Das Café Mondial hat gelbes Licht fürs Paradies
Der vom Einsatz der InitiatorInnen sichtlich beeindruckte Technische und Umweltausschuss des Konstanzer Gemeinderates stimmte am Dienstagabend der Unterbringung des interkulturellen Café Mondial im Sozialgebäude des Palmenhauses im Paradies zu. Auf Betreiben vor allem der Linken Liste wurde gegen den ursprünglichen Willen der Verwaltung beschlossen, sich eine Verlängerung über das Jahr 2019 hinaus vorzubehalten. Bereits am Donnerstag soll der Gemeinderat dann grünes Licht geben.
So viel Anerkennung für eine Initiative, wie sie zum Schluss der ausgiebigen Debatte dem Café Mondial zuteil wurde, erlebt man selten in der Politik. Zur Erinnerung: Dieser gemeinnützige Verein hat es sich zum Ziel gesetzt, Möglichkeiten zur Begegnung zu schaffen, um (deutsche) Einheimische, MigrantInnen und Flüchtlinge zusammenzubringen. Dabei geht es um mehr als nur Hilfen für Geflüchtete. Das Projekt will vielmehr zu einem Miteinander auf Augenhöhe beitragen, um die NeunachbarInnen in die Stadtgesellschaft einzubeziehen. Das heißt, man macht nichts für die Flüchtlinge, sondern etwas gemeinsam mit ihnen, mit Menschen also, die oft nicht nur unter der traumatischen Flucht aus ihrer zerstörten Heimat, sondern auch unter ihrer erzwungenen Untätigkeit in Deutschland leiden. Das Café Mondial hat damit sicherlich Leuchtturmcharakter für Konstanz und verspricht, eine echte Begegnungsstätte zu werden.
Paradiesische Zustände
Bisher hat das Café Mondial keinen festen Raum, und das soll sich jetzt bereits sehr schnell, möglichst schon ab November, ändern, wenn es nach dem TUA geht. Feste Heimat soll das Sozialgebäude am Palmenhaus im Paradies werden, das praktisch ungenutzt ist und eigentlich spätestens 2019 abgerissen werden sollte.
Dass das 1984 für die Stadtgärtnerei errichtete Gebäude noch steht, gleicht ohnehin einem Wunder, denn es soll schon seit einem Planfeststellungsbeschluss vom 29.12.1995, also seit 20 Jahren, immer wieder mal vom Erdboden getilgt werden, um eine Ausgleichsfläche für den Landschaftsverbrauch durch die nahe Grenzbachtrasse zu schaffen. Anders gesagt: So recht legal ist dieses städtische Gebäude schon seit Jahren nicht mehr – und dessen sind sich Rat und Verwaltung durchaus bewusst. Aber Not kennt bekanntlich kein Gebot, und so konnte sich dieses Provisorium denn zu einem wahren Stehaufmännchen der Konstanzer Baugeschichte entwickeln, sehr zum Missfallen zumindest eines Aktivisten der Bürgergemeinschaft Paradies, der gern mal mit der Brandfackel einer Klage zu wedeln pflegt.
Ein politisches Herbstmärchen?
Am Ende kam es, wie es eigentlich nur im Märchen zu kommen pflegt: Die Verwaltung schlug dem TUA vor, das Gebäude bis zu seinem unweigerlichen Abriss 2019 dem Café Mondial zur Verfügung zu stellen.
Doch da hatte die Verwaltung wohl nicht mit der Welle der Sympathie gerechnet, die im Ausschuss losbrandete, und die als erster Holger Reile (LLK) in Worte fasste: Er forderte eine weit über den durchaus wohlwollenden Antrag der Verwaltung hinausgehende Unterstützung für das Projekt. Da niemand absehen könne, wie sich die Flüchtlingszahlen entwickeln werden, solle man den Abriss des Gebäudes doch jetzt nicht zwingend für 2019 festschreiben, sondern sich eine Verlängerung offenhalten. Die rechtliche Lage sei zwar schwierig, aber nachdem das Regierungspräsidium als Aufsichtsbehörde dieses Provisorium so lange zugelassen habe, könne man angesichts der Notlage der Flüchtlinge auch noch auf eine Duldung über 2019 hinaus setzen.
Das Gebäude ist noch brauchbar
Nach der vorangegangenen Ortsbesichtigung war zudem klar, dass das Gebäude in einem besseren Zustand ist, als es die meisten TUA-Mitglieder erwartet hatten. Aber zumindest am Dach und im Keller muss einiges geflickt werden, was etwa 50 000 Euro kosten dürfte. Da müsse die Stadt aktiv werden, forderte Reile, auch wenn das Café Mondial dies eigentlich stillschweigend in Eigeninitiative erledigen wollte.
