Wohin mit den Wobak-Millionen?
2 409 583,46 Euro – das ist der Bilanzgewinn der städtischen Wohnungsbaugesellschaft Wobak in 2014. Anders als andere Baugesellschaften – abschreckendes Beispiel ist die GVV aus Singen – kann das Konstanzer Unternehmen somit in eine rosige Zukunft blicken. Wer jetzt aber auf eine kräftige Finanzspritze für den darbenden Konstanzer Wohnungsmarkt hofft, wird enttäuscht: Der Gewinn soll auf die hohe Kante gelegt werden.
Die freien Rücklagen, ohnehin schon deutlich über 15 Millionen schwer, sollen mit diesem Gewinn zusätzlich gefüttert werden, sodass die Bilanzsumme die 200-Millionen-Marke lässig knackt. Und auch für das laufende Jahr wird mit einem Millionengewinn in ähnlicher Größenordnung für das Unternehmen, das im Vorjahr 90 wurde, gerechnet. Fragt sich: Wohin mit all‘ dem Geld auf einem städtischen Wohnungsmarkt, der nicht genügend preiswerten Wohnraum anbietet? Diese Frage hat unter anderem der Gemeinderat in seiner Sitzung am kommenden Donnerstag zu entscheiden. Und deshalb muss außerdem gefragt werden, ob die GemeinderätInnen es ernst meinen mit ihrem „Handlungsprogramm Wohnen“.
Zahl der Wohnungsbewerber steigt stetig
Denn die Zahl der BürgerInnen in Wohnungsnot wächst stetig: Von 2286 (2010) über 2593 (2013) stieg sie im Vorjahr auf 2726. Wohlgemerkt: Das sind nur die bei der Wobak registrierten Bewerber – die Zahl der Wohnungssuchenden in Konstanz dürfte mindestens doppelt so hoch sein. Außerdem muss dringend Wohnraum geschaffen werden für die steigende Zahl von Flüchtlingen, die nach ihrer zweijährigen Kasernierung in den Sammelunterkünften Steinstraße und Luisenstraße in Anschlussunterkünfte drängen, in Wohnungen also, die noch nicht einmal geplant sind. Von der spätestens zum nächsten Wintersemester erneut anstehenden Knappheit an Studentenbuden ganz zu schweigen.
Ob sich in dieser Situation mit allerhand Sprengstoff die Verantwortlichen in Verwaltung und Wobak, aber auch die politisch Verantwortlichen im Gemeinderat mit einer „Aufstockung der freien Rücklagen“ begnügen können, ist mehr als fraglich. Zwar sind derzeit 270 Wohnungen bei der Wobak in Bau und dreimal so viele in Planung, doch der Konstanzer Wohnungsbau braucht jeden Cent, um die Wohnungsnot nicht erst in 2020 abzuschaffen.
Es fehlt schlicht an Geld am richtigen Platz
Das jahrelang verschleppte Problem der Konstanzer Wohnungsnot (und da vor allem an bezahlbaren Wohnungen für junge Familien und Geringverdiener) wird nicht durch „Mietpreisbremse“ und „Zweckentfremdungsverbot“ behoben – das sind nur bürokratische Hilfsmittel, deren Wirkung überdies zweifelhaft sind. Es fehlt schlicht an Geld, das am richtigen Platz investiert wird.
Mit den fast drei Millionen Wobak-Gewinn sind keine großen Sprünge auf dem Konstanzer Baumarkt zu machen. Aber sie jetzt in den freien Rücklagen zu parken, wäre sicherlich ein falsches Zeichen. Der Gemeinderat jedoch könnte am Donnerstag ein richtiges Zeichen setzen.
hpk
Also, die Herren Kropp und Koch,
Gegenseitiges Parteiengezänk, wer nun ahnungsloser oder populistischer sei, ist der wichtigen Sache nicht dienlich. Es geht schließlich um die notwendige Schaffung bezahlbaren Wohnraums. Weitaus konstruktiver finde ich, wenn man sich in die Lage versetzen würde, gemeinsame Positionen zu finden und dann – falls möglich – auch gemeinsam umzusetzen. Was ich bisher dazu hier gelesen habe, nenne ich Wahlkampfbäuerchen.
Freundschaft
H. Reile
Wollen Sie nicht verstehen, Herr Kropp? Dann gaaanz langsam: Es geht einzig darum, diesen aktuellen Gewinn nicht zu bunkern, sondern flott und zweckgebunden in den sozialen Wohnungsbau zu investieren. Und damit den hehren Ankündigungen endlich Taten folgen zu lassen. Basta (alter SPD-Spruch).
Oh je, hier werden ja alle linken Feuerwerkskörper auf ein Mal gezündet: Neoliberal, Swap-Geschäfte usw. Was bitte ist bei einem sozial orientierten Wohnungsbauunternehmen neoliberal? Was soll der Hinweis auf derivate Finanzgeschäfte im Zusammenhang mit einem Unternehmen, das sie nicht benutzt und nicht benutzt hat? Was soll die Kritik an einer soliden finanzierten Darlehensaufnahme für Wohnungen? Oder spricht sich die LINKE mittlerweile dafür aus, dass Investitionen in dne sozialen Wohnungsbau nur noch mit Eigenkapital finanziert werden? Dann bin ich gespannt, wie viele Sozialwohnungen bei solch einem Konzept in den nächsten Jahren entstehen. 20 oder 30? Mit Verlaub: Die Berichterstattung über die WOBAK ist ein Paradebeispiel des Linkspopulismus.
Genau das ist der neoliberale Kitt in den Köpfen, werter Herr Kropp: Diese Frage ist nicht altbacken betriebswirtschaftlich, sondern politisch zu klären. Wer das Eigenkapital mitsamt der Rücklagen nur als Polster für die Kreditbeschaffung versteht, macht business as usual und verkennt die politische Brisanz, die eine flotte Zuführung liquider Mittel ohne Zinshürden erfordert (dann brauchte man auch keine Swap-Geschäfte und Fremdwährungsdarlehen, für deren Pannen wir jetzt bluten müssen – Anmerkung nicht nur für Herrn Rohloff): Nun müssen direkte Investitionen her (die Wobak-Rücklagen von 15 Mio. wurden in den letzten Jahren nicht angefasst). Dafür aber braucht es die Einsicht, dass schnell und direkt geholfen werden muss. Und die fehlt, wie die heutige Debatte im Gemeinderat zeigte.
Eine sehr irreführende Berichterstattung: Die WOBAK baut nicht nur viele neue Wohnungen, sie investiert auch einen zweistelligen Millionen-Betrag in die Instandhaltung und energetische Sanierung. Diese Investitionen bezahlt die Gesellschaft nicht in bar, sondern über – zinsverbilligte – Kredite aus der Wohnraumförderung des Landes oder der KfW. Wer in großem Stil investiert wie die WOBAK braucht Eigenkapital, das im soliden Verhältnis zu den Verbindlichkeiten für die Investitionen stehen muss. Kritisieren dürfte man die Stadt nur dann, wenn sie fordern würde, dass der Gewinn an die Eigentümer ausbezahlt wird. Aber das passiert nicht, er bleibt im Unternehmen und schafft so als erhöhtes Eigenkapital die Basis für weitere Investitionen im Wohnungsbau.