Wie viele Flüchtlinge kommen ins Zergle?

seemoz-Zergle-InfoAm Anfang sprach Andreas Osner von „Muffensausen“, das ihn und sein Team vor dieser Veranstaltung beschliche – zum Ende der Bürgerversammlung, in der es um den Bau einer Anschlussunterbringung für Flüchtlinge im Zergle ging, fühlte sich der Bürgermeister wohl bestätigt: Der hinhaltende Widerstand der Anwohner gegen das Projekt vor dem Bolzplatz ist nicht ausgeräumt.

Deutlich mehr als 100 Anrainer hatten sich im Gemeindezentrum St. Martin versammelt und löcherten den zuständigen Kulturbürgermeister mit unzähligen, immer aber hartnäckigen Fragen. Da ging es um Verkehrsfragen und Probleme der Integration, um die Information durch die Stadtverwaltung („die Interessengemeinschaft Zergle (IG) wird von Ihnen ignoriert“) und um die Finanzierung des dreistöckigen Hauses. Vor allem aber ging es den 25 Fragestellern in der fast dreistündigen Versammlung um die Zahl der unterzubringenden Flüchtlinge: 40 oder 70 oder noch mehr?

Verwirrende Zahlenspiele

„Ich werde den Teufel tun und konkrete Zahlen nennen“ wehrte sich Andreas Osner und verwies auf die fast täglich anwachsende Zahl der Neuankömmlinge. Derzeit würden vier neue Häuser für die Anschlussunterbringung geplant „und auch die werden nicht ausreichen, die Neubauten im Zergle und in Egg sind nur der Anfang“.

Dem neutralen Beobachter erschienen diese Zahlen(bei)spiele irreführend. Denn klar ist: Der schlichte, dreistöckige Neubau (s. Foto mit dem Plan eines Stockwerkes) ist für 1440 qm ausgelegt, von denen die Hälfte reine Wohnfläche werden soll. Bei einer angepeilten Wohnfläche pro Bewohner von 10 qm ergibt sich eine Belegung mit mindestens 70 Menschen. Warum dann die müßige Nachfragerei, warum dann die stoische Weigerung, endlich konkrete Zahlen zu nennen?

Entscheidung am 22. Oktober?

Fast schien es so, als wollte die Interessengemeinschaft Zergle ihren 160 Mitgliedern nur nachweisbare Erfolge vorweisen. Bei einem Ortstermin im Sommer hatten sich verschiedene GemeinderätInnen für eine Maximal-Belegung von 40 Mietern ausgesprochen – diese Reduzierung will die IG nun mindestens durchsetzen. Die Stadtverwaltung hingegen mag sich nicht festlegen, um auch auf neuerliche Entwicklungen bei den Flüchtlingszahlen reagieren zu können.

Fest steht: Bürgermeister Osner wird dem Gemeinderat in der entscheidenden Sitzung am 22. 10. die jetzt vorgelegte Planung mit drei Stockwerken und 1440 qm Grundfläche präsentieren. Spannend wird, wie sich die Fraktionen positionieren: Wie die FGL, die sich beim Ortstermin auf eine Belegungsdichte von 40 festgelegt hatte, wie die CDU, der jegliche Festlegung ohnehin gegen den Strich geht? Verschiedene Wortbeiträge verschiedener Stadträte in der Bürgerversammlung lassen vermuten, dass es in der nächsten Sitzung des Gemeinderates zu einer Grundsatz-Diskussion kommen wird.

Aufstehen für Ausländer

Neben diesem Streit gab es durchaus auch politische Aussagen: So wurde das Handlungsprogramm Wohnen kritisiert, das viel zu spät und mit falschen Prioritäten auf die Wohnungsnot in Konstanz reagiert. Auch an Appellen fehlte es nicht: „Am Frankfurter Bahnhof kommen täglich mehr Flüchtlinge an als Konstanz in einem Jahr aufnimmt – also versuchen wir endlich eine faire Integration“. Und auch fremdenfeindliche Töne fehlten nicht – vom sinkenden Wert der eigenen Immobilie war die Rede und von zunehmender Kriminalität. Beides nebenbei lässt sich weder in Konstanz noch anderswo belegen.

Einen geradezu demagogischen Coup landete ein Zuhörer zum Schluss der Versammlung, als er die ZuhörerInnen aufforderte, sich zu erheben, wenn „sie für Flüchtlingsunterbringung“ seien. Natürlich standen fast alle auf. Nur: Das Aufstehen ist leicht – das Stehenbleiben indes wird schwierig.

hpk