Als erster Nachredner schloss sich der – als Architekt sachkundige – Johann Hartwich (FDP) den Vorschlägen Holger Reiles an, und neben anderen erklärte Klaus-Peter Kossmehl für die Freien Wähler, dass er beim Gedanken an ein automatisches Ende des Cafés am Palmenhaus im Jahre 2019 Bauchgrimmen empfinde.
Die Verwaltung hielt durch Stadtplaner Martin Wichmann zumindest pro forma ein wenig dagegen: Sie fürchtet neben der komplizierten juristischen Situation sichtlich auch größere Investitionen in das Gebäude, kam damit aber insbesondere bei Holger Reile schlecht an: „Wir geben für irgendwelche externen Gutachten von zweifelhaftem Wert einfach mal hier 40 000, mal dort 60 000 Euro aus, dann werden wir ja wohl noch 50 000 Euro für das Dach eines städtischen Gebäudes übrig haben. Und für einen Zuschuss für die Einrichtung dieses verdienstvollen Cafés wird es wohl auch noch langen. Ehrenamtliches Engagement ist lobenswert, aber dann soll sich die Stadt auch an den Kosten beteiligen.“ Also beantragte er auch gleich entsprechende Startmittel für das Café Mondial.
Die Verwaltung zieht mit
Letztlich rannte er damit auch bei Bürgermeister Karl Langensteiner-Schönborn und den Seinen von der Verwaltung offene Türen ein. Man steht seitens der Stadt dem Café Mondial äußerst wohlwollend gegenüber, und so fand man denn auch dank einer salomonischen Formulierung des sprachgewandten Anselm Venedey (FWK) schnell den Stein der Weisen. Das Café Mondial darf – sofern der Gemeinderat am Donnerstag zustimmt – das Sozialgebäude am Palmenhaus „vorerst“, bis 2019 nutzen, die Verwaltung hilft durch einige Renovierungsmaßnahmen sowie vielleicht einen Zustupf zur Eigenarbeit bei der Inneneinrichtung, und dann schaut man in ein paar Jahren mal, wie sich die Sache entwickelt hat und ob es am selben oder einem anderen Ort weitergeht. Nicht klar waren bei dem deutlichen Votum allein die Gründe, aus denen (bei drei Enthaltungen) ausgerechnet Jürgen Ruff (SPD) mit Nein stimmte.
Diese Entscheidung sieht auf den ersten Blick nach einem kleinen Schritt für die Konstanzer Kommunalpolitik aus, ist aber angesichts der Herausforderungen der nächsten Jahre durchaus ein ziemlich großer Schritt für die Menschlichkeit. Möge er zum Mitmachen und zur Nachahmung anregen.
O. Pugliese
Weitere Informationen: http://cafe-mondial.org/
Die breite Zustimmung zur Nutzung des Sozialgebäudes durch das Cafe Mondial ist sehr erfreulich. In heutigen Zeiten, wo überall händeringend nach Räumlichkeiten für Flüchtlinge und Einheimische gesucht wird, wäre ein Abriss eines nutzbaren Gebäudes unverständlich. Ich freue mich auf diese soziale und kulturelle Bereicherung im Paradies und drücke der Initiative die Daumen, dass auch der Gemeinderat für das Cafe Mondial im Sozialgebäude stimmt.
Für die damit verloren gegangene Ausgleichsfläche der Grenzbachtrasse sollte an anderer Stelle zeitnah adäquater Ersatz geschaffen werden.
Zur Korrektur und zur Ehrenrettung von Herrn Ruff: Wenn ich es bei den Abstimmungen nicht ganz durcheinandergebracht habe, waren die 3 Enthaltungen und die Gegenstimme von Herrn Ruff auf den ersten besprochenen Änderungsantrag eingegangen, d.h. die Streichung der Punkte 4+5 und des einfügen des Wörtchens „vorerst“.
In der Abstimmung selbst dann gab es eine sehr erfreuliche, breite Zustimmung von Linker Liste bis zur CDU , nur Herr Ruff enthielt sich hier – Ich nehme mal an wegen der davor bestimmten Änderung des Verwaltungsvorschlags. Ich glaube also schon, dass auch Herr Ruff prinzipiell für das Café Mondial im Sozialgebäude ist.