Zwischen Zustimmung und Zweifel im Zergle

seemoz-Zergle-VersammlungZwei Open-Air-Diskussionen in Konstanz zur Flüchtlings-Unterbringung in drei Tagen – und zwei gänzlich unterschiedliche Eindrücke: Aggressivität und lautstarkes Gezeter dort, konstruktive Diskussion und weiterführende Vorschläge hier. Was nach Schwarz-Weiß- Malerei ausschaut, ist in Wirklichkeit nur Abbild der gesellschaftlichen Realität 2015: Anscheinend hat Solidarität – auch und gerade mit Flüchtlingen – entscheidend auch mit dem eigenen Geldbeutel zu tun.

Während sich im gutbürgerlichen Egg am Montag noch Gutverdienende um eine Einschränkung ihrer Bewegungsfreiheit und die Zukunft des Fußballtores sorgten, ging es beim Mittwoch-Plausch im einstigen „sozialen Brennpunkt Zergle“ zwar auch um die grüne Wiese (s. Fotos) am Mühlenweg, aber es wurde nicht um das ‚ob‘ eines Neubaus zur Anschluss-Unterbringung von Flüchtlingen gestritten, sondern um das ‚wie‘.

Vertreter der Verwaltung ließen sich wieder nicht blicken

Und auch die anwesenden StadträtInnen hatten aus den Egger Erfahrungen gelernt. Nicht nur, dass sich ausnahmsweise drei CDU-Stadträte einmischten – ansonsten waren neben der einladenden FGL auch Vertreter von SPD, JFK, LLK, FDP und FW da: Viel offener, viel konkreter gingen dieses Mal die Damen und Herren Gemeinderäte auf die Kritikpunkte und Anregungen der gut 70 BürgerInnen ein. Nur Vertreter der Verwaltung fehlten auch bei dieser Bürger-Diskussion. Obwohl auch dieses Mal mit Kritik an der Verwaltung nicht gespart wurde. So wurde mehrfach die Informations-Bereitschaft der Beamten gerügt und gefordert: „Wir brauchen verlässliche Ansprechpartner“. Und:  „Seit vier Wochen warten wir auf Antworten auf unsere schriftlichen Fragen“. Und: „Nur transparente Planung gibt uns Bürgern die nötige Sicherheit.“

Dabei hätten gerade die Rathaus-Verantwortlichen vieles lernen und manche Anregung aufnehmen können. So berichteten einige ehemaligen und gegenwärtigen Anrainer der Gemeinschafts-Unterkünfte in der Stein- und der Luisenstraße über ihre nicht immer nur guten Erfahrungen mit Asylbewerbern – Ergebnis aber: An der professionellen Betreuung der Neuankömmlinge durch ausreichend viele SozialarbeiterInnen darf nicht gespart werden. Vorschläge kamen auch zur Modernisierung der Infrastruktur, zur Gestaltung des Neubaus oder zur Verbesserung und Vermehrung der Busverbindungen.

„Nicht alles, was Sie wünschen, kann umgesetzt werden“

Wichtigstes Ergebnis jedoch: Der Vorschlag der Interessen-Gemeinschaft Zergle, die Bewohnerzahl der neuen Unterkunft von einst geplanten 70 auf 40 zu reduzieren, stieß bei den Volksvertretern auf offene Ohren. FGL-Stadträtin Jacobs-Krahnen versicherte: „Auch wir befürworten mehr und kleinere Einheiten bei der Flüchtlings-Unterbringung, auch wir wollen keine Ghetto-Bildung.“

Doch Christiane Kreitmeier (FGL) warnte auch: „Nicht alles, was Sie wünschen, kann umgesetzt werden – dazu brauchen wir Mehrheiten im Gemeinderat.“ Dass sie ihren Blick dabei auf Roger Tscheulin, Fraktionsvorsitzender der CDU, richtete, war sicher kein Zufall. Aber die Zustimmung etlicher anwesender GemeinderätInnen lässt vermuten, dass sich im Konstanzer Gemeinderat alsbald eine Mehrheit für diese Integrations-Politik abzeichnet: Mehr kleinere, vor allem aber dezentral angesiedelte Unterbringungs-Einheiten.

Dennoch blieben Zweifel: „Wie wollen Sie die Verwaltung überzeugen, dass 40 die Höchstzahl sein soll? Wie können wir Ihnen vertrauen?“ Aber auch der Appell: „Der Gemeinderat ist dazu da, die Verwaltung zu kontrollieren und nicht, nur deren Vorgaben zu erfüllen“.

Nach fast zweistündiger Diskussion, die später in kleinen Gesprächsrunden fortgesetzt wurde, war man sich einig: Wenn die BürgerInnen rechtzeitig in Planungen und Entscheidungen eingebunden werden, sind einvernehmliche Lösungen immer möglich. Wie hier im Zergle, wenn der Neubau für die Anschluss-Unterbringung nicht ganz so mächtig ausfällt. Denn wie es ein Mitglied der Interessen-Gemeinschaft auf den Punkt brachte: „Auch wir verstehen das Problem“.

hpk

seemoz-Zergle-Wieseseemoz-Zergle-Luftbild