Turnhallen als Notunterkünfte?

seemoz-TurnhallenWas in Bayern und NRW schon gang und gäbe ist (s. Foto), droht nun auch im Landkreis Konstanz: Bereits ab September könnten Turnhallen zu Notunterkünften für Flüchtlinge umgerüstet werden. „Wir müssen etwas tun, wir können das Problem nicht aussitzen“, gab ein sichtlich genervter Landrat Hämmerle in der letzten Sozialausschuss-Sitzung des Kreistages zu Protokoll.

184 zusätzliche Flüchtlinge werden dem Kreis Konstanz im Juli zugewiesen werden – deutlich mehr als bislang erwartet; für das Jahr 2016 rechnet man derzeit mit 2450 zusätzlichen Asylbewerbern. Aber solche Zahlen wurden schon in der Vergangenheit fast wöchentlich nach oben revidiert (seemoz berichtete regelmäßig). So oder so – es sind nicht genügend Unterkünfte für alle Neuankömmlinge da.

Zwar wird im Konstanzer Landratsamt mit Hochdruck an Lösungen gearbeitet, aber selbst angemietete Projekte wie in Gaienhofen müssen erst noch umgebaut werden oder sind, wie in Engen oder Konstanz, noch nicht einmal erstellt. „Doch uns fehlen die Unterkünfte von heute auf morgen“, klagt Frank Hämmerle und rechnet alle möglichen Projekte durch:

Eine Belegung von Hotels und Pensionen, wie noch in den 1990iger Jahren bei einem ähnlichen Ansturm von Flüchtlingen, ist vielerorts nicht möglich – erst kürzlich in Gesetzesnorm gegossene Brandschutz-Bestimmungen würden zu zeitaufwändigen (und teuren) Umbauten führen.

Über Zwangseinweisungen wird ernsthaft nachgedacht; einzelne Projekte sind schon in Augenschein genommen. Aber auch hier setzt offensichtlich eine verzwickte Gesetzeslage enge Grenzen: Eine solche Requirierung ist nur für sechs Monate erlaubt und zieht möglicherweise Sanierungskosten nach sich.

Container-Unterkünfte sind nach Auskunft der Verantwortlichen im Landkreis nur die letzte aller Lösungsmöglichkeiten. Man will hässliche Ghettos mit unkontrollierbaren sozialen Folgen vermeiden.

Bleiben aus Sicht des Landrats in erster Linie Turnhallen als Notunterkünfte. Die sind verfügbar, mit erträglichem Aufwand umzurüsten und nach Gebrauch relativ einfach wieder in den alten Stand zu versetzen. Dennoch wäre auch diese Lösung nicht kostenlos: SozialarbeiterInnen, Hausmeister und Pflegepersonal müssten zusätzlich eingestellt werden.

„Aber auch das ist natürlich eine schmerzliche Option“, weiß Hämmerle und verweist auf die Opfer, die vielen abverlangt würden: Der Sportunterricht an einzelnen Schulen würde eingeschränkt, Sportvereine verlören Trainingsmöglichkeiten, eine Ghetto-Bildung ist auch hier nicht ausgeschlossen. Und deshalb appelliert Landrat Hämmerle schon vorsorglich an die Betroffenen, in ihrem humanitären Engagement nicht nachzulassen: „Niemand flieht freiwillig. Wir müssen uns um diese Menschen kümmern. Und wir müssen das gemeinsam tun“.

Noch sind drei Monate Zeit, um Alternativen zu der ungeliebten Option, Turnhallen in Flüchtlings-Notunterkünfte umzuwandeln, zu finden. Und dem Appell des Landrats schließt sich die Redaktion gerne an: Suchen Sie leeren Wohnraum, melden Sie den an die Stadt- und Gemeindeverwaltungen, helfen Sie mit.

hpk

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