Eli Brünings zensierter Hus-Film ist nun online
Anfang April waren plötzlich die Wände in den Räumlichkeiten der Konstanzer Sparkasse leer. Die ausstellenden Künstler hatten ihre Werke zum Thema „Konzil im Blick der Kunst“ umgehend abgebaut. Der Grund: Die Verantwortlichen des Geldinstituts zensierten einen Film, in dem die Verbrennung von Jan Hus in einen historischen und aktuellen Kontext gestellt wurde.
Eli Brüning war damals ziemlich schockiert. Ohne ihr Wissen wurde ihre knapp achtminütige Videoinstallation einfach gekürzt. In ihrem Film stellt sie die Verbrennung von Jan Hus in Form einer Holzpuppe dar und verbindet sie mit historischen und aktuellen Entwicklungen, die durch Intoleranz und Religionsverfolgung in der Regel weltweit Blutbäder zur Folge haben.
Das allerdings wollten die Sparkassenzensoren nicht sehen und so schritten sie dreist zur Tat und kürzten das Video. Eine klassische Kunstzensur, die dazu führte, dass sich alle anderen ausstellenden KünstlerInnen mit Eli Brüning solidarisierten und ihre Ausstellungsstücke abräumten.
Eine hochnotpeinliche Aktion der Banker, deren Pressesprecher Wolfgang Eich auf seemoz-Anfrage Anfang April erklärte, von Zensur könne keine Rede sein, es habe sich wohl um einen „bedauerlichen Kommunikationsfehler“ gehandelt.
Kommunikationsfehler? Dieser Begriff könnte in Konstanz – man erinnere sich, dass auch der Pappelfrevel ein Kommunikationsfehler gewesen sein soll – zum Wort des Jahres 2015 gekürt werden. Der Südkurier hüllte sich damals in Schweigen und versank darin. Kein Wunder, schließlich pflegt man mit der Sparkasse Bodensee gute geschäftliche Beziehungen.
Nun hat Eli Brüning den vollständigen Film für alle zugänglich ins Netz gestellt. Hier kann er angesehen werden: Hus Verbrennung.
Holger Reile
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Wer sich zurückzieht ist nicht nur, nicht mehr da, sondern laut Überlieferung auferstanden in den Himmel. Je länger eine Legende überliefert wird, je wahrer wird sie.
Eli Brünings Video ist eine lose Aneinanderreihung kulturgeschichtlich nur sehr bedingt vergleichbarer Vorgänge. Man könnte „solche Bildeinschübe“ endlos fortsetzen. Mehr Tiefe entstünde nicht. Wenn das gemeint war, mag es ja so angehen. Manche „Kunstschaffende“ sehnen sich übrigens geradezu mal nach einer „Zensur“. So steht man kurze Zeit im Licht. Eine „Kunstzensur“ von Bankern ist jedoch nicht sehr aussagekräftig. Daher war auch das „Solidarisierungsritual“ das falsche Mittel. Wer sich zurückzieht, ist bekanntlich nicht mehr da.