Stadtgeflüster: OB-Frage, Jubiläums-Frage und andere Fragen

Wer bislang hartnäckig abgestritten hat, dass Konstanz  ein Stück Nabel der Welt ist, dem muss es nun wie Schuppen von den Augen gefallen sein. Das hiesige Ortsblatt vermeldete brandaktuell, dass sich der ägyptische Langzeitdiktator Hosni Mubarak vor rund 30 Jahren mit befreundeten Wegelagerern in unserer Stadt aufgehalten hat und man sich gerne an ihn erinnert.  Seine Frau soll sogar einen Mantel gekauft haben. In Konstanz! Da können wir mit unseren dünnen Nachrichten nur schwer  mithalten.

Anwalt Klaus Frank, mit dem amtierenden OB Horst Frank weder versippt noch verschwägert, sonnt sich seit Wochen im Blitzlichtgewitter und verbeißt sich mit Vorliebe wortschwallig in  hechelnde Mikrophone, die sich ihm seit Prozessbeginn entgegen recken. Sein Mandant, der „Taximörder“ (eine wohl eher zynische Wortfindung), steht vor Gericht und alle suchen nach Erklärungen, was die „Bestie in Menschengestalt“ mit russischen Wurzeln zu seinen Taten getrieben hat. Dass Anwalt Frank bereits vor Prozessauftakt verlauten ließ, sein Mandant müsse wohl mit einer Verurteilung und anschließender Sicherungsverwahrung rechnen, hat nicht nur bei Juristen Kopfschütteln ausgelöst.

Lästerzungen behaupten, Klaus Frank betreibe vorgezogenen Wahlkampf, denn er wolle 2012 zur OB-Wahl antreten. Der Jurist sitzt seit 2009 für die Wählervereinigung FuF („Frank & Freie – Bunte Liste“, im Volksmund spöttisch „Fuffie“ genannt) als Einzelkämpfer im Konstanzer Gemeinderat. Doch diese Gruppierung, beim Kommunalwahlkampf noch mit viel Dampf und Getöse angetreten,  ist wohl so lebendig wie eine vertrocknete Tulpenzwiebel. Der letzte Eintrag auf der FuF-Website stammt vom 21.3.2010. Wie es um seine historischen Kenntnisse bestellt ist, hat er unlängst bei einer Debatte um das Konziljubiläum wissen lassen: „Das war `ne geile Party, da wäre ich auch gerne dabei gewesen.“ Fragt sich nur als was.

Bleiben wir aber beim Thema OB-Wahl, die nächstes Jahr stattfinden wird. Wer da, außer Klaus Frank, seine Kappe in den Ring werfen wird, ist noch unklar. Bislang ging man davon aus, dass Noch-OB Horst Frank wohl nicht mehr kandidieren wird. Spätestens seit der empfindlichen Schlappe in Sachen KKH scheint seine Karriere als Verwaltungschef beendet. Oder doch nicht? Man munkelt, Horst Frank habe sich noch nicht endgültig entschieden. Möglich auch, dass ihn das bevorstehende Konziljubiläum ab 2014 umtreibt und er dabei gerne zur Eröffnung den Weihwasserkessel schwenken würde.

CDU, SPD und FGL werden sich wohl nach halbwegs prominenten KandidatInnen aus ihren Landesverbänden umschauen, aber erstmal die kommenden Landtagswahlen abwarten. Danach wird es sicher eine Auswahl an Bewerbern geben, die den Einzug ins Landesparlament nicht schafften und sich um andere Posten bemühen werden. Als immer noch heißester OB-Kandidat gilt weiterhin der Konstanzer Museumsdirektor Tobias Engelsing. Aber auch der hält sich weiterhin wacker bedeckt. Will er abwarten, was ihm die aktuellen Haushaltsberatungen noch an erforderlichen Mitteln für seine Arbeit übrig lassen?

Geht es um die Landtagswahlen, dann kräht der CDU-MdL Andreas Hoffmann täglich laut und vernehmlich. Es wird ihn freuen, dass dabei der Südkurier tapfer an seiner Seite steht und den Kandidaten Hoffmann kräftig unterstützt. Im neuen Jahr verging kaum ein Tag, an dem nicht irgendwas über Hoffmann in der Tageszeitung zu lesen war. Offensichtlich wurde es dem betreffenden Redakteur dann doch mulmig und er fragte unverfroren scheinheilig bei den anderen Kandidaten nach, ob sie Hoffmanns Medienpräsenz nicht empörend oder zumindest seltsam fänden.

Herrlich, wie da der Bock zum Gärtner mutierte. Der Kollege empfiehlt sich zweifellos für höhere Aufgaben.

Von halbwegs ausgewogener Berichterstattung können andere KandidatInnen nur träumen. Bernhard Hanke von den Linken verschickt seit Wochen emsig Pressemitteilungen, die allerdings allesamt an der Schreibtischkante der Südkurier-Redakteure abtropften und spontan verglühten. Wer Hankes Verlautbarungen nachlesen will, der wird auf seemoz fündig. Ute Hauth, Kandidatin der Piratenpartei, hat immerhin noch die volle Unterstützung der Internetpostille see-online im Kreuz und wirbelt auch schon kräftig. Zur Zeit testet see-online exklusiv und im wissenschaftlich anerkannten Doppel-Blind-Verfahren die Qualität der Piratenkugelschreiber, die während der nächsten Wochen in der Stadt verteilt werden sollen. Ob die Stiftung Warentest diesen bahnbrechenden und innovativen Wahlkampfgag mit finanziert, war nicht zu erfahren. Von einer flächendeckenden Verteilung piratiger Kondome hat man übrigens in letzter Minute Abstand genommen. Ein erster interner Test mit Billigware von den Kapverdischen Inseln verlief nicht wie gewünscht. Dann doch lieber Kugelschreiber.

Auch ein verschämter Blick auf das Konziljubiläum darf hier nicht fehlen. Wie sich mittlerweile herumgesprochen hat, tagen diverse Gremien und hirnen darüber, wie man Konstanz spätestens ab 2014 auf die europäische Landkarte hieven könnte. Dass neben vernünftigen Vorschlägen auch seltsame Blüten ins Kraut schießen, war vorauszusehen. Zu letzterem gehört sicherlich das von Touristikchef Norbert Henneberger ausgebrütete Handwerkerdorf. Ab 2014 sollen sich rund um das Münster Handwerker einnisten, um längst vergessene Berufe wieder aufleben zu lassen. Und zwar fünf lange Jahre am Stück! Der Mann meint das auch noch ernst und will von seiner Idee bis dato keinen Millimeter abrücken. Auch die Einführung des alten Zahlungsmittels „Konstanzer Pfennig“ während des Jubiläums wabert noch in einigen Köpfen. Mit Spannung erwartet wird auch die Präsentation des neuen Logos zum Jubiläum. Runde 15 000 Euro soll es gekostet haben. Da sind wir doch alle im Vorfeld schon freudig erregt und rund um die Uhr beschäftigt uns die quälende Frage, was da auf uns zukommen wird. Man vermutet eine fantasievolle Buchstabenkombination, die dann den Ruhm der Stadt Konstanz bis in den letzten Winkel unseres Planeten streuen wird. Nicht nur bis nach Kairo.

Autor: Holger Reile