„Südkurier“ vor dem Ausverkauf ?

Die Arbeitsrechtler unter den Konstanzer Anwälten können sich vor Anfragen kaum retten: „Südkurier“-Beschäftigte laufen ihnen die Türen ein und fragen, wie Mitarbeiter sich schützen können, wenn ihr Medienhaus verkauft wird. Denn die Gerüchte vom „Südkurier“-Verkauf verdichten sich, nachdem auf einer Betriebsversammlung letzte Woche angedeutet worden sein soll, die Holtzbrinck-Verlagsgruppe plane den Verkauf aller Verlage im Konzern, die mit einer Druckerei kombiniert sind – der „Südkurier“ stünde da an Nummer eins.

Die Gerüchte wabern durch die Stadt und selbst durch die Republik. Journalisten und Verlagsprofis zwischen Hamburg und München und in der Region zwischen Freiburg und Leutkirch spekulieren seit dem Wochenende über die Zukunft des „Südkurier“. Immerhin wird klar: Der Ausstieg des „Südkurier“ aus dem Verband Südwestdeutscher Zeitungsverleger (VSZV) und die damit verbundene Aufkündigung der Tarifbindung (vergl. Seemoz v. 25.11.) entpuppt sich als Signal an Kauf-Interessenten: Seht her‘, der „Südkurier“ ist billiger geworden.

Nach unseren Recherchen schälen sich derzeit vier verschiedene Verkaufs-Szenarien ab. Mit allem Vorbehalt referieren wir die Spekulationen landesweit – wobei uns besonders bewegt: Was droht den Beschäftigten? Und was den noch verbliebenen Lesern?

Verkauf nach Bayern?

Die Augsburger Allgemeine Zeitung (AZ) wird als möglicher Käufer gehandelt – die Auflage der größten bayerischen Abonnement-Zeitung liegt um rund 100.000 Exemplare über der des „Südkurier“. Dennoch ist nicht sicher, ob die Finanzkraft der mediengruppe pressedruck (Presse-Druck- und Verlags-GmbH) als Mutter der AZ ausreicht, um den wohl hohen zweistelligen Millionen-Kauf (auch das eine Zahl, die ungeschützt durch die Medienlandschaft schwirrt) zu stemmen. Immerhin schiene bei einem solchen Verkauf der Fortbestand der Bodensee-Zeitung gesichert – die mediengruppe pressedruck vereinigt schon jetzt 16 Tageszeitungen von Bayern bis Mecklenburg unter ihrem Dach; der „Südkurier“ könnte leidlich unbeschadet in dieser Medienfamilie überleben.

Verkauf an die Konkurrenz?

Anders sähe es bei einer Übernahme durch die direkte Konkurrenz der „Schwäbischen Zeitung“ aus. Das Medienhaus Schwäbischer Verlag GmbH & Co. KG mit Sitz in Leutkirch im Allgäu gehört im wesentlichen dem Fürsten von Waldburg zu Zeil und Trauchburg. Die „Schwäbische Zeitung“, die mit einer verkauften Auflage von rund 181.000 Exemplaren eine der großen regionalen Abonnementzeitungen Baden-Württembergs ist, deckt mit derzeit 22 Lokalausgaben ein Verbreitungsgebiet ab, das von Ellwangen im Norden und Lindau im Süden bis nach Tuttlingen im Westen und Ulm und Leutkirch im Osten reicht – fast deckungsgleich mit dem Verbreitungsgebiet des „Südkurier“. Ein Kauf des Südkuriers würde wohl das Ende der Traditionszeitung aus Konstanz bedeuten. Allerdings ist auch hier fraglich, ob der Leutkircher Verlag diesen Millionen-Deal finanzieren will und kann.

Übernahme durch eine „Heuschrecke“?

Sogar der Kauf durch einen Finanzinvestor, womöglich sogar einen ausländischen, ist im Gespräch. Ein westdeutscher Medien-Reportagedienst, der derzeit nicht genannt sein will, berichtet von Verkaufsgesprächen mit in- wie ausländischen Investoren. Die Übernahme durch eine solche „Heuschrecke“ könnte zur Abspaltung der Druckerei führen, könnte aber auch den Fortbestand des „Südkurier“ auf allerdings nur unbestimmte Zeit sichern.

Einkauf der Beschäftigten?

Selbst von einem Engagement durch Redakteure wird gemunkelt. Mit Unterstützung finanzkräftiger Konstanzer Kreise könnte eine Übernahme durch „Südkurier“-Beschäftigte gelingen, erste Gespräche mit Stuttgarter Banken seien schon im Gange, hört man. Das wäre für Beschäftigte wie Leser die feinste Lösung – die Zeitung und die Arbeitsplätze blieben dann wohl erhalten.

Autor: hpk

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