Worum es im Konstanzer Theaterstreit wirklich geht

Seemoz-Theaterstreit-Osnerseemoz-Theaterstreit-NixIn der Stadt reden viele darüber, manche zitieren sogar daraus, aber längst nicht alle kennen den Wortlaut. Das holt seemoz nach: Unten veröffentlichen wir in voller Länge den Brief von Bürgermeister Osner an den Intendanten Nix, in dem ganz offen Zensur angedroht wird. Das scheint in diesen Tagen in Deutschland zur Mode zu werden – gerade deshalb melden sich Verteidiger der Pressefreiheit aus dem ganzen Land zu Wort. Und gerade deshalb ist Öffentlichkeit so nötig. Voilà:

Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Nix,

ich habe heute Morgen den Leitartikel eines unbekannten Autors Michael Menz (der ein Pseudonym zu sein scheint) in dem von Ihnen herausgegebenen Heft „Trojaner“ Nr. 6 gelesen und tue gerade das, was vom Autor verlangt wird:

Ich empöre mich.

Der Beitrag ist sowohl im Tonfall als auch inhaltlich in keiner Weise akzeptabel. Hier wird nicht etwa die künstlerische oder Meinungsfreiheit in Anspruch genommen, sondern es werden von dem Autor (a) unwahre Behauptungen verbreitet und (b) alle drei Bürgermeister, einschließlich meiner Person in einer Weise angegriffen, die nicht mit einem konstruktiven, respektvollen Miteinander vereinbar ist. Ich kann es leider nicht anders deuten: Die im Trojaner Nr. 6 verfassten Texte müssen von uns als Provokation verstanden werden. Was ist Ihr Ziel, wollen sie mit dem Trojaner das Ansehen der Stadtverwaltung und der sie vertretenden Führungskräfte beschädigen?

Darüber bin nicht nur ich verärgert, sondern auch Oberbürgermeister Burchardt und die Kollegen. Insbesondere widerspreche ich dem Autor in aller Klarheit seiner unwahren Unterstellung bezüglich meines Kollegen Baubürgermeisters, nämlich dass Herr Langensteiner-Schönborn nicht in der Stadt wohnen mag. Erstens wohnte Herr Langensteiner-Schönborn bereits seit Beginn seiner Amtszeit in der Stadt. Zweitens wissen Sie, dass auch der Baubürgermeister Familie hat, die erst dann komplett nach Konstanz ziehen kann, wenn die richtige Wohnung gefunden ist. (Die Wohnungsnot ist Ihnen ja, wie in dem Artikel betont, bekannt.) Übrigens findet der Umzug der Familie Langensteiner-Schönborn in diesen Ferien statt.

Sie wissen aus unzähligen Gesprächen mit mir, dass ich Ihre Anliegen und die des Theaters immer vollumfänglich nach den mir gegebenen Kräften unterstützt habe. Nach diesem Artikel frage ich mich, ob und wie ich das noch tun kann, wenn sich der Intendant als verantwortlicher Herausgeber des Trojaners durch Infragestellung der Integrität seiner Vorgesetzten in Konfrontationsstellung bringt. Das ist nicht nur formal inkorrekt. Es ist auch unkollegial.

Ich stehe immer zum Theater und seinen Führungskräften. Ich bin ein großer Fan dieses hochmotivierten und hervorragenden Ensembles, ich kenne jeden Schauspieler, und ich habe Hochachtung vor den außerordentlichen Leistungen des gesamten nicht-künstlerischen Theaterkollegiums in diesem wunderbaren, ältesten Theater Deutschlands. Bitte sagen Sie mir, wie soll ich die Solidarität und Loyalität zu meinem geliebten Theater – intern wie öffentlich – aufrecht erhalten, wenn wir drei Bürgermeister auf diese Weise beschädigt werden? Wie sollen das die anderen Führungskräfte tun, auf deren Unterstützung wir angewiesen sind?

Weiterhin möchte ich auf den Artikel der Pressesprecherin des Theaters, Dani Behnke, eingehen:

Auch hier wird an Verfahrensweisen der Stadt zur Fahrradbrücke (in einem Handlungsfeld, das nun wirklich nichts mit dem Theater zu tun hat) öffentlich Kritik geübt. Man kann die sachliche Kritik teilen, die Kommunikation des durchführenden Amtes war nicht gut. Wenn es mir um eine konstruktive Lösung geht, stelle ich das Problem intern zur Diskussion. Woher nimmt sich die Pressereferentin des Theaters das Recht, diese Kritik öffentlich, in so heftigem Tonfall, und dann noch pauschal an die gesamte Verwaltung gerichtet, zu üben?

Auch hier wird etwas falsches behauptet, das ich umgehend korrigieren muss:

„Wir (gemeint ist wohl das Theater) sind nicht die Stadt.“ heißt es im vorletzten Satz von Frau Behnke. Im Gegenteil: Das Theater ist Teil der Stadtverwaltung und auch Teil der lokalen Gesellschaft. Wenn schon keine Solidarität mit der Stadtverwaltung erwartet werden kann, so doch mindestens Loyalität. Aber auch dieser Artikel ist ein Beweis, dass ich als Dienstvorgesetzter des Theaters offensichtlich nicht auf ein Mindestmaß an Loyalität und Verlässlichkeit in der Kommunikation vertrauen kann.

Ich erwarte eine Erklärung Ihrerseits hierzu. Sie wissen, meine steht Tür für Sie offen, ich habe Sie mehrmals eingeladen.

Weiterhin ordne ich an, dass ab heute gemäß der einschlägigen Dienstanweisung öffentliche Verlautbarungen, Schreiben, Pressemeldungen etc. – bis auf die üblichen Info-Flyer, Spielzeithefte, Leporellos, etc. – über den Schreibtisch des Kulturbürgermeisters und des Pressesprechers gehen und mit uns abgestimmt werden – wie es eigentlich gemäß Allgemeiner Geschäftsanweisung schon immer sein sollte.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Andreas Osner
Bürgermeister