Flüchtlingspolitik und der Streit um eine Petition

„Wir unterscheiden nicht zwischen guten und schlechten Flüchtlingen“. Auch mit diesem Argument verweigerte sich Die Linke im Konstanzer Kreistag einer Petition, die vornehmlich einer flotten Abschiebung von Roma in den Westbalkan das Wort redet. Doch nur ein Grüner schloss sich bei der Abstimmung im Kreistag dieser Position zur Petition an.

Diese Kreistags-Resolution an die Gesetzgeber in Bund und Land hat eine Vorgeschichte: Bereits im Vorfeld hatten sich die beiden linken Kreisräte Marco Radojevic und Hans-Peter Koch gegen eine, von Landrat Hämmerle formulierte Fassung ausgesprochen. Dennoch wurde dieser Entwurf von den Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und SPD sowie von den Freien Wählern (FW) nochmals überarbeitet, so dass in der letzten Sitzung des Kreistages zwei Fassungen zur Abstimmung standen: Die ursprüngliche Fassung wurde mit 35 Stimmen aus dem Lager von CDU, FW und FDP angenommen, der alternative Vorschlag bekam 14 Stimmen von Grünen und SPD, und nur drei Kreisräte (Beyer-Köhler von den Grünen sowie Koch und Radojevic von der Linken) votierten gegen beide Fassungen.

Deren Kritik richtete sich vor allem gegen die unveränderte Aussage, „dem Migrationsdruck aus den Westbalkanstaaten“ müsse Einhalt geboten werden, „da in nahezu allen Fällen kein Anspruch auf Asyl besteht“. Stark beschleunigte Verfahren (zur Abschiebung, d. Red.) sollten zeitnah umgesetzt werden. Kreisrat Radojevic machte in seiner Rede deutlich, dass damit vornehmlich Roma gemeint seien, denen in ihren Herkunftsländern jedwede Diskriminierung droht, Roma seien die meist geschundene Gruppe in Europa, auch in Deutschland. Deshalb seine Warnung: „Diese Resolution … ist Öl ins Feuer derer, die ihren Hass auf die Schwächsten in unserer Gesellschaft projizieren“. Dieser Appell verhallte jedoch bei den bürgerlichen Kreisräten, siehe Abstimmung.

Ein bezeichnendes Licht auf die Diskussionskultur warf dann jedoch die nachfolgende Debatte: Radojevic wurde vorgeworfen, sich zum Sprachrohr der Hetze gegen Roma zu machen. Und das nur, weil er – um das Maß der Diskriminierung zu illustrieren – aus dem Hetzartikel einer ungarischen Zeitung zitiert hatte. Da wurde das Ross zum Reiter stilisiert.

Keine Zustimmung aus Singen

Ansonsten herrschte überwiegend Einigkeit, als es im Kreistag um Maßnahmen zur Flüchtlingsbetreuung ging. Und doch nicht so ganz: Als der Planungsauftrag für eine neue Gemeinschaftsunterkunft an der Worblinger Straße in Singen erteilt wurde, enthielten sich – quer durch alle Fraktionen – die Abgeordneten aus Singen mit OB Häusler an der Spitze. Aber auch sie haben natürlich nichts gegen Flüchtlinge – an sich.

Immerhin werden allein in diesem Jahr fast 500 000 Euro für neue Stellen für die Arbeit mit Flüchtlingen bewilligt. Techniker, Architekten, Hausmeister und Sozialarbeiter, insgesamt 19 an der Zahl, sollen zusätzlich eingestellt werden. Auch dafür wird Platz gebraucht: Neue Büros werden noch in der Sommerpause angemietet werden – dem Landrat wurde das Recht auf Eilentscheidungen eingeräumt.

600 Plätze bis Jahresende

Grundlage für solche Eilentscheidungen ist, dass bis Ende 2016 zusätzlich 2248 neue Wohnplätze für Flüchtlinge geschaffen werden müssen – 600 davon noch in 2015. Schon ist eine Kreisturnhalle in Konstanz als Notunterkunft vorgesehen (seemoz berichtete), parallel wird die Errichtung von Zelt- und Containerstädten vorbereitet. Außerdem sind fünf weitere Liegenschaften in Vorbereitung, über 25 Objekte wird derzeit verhandelt und 67 Angebote aus der Bevölkerung konnten noch nicht einmal geprüft werden.

red.

Mehr zum Thema:
22.07.2015 | Flüchtlingspolitik: Linke gegen Restriktionen[modal id=“19250″ style=button color=default size=default][/modal]