Abschied von Peter Voncken

seemoz-voncken (2)In der Nacht zum Mittwoch vergangener Woche ist Peter Voncken in der Freiburger Uniklinik an einem schweren Krebsleiden gestorben. Der Singener Journalist, der unter anderem lange Zeit der Redaktion des Singener Wochenblatts mit den Einsatzorten Radolfzell, Stockach und Singen angehörte, war bis in seine letzten Tage hinein voller Optimismus. Mit seinem Tod verlor die Region einen überaus engagierten Journalisten, der noch viel vor hatte, aber dazu ist es nicht mehr gekommen.

Peter Voncken (s. Foto) hatte seinen 60. Geburtstag feiern können, ebenso wie den Start in die Altersrente. Immer wieder musste er Schicksalsschläge überwinden, die manch´ anderen in die Knie gezwungen hätten. Er war der Letzte seiner Familie gewesen, hatte seine Frau Resa bis zu ihrem Tod aufopferungsvoll gepflegt. Er war nicht nur ein lebenslustiger Aachener, er lebte seine Herkunft auch. Das war gleichsam ein Schutzschild für ihn. Die Mischung aus Humor und Optimismus zeichnete ihn als Kollegen aus. Er voluntierte bei Auto/Motor/Sport in Stuttgart, hatte Rennen in den USA begleitet. Später heuerte er beim Singener Wochenblatt an. Während seiner Zeit bei Radio Seefunk war er Vorsitzender beim regionalen Journalistenverband. 1993 moderierten wir zusammen live beim Singener Stadtfest die damalige OB-Wahl mit den Kandidaten Andreas Renner und Walafried Schrott. Sein Berufsende erlebte Voncken bei der Motor-Presse in der Schweiz. Der begeisterte Autofahrer wurde zum Bahnpendler nach Zürich. Musik war seine weitere Leidenschaft. BAP und Bob Dylan liebte er. Parallelen suchte er oft auch vergebens zwischen dem rheinischen Karneval und der alemannischen Brauchtumsfasnet. Er sah sich der Nachhaltigkeit verpflichtet, erfuhr aber zugleich oft die Grenzen. An der allerletzten endete jetzt sein Leben.

Hans-Paul Lichtwald


Es muss Ende der 1970-er Jahre gewesen sein, als mir Peter Voncken erstmals über den Weg lief. Der leider auch schon verstorbene Kevin Coyne gab zu jener Zeit ein legendäres Konzert in der Gems, als diese noch in Rielasingen einsam und aufrecht das ländliche Kulturfähnlein hoch hielt. Ein unvergesslicher Abend, an den wir beide uns noch Jahrzehnte später erinnerten. Dann, zu „Nebelhorn“-Zeiten, war Peter auch ein sachkundiger und verlässlicher Ansprechpartner, wenn wir Konstanzer wissen wollten, was sich in der Hohentwiel-Stadt gerade so abspielte. Manchmal trafen wir uns bei Pressekonferenzen und ich erlebte durchweg einen positiv gestimmten Kollegen, dem auch die Selbstironie nicht fremd war: „Ich weiß, dass ich manchmal zu viel labere, aber wem das nicht passt, der muss ja nicht zuhören und soll sich verdrücken“. In die Haare gerieten wir uns nur, wenn es um seine Begeisterung für den Motorsport ging. Für mich war und ist ein Automobil eine Möglichkeit, trocken und wohlbehalten von A nach B zu kommen. Für Peter hingegen war das Aufheulen PS-starker Boliden und der Geruch des abgeriebenen Reifengummis eine Dauerdroge. Damit ging er mir regelmäßig gehörig auf die Nerven. Irgendwann haben wir uns darauf geeinigt, das Thema bei gemeinsamen Treffen nicht mehr anzusprechen.

Das letzte Mal persönlich getroffen habe ich ihn vor rund zwei Jahren, wieder in der Gems, im Biergarten. Wie es ihm denn ginge? Nun ja, an seinen Innereien nage der Krebs, erzählte er offen und ausführlich, aber das „Scheißteil“ werde ihn schon nicht unterkriegen, das wär’ ja noch schöner: „Kellnerin, noch ein Bier bitte“. Wir plauderten ein wenig über die regionale Presselandschaft und auch darüber, dass seemoz einen wie ihn gut gebrauchen könne. Das hat ihn interessiert. Seine Verrentung stünde eh bald an, dann würde er sich gerne einbringen. Vor wenigen Monaten schrieb er uns noch ein Testimonial: „Ich unterstütze seemoz, weil das Internet-Portal angesichts des Niedergangs traditioneller Printmedien in absehbarer Zeit die Zukunft des regionalen Journalismus darstellen wird. Wenn sich darüber hinaus weiter herumspricht, dass auf der seemoz-Website aufmüpfiger, frecher, origineller und unabhängiger Journalismus betrieben wird, dann lässt sich das Projekt langfristig auch ohne Selbstausbeutung finanzieren. Die Macher haben jedenfalls einen langen Atem bewiesen und sind ihrem Qualitätsanspruch treu geblieben. Weiter so!“

Wir vereinbarten, dass er ab Herbst 2015 ab und an für seemoz aus Singen berichten würde. Dazu kommt es nun nicht mehr, Peter hat den Kampf gegen das wuchernde „Scheißteil“ leider verloren.

Holger Reile