Hilfe für Flüchtlinge dringend gesucht

seemoz-Unterkünfte-Konstanz694 Flüchtlinge in 2015, weitere 1339 im nächsten Jahr. Hinter diesen nackten Zahlen für das Stadtgebiet Konstanz verbergen sich nicht nur unzählige Schicksale aus der Vergangenheit, sondern auch massive Probleme für die Zukunft. Wie, wo und wann können Neuankömmlinge untergebracht werden, wer stellt Wohnraum zur Verfügung? Das ist auch Thema der nächsten Sitzung des Gemeinderates am kommenden Donnerstag. Ob allerdings die Vorschläge der Verwaltung zielführend sind, darf bezweifelt werden.

„In einer Mail vom 13. Juli 2015 teilt das Landratsamt mit, dass derzeit 336 Flüchtlinge in Konstanz in zwei Unterkünften untergebracht sind (s. Foto). Bis Ende 2015 muss Konstanz insgesamt 694 Flüchtlinge aufnehmen. Die Schätzungen für das Jahr 2016 belaufen sich auf weitere 1339 Flüchtlinge, die in Konstanz unterzubringen sind“. Mit dieser dürren Mitteilung beschreibt die  Konstanzer Stadtverwaltung das Problem: In der Stadt, die ohnehin unter massiver Wohnraumnot leidet, müssen schnellstens gut 1000 zusätzliche Schlaf-, Wohn- und Lebensräume her.

Dabei ist zunächst nur von Gemeinschaftsunterkünften die Rede, Sammellager also, in denen Flüchtlinge zuerst kaserniert werden. Anschlussunterbringung in Wohnungen, auf die jeder Flüchtling nach spätestens 24 Monaten einen gesetzlichen Anspruch hat, bleiben auch in den Rechnungen der Verwaltung zunächst außen vor.

Unterkünfte bereits ausgelastet

Die beiden Konstanzer Gemeinschaftsunterkünfte in der Stein- und in der Luisenstraße sind bereits ausgelastet. Zwar ist die Vermietung des ehemaligen Transco-Gebäudes an das Landratsamt für die Einrichtung einer dritten Gemeinschaftsunterkunft (GU) in Konstanz beschlossen worden, zwar gibt es Planungen für eine Unterbringung am Zergle, zwar sind Fördersummen für weitere Projekte bereits eingeworben und, so geheimnist die Verwaltung, zusätzliche Vorhaben würden verhandelt, könnten der „Verschwiegenheitspflicht“ wegen aber noch nicht veröffentlicht werden – doch deutlich wird: Das alles reicht nicht. Die Verwaltung scheint hilflos.

Denn auf naheliegende Ideen wird verzichtet: Warum werden leerstehende Gewerbeflächen nicht berücksichtigt? Daniel Beringer und andere nennen in ihren seemoz-Kommentaren einige erwägenswerte Beispiele. Warum wird behauptet, Container zur Unterbringung von Flüchtlingen gäbe es nicht zu mieten, wenn doch seemoz durch eine einfache Nachfrage das Gegenteil belegt (s. „Und es gibt sie doch“ von gestern)?

Angst vor Wutbürgern?

Stattdessen gibt sich die Verwaltung ängstlich und verzagt. So ersucht sie den Gemeinderat um zusätzliche 50 000 Euro, um mit – wieder einmal – externer Hilfe „ein Konsultationsverfahren“ anzuregen und „die notwendige kommunikative Begleitung der Maßnahmen zu ermöglichen“. Was nicht anderes heißt: Wie sage ich es meinen Wutbürgern, wie halte ich mir Bürgerprotest vom Hals? Dafür sollen „ unmittelbar anstehende Bauvorhaben für Anschlussunterbringungen vorerst zurückgestellt“ werden. Im Volksmund heißt das: Auf die lange Bank schieben.

Weiterhin verspricht man, „sich schwerpunktmäßig auf die weitere Suche von Flächen oder Leerstand für künftige Erstunterkünfte für Flüchtlinge, … zu konzentrieren“. Mit Verlaub: Nichts anderes ist von der Stadtverwaltung zu erwarten, genau dafür geben wir unsere Steuergelder aus.

Aber vielleicht schaffen es die GemeinderätInnen am Donnerstag ja doch noch, den Verwaltungs-Fachleuten neue Ideen abzuringen (s. o.) – Anträge verschiedener Fraktionen zumindest liegen vor. Womöglich einigt man sich dann auch, das Geld, das für externe Beratung veranschlagt wird, lieber gleich in die Flüchtlingshilfe zu stecken.

hpk

Nachtrag bei Redaktionsschluss: Das Landratsamt Konstanz teilt mit: „Voraussichtlich ab Ende August 2015 werden in der Sporthalle der Zeppelin-Gewerbeschule in Konstanz rund 100 Asylsuchende untergebracht. Sofern dem Landkreis keine anderen Unterkünfte zur Verfügung stehen sollten, müssten in der Folge auch die Kreissporthallen in Singen, die Mettnausporthalle in Radolfzell und die Sport- und Gymnastikhalle der Wessenbergschule in Konstanz mit Asylbewerbern belegt werden“.