist identisch mit Hetzparolen, wie man sie von der NPD kennt. Und der Südkurier lässt das zu.
Ein besonders dumpfer Zeitgenosse, der wahrscheinlich hinter allem, was sein tristes Leben erschwert, bösartige Migranten vermutet, ist HansMaier. Als im Südkurier ein Bericht zum Thema Jugendkriminalität erschien, kam folgender Kommentar von ihm: „Deutschland ist das Land der Deutschen (…) Wir hätten sehr viele Probleme nicht, wenn wir nicht zum Traumland für viele Ausländer geworden wären. Diese müssen wir jetzt mit viel Geld ruhig stellen, damit sie uns in Ruhe lassen“. Und chrgue ist sich absolut sicher: „Wir werden kontinuierlich zerstört, unsere Werte, unsere Kultur wird vernichtet durch eine massenhafte Zuwanderung“.
Letzte Woche, es ging um die bevorstehende Abschiebung von Roma-Familien, war HansMaier wieder zur Stelle: „Und gerade bei den Roma muss man ganz klar sagen, dass die zu einem großen Teil selbst schuld sind. Analphabetismus, weil `der Weg in die Schule zu weit ist` – ist normal (…) Die Kinder sitzen bei uns in der Schule und verstehen nix. Man bringt denen zudem bei, dass man sich nur frech genug verhalten muss – es findet sich immer ein Dummer, der einen aushält“. Da wollte Zimtschnitte nicht zurück stehen: „ (…) Das Asylrecht dient Verfolgten und nicht Armutseinwanderern, die hier mit Hilfe unserer Sozialsysteme (7 Kinder!) ein sorgenfreies Leben suchen“.
Und HansMaier komplettiert: „Roma sind dafür bekannt, Kleinbetrügereien, Taschendiebstähle und (in geringerem Ausmaß) Einbrüche zu begehen“. Der ausgewiesene Volksverhetzer darf sich täglich austoben und er nimmt das Angebot gerne an: „Das alles ist Gift für die Einwanderer, (…) denen man nur die Gelegenheit gibt, uns berauben zu können“. Billi und Klardenker pflichten ihm bei und bezeichnen die Flüchtlinge als „kosovarische Wirtschaftsreisende“ oder „afrikanische Sozialtouristen“. Menschenverachtung, wie man sie sich übler nicht vorstellen kann, transportiert und verbreitet vom Südkurier. Nur wenige kommentieren gegen diesen braunen Mob, werden aber in der Regel sofort untergebuttert und geben schließlich entnervt auf.
Gestern dann meldete sich Graf.Stauffenberg zu Wort und konnte offen für eine Konstanzer Pegida werben: „Pegida startet nun auch in Konstanz. Eine Großdemo ist in Planung (…) wir müssen eben den verwirrten Gutmenschen und Antifa (linke Nazis) auch etwas Action bieten“.
Wer bislang der Meinung war, hier würden nur einige wenige Psychopathen mit viel Tagesfreizeit ihr Unwesen treiben, der irrt. Die rechte Szene formiert sich auch in Konstanz und der Südkurier bietet ihr eine Möglichkeit, fremdenfeindliche und rassistische Inhalte zu verbreiten. Gerade mal zwei Wochen ist es her, da wurden von der Nazitruppe „Der Dritte Weg“ in der Stadt Flugblätter verteilt, auf denen von „Asylmissbrauch“ und „drohendem Volkstod“ die Rede war, dem die Deutschen allmählich ausgesetzt seien. Auf den Flyern waren aber auch die Adressen von Flüchtlingsunterkünften angegeben, sicher nicht, um dort Hilfe und Unterstützung anzubieten.
Gerade deshalb kommt dem Südkurier eine besondere Verantwortung zu, auch auf seinen Online-Seiten, die täglich von tausenden gelesen werden, wie die Redaktion gerne stolz verkündet. Redakteur Sebastian Pantel ist verantwortlich für den Auftritt im Netz und an ihn haben wir folgende Anfrage geschickt:
Sehr geehrter Herr Pantel,
Da Sie ja verantwortlich sind für die Online-Seiten des Südkurier, bitte ich um Beantwortung folgender Frage: Was veranlasst Sie dazu, Kommentare freizuschalten, die in ihrer großen Mehrheit rassistisch und fremdenfeindlich sind? Anonyme Heckenschützen, die sich bspw. „HansMaier“ oder „Zimtschnitte“ usw. nennen schüren Fremdenhass- und Sie lassen sie gewähren und bieten ihnen täglich eine Plattform. Besonders Sinti und Roma sind ins Fadenkreuz dieser feigen Brandstifter geraten. Es dreht einem den Magen um, wenn man auf den von Ihnen zu verantwortenden Seiten lesen muss, dass diese Bevölkerungsgruppe „uns ausraubt“ und sich „auf unsere Kosten“ ein schönes Leben machen will. Offen wird auch dazu aufgerufen, Pegida zu unterstützen. Und Sie lassen es auch zu, dass Flüchtlinge, woher sie auch kommen mögen, fast durchweg kriminalisiert werden.
Auf Ihre Antwort bin ich gespannt, denn mit Pressefreiheit und Meinungsvielfalt hat das alles nichts zu tun, was Sie da zulassen. Ich halte das – gelinde gesagt – für grob fahrlässig und verantwortungslos. Und das in einer Stadt, in der erst vor kurzem über 2000 Menschen für ein buntes und tolerantes Konstanz auf die Straße gegangen sind. Warum also räumen Sie solchen Hetzern die Möglichkeit ein, Tag für Tag bei Ihnen aufs Widerlichste zu kommentieren? Muss erst Schlimmeres passieren, bis Sie einsehen, dass man solchen Leuten kein Forum bieten darf? Übernehmen Sie dann die Verantwortung? Oder gelten für Sie nur noch die Klickzahlen auf Ihren Seiten? Das allerdings wäre nicht nur fatal, sondern auch zynisch.
Ich bitte um baldige Antwort
Mit sehr nachdenklichen Grüßen
Holger Reile
Diese Mail ging gestern an Herrn Pantel und auch an die Online-Redaktion. Eine Antwort steht noch aus. Wer sich dieser Protestnote anschließen möchte: sebastian.pantel@suedkurier.de – oder: online-redaktion@suedkurier.de
Anmerkung: Auch Südkurier-Redakteure clicken vor Arbeitsbeginn gerne auf seemoz. Der Text über ihren lockeren Umgang mit rassistischen Kommentaren hat umgehend dazu geführt, dass sie die Werbung für Pegida in Konstanz nun löschten. Eine Bitte noch an unsere LeserInnen: Wer sich bei der Online-Redaktion aufgrund unseres kritischen Artikels beschwert, möge uns das bitte wissen lassen. Ebenso, wenn sie eine Reaktion erhalten. Vorab herzlichen Dank.
H. Reile
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