Das Reinheitsgebot gilt nicht nur für Bier, Herr Mappus

Freitag nächster Woche stimmt der Bundesrat darüber ab, ob Saatgut künftig mit gentechnisch manipulierten Samen verunreinigt sein darf. Und wieder hat Herr Mappus seine Finger in dem schmutzigen Spiel. Denn eingebracht wird der Antrag von den CDU-Agrarministern aus Baden-Württemberg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Sie wollen die Bundesregierung drängen, die Kontrollen von Gentechnik im Saatgut massiv zu verwässern.

Vor drei Wochen kippte die EU die Nulltoleranz für nicht zugelassene Gentechnik in Futtermitteln. An diesen Erfolg will die Gentechnik-Lobby jetzt anknüpfen: Auch Saatgut soll in Deutschland künftig mit gentechnisch manipulierten Samen verunreinigt sein dürfen. Gentechnik würde sich dadurch unkontrolliert verbreiten – und in unserem Essen landen. Wenn in jeder Saat gentechnisch manipulierte Samen enthalten sein dürfen, ist dies das Ende der gentechnikfreien Landwirtschaft. Verbraucher/innen könnten dann nicht mehr entscheiden, ob Gentechnik bei uns auf dem Teller landet oder nicht.

Bundesländer rütteln am Reinheitsgebot für Saatgut

Die CDU-Agrarminister von Baden-Württemberg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein haben den Antrag in den Bundesrat eingebracht. Sie fordern von der Bundesregierung eine rasche Gesetzesvorlage, um die geltende Nulltoleranz für gentechnisch veränderte Organismen im Saatgut durch eine „für alle Wirtschaftsbeteiligten praktikable technische Lösung“ abzulösen. Im Klartext: Sie wollen einen Grenzwert für gentechnische Verunreinigung.

Dabei besteht kein Grund, Schlupflöcher für die Missachtung eines strikten Reinheitsgebotes zu eröffnen. Die geltenden Vorschriften sind für die Saatgutunternehmen praktikabel und werden weitgehend eingehalten. Die Einführung einer „technischen Lösung“ hingegen würde bedeuten, Messverfahren so festzulegen, dass ein gewisses Maß an Gentechnikkontaminationen toleriert würde. Damit wird Gentechnik auf dem Acker unsichtbar und entzieht sich jeder Kontrolle.

Wird die Verunreinigung von Saatgut mit Gentechnik hingenommen, dann ist kein Acker mehr sicher. Die Bauern können nicht wissen, ob sich zum Beipiel auf ihrem Maisacker genmanipulierte Pflanzen befinden. Einmal auf dem Feld, kann sich dieser Mais unkontrolliert ausbreiten. Letztlich landet die Gentechnik unbemerkt in unserem Essen – die Wahlfreiheit des Verbrauchers würde ad absurdum geführt.

Es spricht die Gentechniklobby

Der Antrag der drei Bundesländer spricht die Sprache der Gentechniklobby: Weltweit würden gentechnisch manipulierte Pflanzen angebaut, deshalb wäre eine Verunreinigung von Saatgut mit Gentechnik unvermeidbar, argumentiert das baden-württembergische Landwirtschaftsministerium.

Das ist Unsinn, denn der Anbau von Gentech-Pflanzen konzentriert sich weitgehend auf Nord- und Südamerika. Europa hingegen ist mit Ausnahme Spaniens weitgehend frei vom gentechnisch manipulierten Anbau. Echte Wahlfreiheit gibt es aber nur, wenn beim Saatgut keine schleichenden Kontaminationen zugelassen wird.

Bislang halten nur Nordrhein-Westfalen und das Saarland gegen den Vorschlag im Bundesrat. Noch ist Zeit, weitere Bundesländer dafür gewinnen, sich klar für die Gentechnikfreiheit im Saatgut einzusetzen. Oder die Verantwortlichen im „Ländle“ von ihrem verhängnisvollen Vorstoß im Bundesrat abzubringen. Eine gute Gelegenheit böte sich am kommenden Sonntag in Stockach. Da spricht Noch-Ministerpräsident Stefan Mappus im Bürgerhaus (Hauptstraße 7) zu seinem bislang treuen Wahlvolk (die Stockacher stimmen regelmäßig zu fast 75 Prozent für die CDU). Vielleicht finden sich jetzt einige Landwirte unter den Besuchern, die dem CDU-Granden auf die Finger klopfen. Denn: Das Reinheitsgebot gilt nicht nur für Bier, Herr Mappus. Es gilt viel mehr noch für unser Saatgut.

Autor: hpk (mit Quellen von BUND und campact)