Wenn die Heike mit Elda und Kalin schwätzt…
Sichtlich erfreut war Ludwig Egenhofer über den Besuch aus Berlin: „Das ist toll, wenn Politiker sich vor Ort informieren und nicht nur in Theorie machen“. So begrüßte er Heike Hänsel, die vor einer Uni-Veranstaltung das Asylbewerberheim in der Konstanzer Steinstraße besuchte. Die Bundestags-Abgeordnete der Linken stieg dann auch gleich in die Flüchtlings-Problematik ein.
Besonders die Kinder im hauseigenen Spielzimmer hatten es der Politikerin angetan – mit Elda und Kalin und Zuliska aus dem Kosovo, aus Somalia und Syrien kam Heike Hänsel gleich ins Gespräch: Munter, ungezwungen und in erstaunlich gutem Deutsch erzählten die Vier- bis Achtjährigen von ihrem Leben in der Steinstraße und ihren Fortschritten in Schule und Kindergarten.
Denn vom Deutschkursus über das Frauencafé, von der Hausaufgaben-Betreuung bis zur Bastelgruppe gibt es vielfältige Spiel- und Bildungsangebote im Flüchtlingsheim, dem größten im Landkreis Konstanz. Die Sozialarbeiterinnen Oana Badoiu und Petra Knoblauch (s. Foto) berichteten denn auch von einem leidlich friedvollen Miteinander der 181 Flüchtlinge aus 28 Nationen.
186 Plätze kann die Unterkunft in der Steinstraße zur Verfügung stellen – „mit dem nächsten Schub von Flüchtlingen, die in der kommenden Woche ankommen, ist das Haus dann aber überfüllt“, ahnt Heimleiterin Gabriele Sonntag. Und Ludwig Egenhofer, als Leiter der Unteren Aufnahmebehörde im Landkreis Konstanz verantwortlich für die Unterbringung der Neuankömmlinge, weiß jetzt schon, dass spätestens im Spätsommer „alle Kapazitäten erschöpft sind“. Heike Hänsel, die gerade von einem ähnlichen Besuch in Ellwangen kam, bekräftigte dennoch: „Ein so reiches Land wie Deutschland ist nicht nur moralisch verpflichtet, hier zu helfen. Wer denn sonst soll das tun?“
Unweigerlich kam das Gespräch, dem neben dem linken Landtagskandidaten Simon Pschorr auch ein halbes Dutzend interessierter Bürger lauschte, auf Alternativen zur gegenwärtigen Unterbringung. „Ich tue alles, um die Belegung von Landkreis-Sporthallen zu verhindern“, versicherte Ludwig Egenhofer, „aber Zeltlager und Container-Siedlungen sind ebenso schlechte Alternativen. Es bleibt nur, auf die Mithilfe unserer MitbürgerInnen zu hoffen“.
Auch die PolitikerInnen Hänsel und Pschorr hatten keine schnellen Rezepte parat, versicherten aber, sich auf allen Ebenen für Lösungen gerade der Probleme in Konstanz einzusetzen. Hänsel, die am Abend an der Konstanzer Uni über „die wahren Ursachen von Flucht und Asyl“ referierte und diskutierte (seemoz-Bericht folgt), konnte nach diesem Ausflug in die Asyl-Wirklichkeit zumindest feststellen: „Ich weiß schon, dass es anderswo noch viel dramatischer als in Konstanz abläuft.“
hpk
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„Es bleibt nur, auf die Mithilfe unserer MitbürgerInnen zu hoffen“ – Das Engagement vieler Menschen, die den Geflüchteten helfen wollen, ist tatsächlich beeindruckend und natürlich unbedingt begrüßenswert. Allerdings fällt schon auf, wie leicht und wie häufig dieses Bekenntnis zur Bürger_innenbeteiligung ausgerechnet in dieser Sache politischen Verantwortungsträgern über die Lippen geht. Mir drängt sich der Eindruck auf, dass hier vom völligen Versagen der Politik abgelenkt werden soll. Jahrelang hat auch die grün-rote Landesregierung Forderungen von Flüchtlingsorganisationen, endlich mehr Mittel bereitzustellen und Konzepte zu erarbeiten, schlicht ignoriert und damit den Kommunen und Kreisen den schwarzen Peter zugeschoben. Das hätte Mappus nicht besser machen können, aber das gilt ja für die Flüchtlings(abschiebe)politik des Herrn Kretschmann insgesamt.
Vielleicht sollten die Konstanzer Grünen mal lieber ihre Energien darauf verwenden, ihrem Ministerpräsidenten diesbezüglich Feuer unterm Hintern zu machen, anstatt sich ebenso unappetittliche wie inhaltsleere Schlammschlachten um die Frage zu liefern, wer als nächstes an die Fleischtöpfe der Macht darf.
Jürgen Geiger