Wie Jan Hus wirklich war

Am Samstag, 4. Juli, wird das Hus-Denkmal auf der Laube in Konstanz aufgestellt. Rechtzeitig zu diesem Gedenkwochenende – Hus‘ Mordestag jährt sich am 6. 7. zum 600. Mal – kommt Walter Rügert mit seinem Buch „Jan Hus – Auf den Spuren des böhmischen Reformators“ auf den Markt.

Klar, dass der Pressesprecher der Stadt Konstanz in seinem Büchlein zu Ehren des von seinem Arbeitgeber ausgerufenen Konzil-Spektakels nicht übermäßig kritisch mit der Lichtgestalt Hus umgeht. Klar auch, dass Rügert deshalb wenig Kirchen-Kritisches über diesen Fememord vermeldet – so ist von einer nötigen Rehabilitation durch die Katholische Kirche nirgends die Rede.

Dennoch sorgt der Autor für einige Klarheiten um den so häufig zu Unrecht hochgejubelten Ketzer Jan Hus. Indem er zum Beispiel herausarbeitet, dass
► die Hus-Aussagen ohne die Lehren des englischen Reformators John Wycliff nicht denkbar gewesen wären. Eigentlich ist der 40 Jahre zuvor verstorbene Wycliff der Reformator und Hus nur sein Sprachrohr auf dem europäischen Festland;
► in den Hussiten-Kriegen als nationale Erhebung der Böhmen der Priester Hus nur als Symbolfigur und Namensgeber genutzt wurde;
► Hus‘ Schicksalsgenosse Hieronymus von Prag, der ein Jahr später an der selben Stelle vor den Toren von Konstanz gemeuchelt wurde, zu Unrecht nur an zweiter Stelle genannt wird: Er war es, der gegen die Wycliff-Widersacher wetterte und die religiösen Wegzeichen setze.

Für historische Laien sind das sicherlich bemerkenswerte Erkenntnisse, dem Experten hingegen bietet das Büchlein wenig Neues. Aber das ist womöglich auch nicht Rügerts Absicht – er will dem Konzil-Besucher und dem interessierten Konstanzer ein anschauliches, leicht lesbares 96-Seiten-Buch an die Hand geben, das Hus abseits der Heldenverehrung ins rechte Licht rückt. Und das ist trefflich gelungen: Schnörkellos formuliert, aufwändig layoutet, überreich bebildert, bietet das – wortwörtlich gemeint – Taschenbuch einen anschaulichen Überblick über Hus, seine Zeit und seine Wirkung bis in die Gegenwart. Das ist genüsslich sogar nebenher zu lesen und lohnt auch späterhin das Nachschlagen. Diese 16 Euronen sind jedenfalls gut angelegt.

hpk

seemoz-Rügert-JanHusWalter Rügert: Jan Hus – Auf den Spuren des böhmischen Reformators, Gestaltung: Petra und Horst Bachmann, 2015, 12,5 x 21,0 cm, 96 Seiten, Klappenbroschur, 40 Abb. € 16,–